Demokratie in Gefahr
Liser warnt vor der Politik rechtspopulistischer Regierungen
Dass populistisches Gedankengut impliziert, ökonomische und kulturelle Sorgen zugunsten persönlicher Machtinteressen auszunutzen, dürfte wohl bereits vor dem „Policy Brief“des Liser (Luxembourg Institute of Socio-Economic Research) bekannt gewesen sein. Dass es sich bei der populistischen Rhetorik aber oft um eine selbsterfüllende Prophezeiung handelt, die Krisen weiter verstärkt, statt diese zu lösen, darauf verweisen Frédéric Docquier und Eugenio Peluso vom Liser und Massimo Morelli von der italienischen Bocconi Universität.
Mehr als 25 Prozent der Länder weltweit werden zurzeit von populistischen Parteien regiert, stellt das Liser in seinem Dokument fest. Obwohl sich der Aufwärtstrend des Populismus bereits seit den 1960ern bestätigen lässt, entpuppte sich besonders die Finanzkrise von 2007 als „point of no return“. Der Aufmarsch populistischer Parteien wurde seither konstant von Krisenzuständen begünstigt: CovidKrise, Flüchtlingskrise, Ukrainekrieg …
Die „Economic Intelligence Unit“(EIU) verrät in ihrem Jahresbericht 2021 zudem, dass allein 21 Länder auf der Welt ein hohes Maß an demokratischen Kriterien respektieren, während 59 Länder als autoritäre Regimes betitelt werden können. Der Demokratie-Index der EIU liegt auf einer Skala von eins bis zehn mittlerweile bei 5,28 – dem somit niedrigsten Ergebnis seit 2006.
Die drei Teufelskreise des Populismus
Obwohl gerade die Kritik einer ineffizienten Bürokratie das Narrativ des Populismus beflügelt, so stellt das Liser fest, dass populistische Regierungen eine Tendenz aufweisen, diese strukturelle Schwäche zu verstärken. Populisten ersetzen kompetente Bürokraten meist durch loyale Funktionäre und generieren mehr Schulden, wenn es um Beschaffungsaufträge geht. Die Verschlechterung der Bürokratie wird wiederum von der Bevölkerung als Grund aufgenommen, populistische Parteien weiterhin zu unterstützen.
Dieses Schema wiederholt sich, wenn es um die makroökonomischen Leistungen rechtspopulistischer Parteien geht. Weniger Einkommensungleichheiten oder höhere Lohnquoten konnten bei der Untersuchung populistisch regierter Nationen über eine Periode von 15 Jahren nicht festgestellt werden. Die Folgen von Populismus sind viel eher ökonomischer Nationalismus und Protektionismus.
Den dritten Teufelskreis sieht das Liser im Bereich der Migration. Während Populisten die Immigration von weniger qualifizierten Arbeitskräften als Argument für eine stärkere Regulierung von Migrationsströmen hinstellen, sind gerade rechtspopulistische Regierungen der Grund dafür, warum qualifizierte Arbeitnehmer auf Distanz bleiben. Diese stehen populistischen Regimes kritischer gegenüber.
Empfehlungen werden vom Liser im „Policy Brief“ausformuliert, um diesen populistischen Trends entgegenzuwirken.
Den Bruch mit dem Populismus herbeiführen
„Antinationalistische und auf Langzeit ausgerichtete Maßnahmen sind relevante Alternativen, um der ökonomischen Unsicherheit und den steigenden Ungleichheiten entgegenzuwirken“, wird in dem Dokument behauptet.
Zudem könnten neue politische Maßnahmen zur gerechten Vermögensverteilung, beispielsweise durch eine europäische Kapitalertragssteuer und einer gemeinsamen Fiskalunion, die Kooperation und Solidarität unter den europäischen Ländern wieder in den Vordergrund rücken. Dadurch würde man der populistischen Maschinerie Steine in den Weg legen und das Vertrauen in demokratische Institutionen stärken.