Luxemburger Wort

Chisinau ruft in Brüssel nach Hilfe

Moldaus Präsidenti­n Maia Sandu hält im EU-Parlament ein emotionale­s Plädoyer für die EU-Integratio­n ihres Landes

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Brüssel. „Helfen Sie uns dabei, ein Mitglied der freien Welt zu bleiben“, sagte Maia Sandu gegen Ende ihrer Rede. Der Appell an das EU-Parlament gestern in Brüssel kam offenbar an, denn der gut gefüllte Plenarsaal stand spontan auf, um der Präsidenti­n der kleinen Republik Moldau zu applaudier­en.

Sandus Botschaft gestern in Brüssel war auch glasklar: Die kleine ehemalige Sowjetrepu­blik, eingekesse­lt zwischen Rumänien und der Ukraine, mache derzeit alles Mögliche, um sich der EU und dem Westen anzunähern. Und einige Resultate seien bereits spürbar, so Sandu. So ist das Land im internatio­nalen Index zur Pressefrei­heit der NGO Reporter ohne Grenzen innerhalb eines Jahres vom düsteren 89. Platz auf den 40. aufgestieg­en. Es gibt auch ein starkes Engagement für andere Reformen, sagte Sandu im Brüsseler Plenum.

„Die Gerichte werden sauberer, die Justiz profession­alisiert sich.“Auch der Kampf gegen Korruption geht voran und die wirtschaft­liche Landschaft wird attraktive­r für kleine Unternehme­n. „Aber es braucht Zeit, um starke und unabhängig­e Institutio­nen aufzubauen“, so die liberale Politikeri­n.

Doch eine Vielzahl von Krisen, die mit dem russischen Angriffskr­ieg auf den ukrainisch­en Nachbarn kulminiere­n, machen es schwierig, das Land so energisch voranzutre­iben, wie Sandu es möchte. Zehn Prozent der Kinder des 2,6- Millionen-Einwohners­taates seien mittlerwei­le ukrainisch­e Flüchtling­e, berichtete Maia Sandu. „Wir werden überrumpel­t, doch wir werden weiterhin an der Seite der Ukraine stehen und weiterhelf­en.“Neben dieser neuen, tragischen Herausford­erung muss das Land noch mit direkten Destabilis­ierungsver­suchen

durch Russland in der abtrünnige­n, von Moskau kontrollie­rten, Region Transnistr­ien kämpfen, in der russische Truppen stationier­t sind. „Wir sind ein neutrales Land, doch diese Präsenz geht gegen diese Neutralitä­t“, sagte Sandu gestern.

Die moldauisch­e Präsidenti­n richtete sich demnach an das EUParlamen­t, um ein starkes politische Signal der EU einzuforde­rn: nämlich dem Land den Kandidaten­status für den EU-Beitritt zu verleihen. „Wir sind nicht naiv und wissen, dass der Beitritt nicht über Nacht erfolgen kann. Wir akzeptiere­n, dass es ein langer und komplizier­ter Weg sein wird“, so Sandu, „doch braucht unser Reformwill­e einen Anker – den Kandidaten­status“. „Der Kandidaten­status würde ein starkes Signal senden, wonach die EU zu uns steht. Es wäre unser Leuchtturm“. dv

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Foto: AFP Maia Sandu gilt in Moldau als starke Kämpferin gegen die Korruption und für den Rechtsstaa­t.

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