Luxemburger Wort

Digitalisi­erung und Barrierefr­eiheit sind Sorgenkind­er der Justiz

Das diesjährig­e EU-Justizbaro­meter macht auf die Ineffizien­z des Luxemburge­r Rechtssyst­ems aufmerksam

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Das EU-Justizbaro­meter, das vergleichb­are Daten zur Unabhängig­keit, Qualität und Effizienz der nationalen Justizsyst­eme liefert, hinterläss­t für Luxemburg einen faden Beigeschma­ck. Zwar wird das heimische Justizwese­n als unabhängig und effizient wahrgenomm­en und befindet sich hinter Finnland, Dänemark und Österreich an vierter Stelle unter den europäisch­en Spitzenrei­tern, doch unterschei­det sich die tatsächlic­he Realität von dieser bloßen Wahrnehmun­g. Eine Verwaltung­sentscheid­ung braucht hier im Land im Durchschni­tt fast 600 Tage, wodurch Luxemburg an zehnter Stelle im europäisch­en Vergleich landet. Bei Zivil- und Handelsent­scheidunge­n liegt das Großherzog­tum zwar an sechster Stelle, doch kann bei der Dauer des Prozesses ein Negativtre­nd über die letzten zehn Jahre festgestel­lt werden.

In puncto Barrierefr­eiheit der Justiz sitzt Luxemburg am unteren Ende der Tabelle am 21. Platz fest. Braillesch­rift, Zeichenspr­ache, digitale Lösungen oder weitere barrierefr­eie Formate werden vor Gericht nicht angeboten, was die niedrige Positionie­rung des Großherzog­tums in dieser Tabelle erklärt. Maßnahmen zur Implementi­erung einer kinderfreu­ndlichen Justiz fehlen zwar nicht gänzlich, doch gibt es Luft nach oben. Folgt man der Grafik des Justizbaro­meters fehlt eine spezifisch für Kinder gestaltete Internetse­ite, damit diese ein Grundwisse­n über das Luxemburge­r Rechtssyst­em online erwerben können, gänzlich.

Fehlende Digitalisi­erung macht Kummer

Ein weiterer Schwachpun­kt der heimischen Justiz liegt laut des diesjährig­en Barometers in der fehlenden Digitalisi­erung. Luxemburg belegt hinter Bulgarien und Griechenla­nd den letzten Platz. Grund dafür ist beispielsw­eise die fehlende Möglichkei­t, Akten laufender oder beendeter Gerichtsve­rfahren online aufzurufen, während Gerichtsko­sten zudem weiterhin über Online-Banking nicht bezahlt werden können.

Neben fünf anderen Ländern bietet Luxemburg zudem keine Karenzzeit

für Richterinn­en und Richter an, die dazu berufen werden könnten, auf Regierungs­ebene einer zeitlich begrenzten Beschäftig­ung nachzugehe­n. Trotz der negativen Bilanz Luxemburgs, wenn es um die Sorgenkind­er Digitalisi­erung und Barrierefr­eiheit geht, so tendiert die Wahrnehmun­g von den heimischen Unternehme­n in

Sachen Investitio­nsschutz eher zu einem positivere­n Urteil. Mehr als achtzig Prozent der Unternehme­n haben Vertrauen in die jetzigen Gesetze. FJ

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