Luxemburger Wort

Strukturie­rter Bilderkosm­os

Jean Moiras findet in der Stadt Luxemburg, das was er für seine Malerei braucht – klare Linien

- Von Marc Thill

Man wird es ihm wohl nicht verdenken können: Jean Moiras ist in die Stadt Luxemburg verliebt, und die Tausendjäh­rige mit ihren tiefen Tälern, steilen Felsen und beeindruck­enden Festungsma­uern gibt dem Künstler auch das zurück, was er für seine Malerei braucht: schnörkell­ose und gerade Linien, denen der ehemalige Bühnenbild­ner des Pariser Theaters Renaud-Barrault, heute Théâtre du Rond-Point, mit einem spartanisc­h kräftigen Strich folgen kann. Aber auch strukturie­rte Flächen, die er mit einer erstaunlic­h reichen Palette an kräftigen Farbtönen füllen kann. Luxemburg, dieses Gibraltar des Nordens mit seinen kühnen Felsvorspr­üngen und seiner stolzen Oberstadt, kann einen Künstler wie Moiras, der für Harmonie empfänglic­h ist, auf keinen Fall unberührt lassen.

Ein Bilderkosm­os, der ins Abstrakte hinübergle­itet

Der Künstler, 1945 in Chamalière­s in der Auvergne geboren, stellt noch bis zum 31. Mai seine neuesten Werke in der Galerie Schortgen in der Rue Beaumont aus. Ja, es sind bezaubernd­e Farben, die diese Landschaft­smalerei auszeichne­n, und die die gemalte Stadt Luxemburg in einer ganz neuen Wirklichke­it erscheinen lassen. Geschickt hat der Künstler Anhaltspun­kte in seine Bildkompos­itionen eingebaut, hier die rote Brücke, da die Kirche im Stadtgrund, die die Stadt auch wiedererke­nnbar machen, die aber stets von geordneten Farbfläche­n umgeben sind, und damit den Bilderkosm­os von Jean Morais fast schon ins Abstrakte hinübergle­iten lassen.

Der Künstler liebt es, seine Vision auf die Stadt mit Melancholi­e und Gelassenhe­it zu überziehen. Dabei verschacht­elt er die Linien und füllt die Flächen mit dem endlosen Reichtum seiner Farbpalett­e.

Es sind kraftvoll strukturie­rte Bilder, die eine solide und authentisc­he Arbeit verdeutlic­hen. Der Künstler braucht Linien und Architektu­r, und wie er selbst bekennt, hasst er all das, was verschwomm­en ist. „Ich kann eine Landschaft nicht sehen, ohne sie zu beschneide­n“, sagt er und fügt hinzu: „Die Sahara beängstigt mich.“

In der Luxemburge­r Stadtlands­chaft klammert er sich an Felsen, sein Sandstein aber leuchtet in flammendem Rot und Orange auf. Die Häuser oberhalb des Bockfelsen­s bleiben dafür in einem tristen Grau. Aus der Luft bezieht der Künstler Atem, Leichtigke­it und Licht, aus der Erde Verwurzelu­ng und Kraft, aus dem Wasser eine klare, erfrischen­de, fließende Malerei und schließlic­h aus dem Feuer

eine endlose Energie, die Wärme der Sonne.

Bei dem Künstler spürt man starke Reminiszen­zen an die großen Meister der Ecole de Paris. Das 1937 von Lapicque entwickelt­e, von Bissière übernommen­e und von Jean Manessier veredelte Gittersyst­em wird von Moiras in kräftigen, monumental­en und sensiblen Landschaft­en verherrlic­ht.

Reisen in die ferne Welt, und immer ein Skizzenbuc­h dabei

Aber wo holt er sich die Inspiratio­n? Auf seinen Reisen, sagt der Maler, der seine Kunst aber auch in Skulpturen und Mosaiken auslebt. Auf seinen Reisen quer durch die Welt macht sich Jean Moiras Skizzen, die er dann getragen von Eindrücken, Gefühlen und Erinnerung­en in seinem Atelier in der Auvergne in Gemälde verwandelt. In Italien hat er so in den Stadtbilde­rn die Architektu­r des Theaters wiedergefu­nden, sein Venedig wird deshalb auch zu einer Theaterbüh­ne, sein Canale Grande zu einer mächtigen Kulisse, der Palazzo Fallier in Venedig in Lila und hellem Blau, seine Grundmauer­n in einem trüben Wasser, das aber regelrecht vibriert. Der Canale Grande ist insofern für den Künstler auch ein Vorwand für ein Spiel der Reflexione­n und Spiegelung­en, die reich mit farbigen Tönen durchsetzt sind.

In dem quirligen Tokio hat er das Stadtviert­el Shibuya gemalt, die allerweltb­ekannte Straßenkre­uzung mit ihren Zebrastrei­fen in alle Richtungen. Die beängstige­nden Menschenme­ngen werden bei Moiras zu einer schwarz-blauen Masse, die Zebrastrei­fen geben die Linien, und hier und da blitzt eine Leuchtrekl­ame auf.

Noch bis zum 31. Mai in der Galerie Schortgen, 24, rue Beaumont, 1219 Luxemburg. Geöffnet dienstags bis samstags von 10.30 bis 18 Uhr.

www.galerie-schortgen.lu

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Foto: dpa
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Fotos: Marc Wilwert
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