Lenerts juristische Baustellen
Es warten Konflikte und noch viel Arbeit auf die Gesundheitsministerin – eine Analyse
Im Gesundheitsministerium steht noch mühsame Arbeit an. Gerichtsurteile zu Grundrechten, die in der Gesetzgebung des Gesundheitsministeriums nicht ausreichend respektiert wurden, sind die Ursache.
Zur Zeit dreht sich alles um den IRM und generell die Frage, was aus den Spitälern heraus in kleinere Strukturen ausgelagert werden kann und in welcher Form. Ministerin Paulette Lenert und Sozialminister Claude Haagen (beide LSAP) stellten dazu am vergangenen Mittwoch zwei Gesetzesprojekte vor, mit denen die angeblich illegale Situation beim Betrieb des IRM auf dem Potaschberg „regularisiert“werden soll: Ein Projekt zu Spitalantennen, denn Geräte, wie IRM dürfen laut Lesart des Ministeriums nur nur von einem Krankenhaus betrieben werden und ein Projekt zu Gesellschaftsformen, mit denen Ärzte ihre Zusammenarbeit organisieren können. Das Grundproblem wird dadurch aber nicht gelöst.
Gesetz zur Ausübung medizinischer Berufe dringend überarbeiten 2017 hatte die damalige Gesundheitsministerin Lydia Mutsch (LSAP) einem Radiologen verwehrt, ein IRM für seine Praxis zu kaufen. Das Verfassungsgericht urteilte 2019 in einer Vorabentscheidung, dass die großherzogliche Verordnung, mit der die Ministerin ihre Verweigerung begründete, verfassungswidrig ist. Darin ist auf Basis des Gesetzes zur Ausübung medizinischer Berufe geregelt, welche Geräte ein Arzt in seiner Praxis nicht verwenden darf – unter anderem Radiodiagnostik.
Die Freiheit der Ausübung eines liberalen Berufs ist aber verfassungsrechtlich geschützt und darf nur durch ein Gesetz eingeschränkt werden (Art 11, §6 der Verfassung). Und Art 32, § 3 der Verfassung bestimmt ausdrücklich, dass eine großherzogliche Verordnung nicht erlassen werden kann, wenn die Verfassung für die Materie nur gesetzliche Regelungen zulässt.
Ob das Krankenhausgesetz tatsächlich ein Monopol auf Radiodiagnostik für Krankenhäuser festschreibt ist zweifelhaft: Die Argumentation
der Ministerin beruht darauf, dass das Gesetz so interpretiert werden müsse, als stünde es dort. Die Arbeitnehmerkammer CSL hatte der Ministerin allerdings schon im Dezember 2021 stark ans Herz gelegt, das Gesetz zur Ausübung medizinischer Berufe abzuändern und „objektive, legitime und nachprüfbare Kriterien festzulegen, um bestimmte medizinische Ausstattungen im Milieu außerhalb der Spitäler zu verbieten oder zu limitieren“. Das schrieb die CSL in ihrem Gutachten zum Vorprojekt des Gesetzes zu besagten Ärztegesellschaften. Welches sie im Übrigen vehement ablehnt.
Wenn der Gesetzgeber nicht schnellstmöglich handele, würden vollendete Tatsachen zugunsten der individuellen Interessen der freien Medizin und auf Kosten der öffentlich finanzierten Spitäler geschaffen, warnen die Arbeitnehmervertreter. Tatsächlich müsste nach derzeitiger Rechtslage jedem Radiologen, der einen Antrag im Gesundheitsministerium stellt, einen IRM oder eines der anderen in der verfassungswidrigen Verordnung
aufgezählten Apparate anzuschaffen, die Autorisation dazu erteilt werden, solange das Gesetz zur medizinischen Berufsausübung nicht angepasst ist.
Ein Jahr Zeit für 22 Gesetze zu den Gesundheitsberufen
Eine weitere Bombe für das Gesundheitsministerium stellt das Urteil dar, mit dem die großherzoglichen Verordnungen zur Berufsausübung sämtlicher Gesundheitsberufe für ungültig erklärt wurden: Fast ein Jahr ist es her, dass das Verfassungsgericht die auf dem Gesetz von 1992 zu den Gesundheitsberufen beruhenden Reglemente als verfassungswidrig einstufte. Es gab der Regierung zwei Jahre Zeit, angemessene gesetzliche Rahmen für die 22 dort aufgeführten Professionen zu schaffen – von den verschiedenen Pflegeberufen angefangen, über Osteopathen, Masseure, Ernährungsberater, Ergotherapeuten, Physiotherapeuten bis hin zu Logopäden, Heilpädagogen und Podologen.
Die Fragen zur Vergütung der ärztlichen Bereitschaftsdienste in den Spitälern sind mittlerweile soweit geklärt und können demnächst in eine Verordnung gegossen werden. Auch sie mussten eingeklagt werden, denn das Spitalsgesetz von 2018 sah die Verpflichtung für verschiedene Facharztsparten, wie Gynäkologen, Anästhesisten und Kinderärzte vor, im Krankenhaus permanent präsent zu sein beziehungsweise in Rufbereitschaft zu stehen, um innerhalb von kurzer Zeit im Spital anwesend zu sein. Die damalige Gesundheitsministerin Lydia Mutsch (LSAP) hatte allerdings versäumt, dafür auch die angemessene Vergütung zu regeln.