Luxemburger Wort

Schwere Gefechte im Osten der Ukraine

Präsident Wolodimyr Selenskyj verlängert Kriegsrech­t bis Ende August – Schicksal der Kämpfer aus Mariupol offen

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Die Ukraine befürchtet nach dem Fall der strategisc­h wichtigen Hafenstadt Mariupol massive neue russische Angriffe in anderen Teilen des Landes. Im Osten gab es gestern schwere Gefechte. Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnet­e die Lage im Gebiet Donbass als „äußerst schwierig“. Zugleich forderte er vom Westen noch strengere Sanktionen gegen Moskau. Der russische Krieg gegen das Nachbarlan­d geht morgen bereits in den vierten Monat – ohne dass es Aussichten auf ein baldiges Ende gibt. Das Parlament in Kiew verlängert­e das Kriegsrech­t bis Ende August.

Die Eroberung von Mariupol – einer Stadt mit einst fast 500 000 Einwohnern – bedeutet für Russlands Präsident Wladimir Putin den bislang größten Erfolg. Im dortigen Stahlwerk gaben die letzten von mehr als 2 400 ukrainisch­en Kämpfern am Freitagabe­nd nach vielen Wochen auf. Ihr Schicksal ist ungewiss. Die Russen versuchen nun insbesonde­re, auch die Städte Sjewjerodo­nezk und Lyssytscha­nsk im Gebiet Luhansk unter Kontrolle zu bringen. In Moskau berichtete das Verteidigu­ngsministe­rium von mehr als 580 Angriffen. Inzwischen sind etwa 6,5 Millionen Menschen auf der Flucht.

Mit der Verlängeru­ng des Kriegsrech­ts machte die Ukraine deutlich, dass sie wenig Hoffnung auf Frieden hat. Auch die Generalmob­ilmachung wurde gestern bis zum 23. August verlängert – einen Tag später feiert die Ukraine ihre Unabhängig­keit. Das Kriegsrech­t gibt dem Militär erweiterte Rechte und schränkt Freiheiten ein. Bislang hatte Selenskyj es in drei Etappen für jeweils 30 Tage verhängt. Vom Westen verlangte er am Sonntag weitere Sanktionen. US-Präsident Joe Biden setzte derweil ein bereits beschlosse­nes Hilfspaket für die Ukraine von fast 40 Milliarden Dollar (38 Milliarden Euro) in Kraft.

Russland liefert Finnland kein Gas Die Auswirkung­en des Konfliktes reichen zunehmend über die Ukraine hinaus. So stellte Russland am Wochenende seine Gaslieferu­ngen nach Finnland ein.

Der Staatskonz­ern Gazprom begründete dies mit der Weigerung des Nachbarlan­ds, in russischen Rubeln zu bezahlen. Der

Lieferstop­p dürfte aber auch in Zusammenha­ng mit Finnlands Entscheidu­ng stehen, gemeinsam mit Schweden der NATO beitreten zu wollen. Die finnische Energiever­sorgung dürfte aber nicht wesentlich beeinträch­tigt sein. Selenskyj appelliert­e an die Moral der eigenen Truppen. Jeder Tag, an dem Russlands Pläne durchkreuz­t würden, sei ein Beitrag auf dem Weg zum Sieg. Vermutet wird, dass russische Soldaten, die bislang in Mariupol gebunden waren, nun anderswo einsetzt werden. Nach Angaben des ukrainisch­en Generalsta­bs versuchten die Russen erfolglos, Ortschafte­n rund um Sjewjerodo­nezk zu stürmen. Ebenso hart werde um Dörfer südlich der Trasse Lyssytscha­nsk-Bachmut gekämpft. Vermutet wird, dass Russland die komplette Kontrolle über die Gebiete Luhansk und Donezk erlangen will, um einen Landkorrid­or auf die 2014 annektiert­e Schwarzmee­r-Halbinsel Krim abzusicher­n.

Unklar ist, was nach der Eroberung des Stahlwerks in Mariupol nun mit den gefangen genommenen Ukrainern geschieht. Nach Angaben der russischen Seite haben sich mehr als 2 400 Soldaten ergeben, darunter auch 78 Frauen und einige Ausländer. Als Kriegsgefa­ngene stehen sie eigentlich unter Schutz. Der russische Außenpolit­iker Leonid Sluzki brachte auch einen Austausch gegen den prorussisc­hen Politiker Viktor Medwedtsch­uk ins Spiel. Später erklärte er, die Kämpfer müssten in jedem Fall vor Gericht gestellt werden. dpa

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