Joe Biden sorgt mit Taiwan-Äußerungen für Aufregung
Der US-Präsident hat bereits drei Mal versprochen, Taiwan bei einem chinesischen Angriff zur Hilfe zu eilen
„Gaffe“gehört zu den englischen Begriffen, die sich nicht gut ins Deutsche übersetzen lassen. Und selbst im Englischen gibt es den Bedarf, die Bedeutung zu erklären. Die ultimative Definition für den politischen Raum stammt von dem Kolumnisten Michael Kinsley. „Von einer Gaffe spricht man“, schrieb dieser einmal in der „New York Times“, „wenn ein Politiker die Wahrheit sagt – die offenkundig ist, aber nicht ausgesprochen werden darf“.
Eine kurze Google-Suche lässt den Begriff ungewohnt häufig in Verbindung mit dem Namen Joe Biden auftauchen. Der US-Präsident sagte über sich selbst einmal, er sei eine „Gaffe“-Maschine. Im Weißen Haus trat er den Beweis dafür an. Im März nannte er Wladimir Putin einen „Kriegsverbrecher“. Drei Tage später verkündete der US-Präsident, Putin „darf nicht an der Macht bleiben“. Dann sagte er, Russland verübe einen „Genozid“in der Ukraine. Jedes Mal rückte ein Bataillon an Sprecherinnen und Beratern aus dem Weißen Haus aus, zu erklären, wie die „Gaffes“des Präsidenten zu verstehen seien.
Eindeutige Antwort
Mit Blick auf Taiwan hatten die schon vor seinen Äußerungen in Tokio alle Hände voll zu tun gehabt. Vergangenen August versicherte
Eine „Gaffe“oder gewollt? USPräsident Joe Biden versicherte, die USA hätten eine „Verpflichtung“, Taiwan im Angriffsfall zu verteidigen.
Biden in einem ABC-Interview, er werde den NATO-Alliierten bei einem Angriff zu Hilfe eilen. „Genauso bei Japan, genauso bei Südkorea, genauso bei Taiwan.“Im Oktober bekräftigte er die Position in einer Bürgersprechstunde auf CNN. Ob die USA Taiwan schützen würden? „Ja, wir haben uns dazu verpflichtet.“
Während diese Äußerungen vor einem einheimischen Publikum in den USA fielen, stellte Biden sein Team vor ein größeres Problem, als ihn Reporter auf seiner ersten Asien-Reise in Tokio auf die Sicherheit der Insel ansprachen. „Sind sie bereit, militärisch aktiv zu werden, Taiwan, falls nötig, zu verteidigen?“Bidens Antwort war ein uneingeschränktes „Ja“. Nachfrage des Reporters. „Wirklich?“Antwort Biden: „Das ist das Versprechen, das wir gegeben haben.“
Kalkulierte Empörung
Experten wie Bonnie Glaser vom German Marshall Fund in Washington heben hervor, die Empörung in Peking habe damit zu tun habe, „dass er es in Tokio gesagt hat“. Als Abschreckung der Chinesen sei das nicht hilfreich gewesen, „weil er gemischte Botschaften schickt“. Andere wie Ryan Hass von der Brookings Institution halten das für weniger problematisch. Die Chinesen seien immer schon davon ausgegangen, „dass die USA an jedem Konflikt mit Taiwan beteiligt wären“. Die Empörung sei kalkuliert.
Das Weiße Haus stellte klar, der Präsident habe die seit 1970 geltende „Ein-China“-Politik der USA nicht verändert. Diese sieht vor, dass Taiwan nicht als unabhängiger Staat anerkannt wird. Die Verteidigung der Insel besteht aus Waffenlieferungen aus den USA, nicht aber dem Versprechen einer direkten militärischen Intervention.
Am Dienstag betonte Biden bei dem Treffen des neuen QuadBündnisses aus Australien, Indien, Japan und den Vereinigten Staaten noch einmal, „dass sich unsere Politik nicht geändert hat“.
Der Taiwan-Experte Hal Brands meint in einem Beitrag für „Bloomberg“, das Problem bestünde nicht darin, ob der Präsident mit Blick auf die Sicherheit Taiwans an dem Kurs der „strategischen Unberechenbarkeit“festhalte oder die USA klarer positioniere. „Die Erosion der Abschreckung in der Straße von Taiwan ist nicht eine Frage der Verpflichtung, sondern der Kapazitäten“, drückt Brands eine verbreitete Besorgnis unter Kennern der Region aus. „Die Zeit läuft aus, diesen gefährlichen Trend umzukehren.“
Die Rede ist von einem Gegengewicht zu der Modernisierung der chinesischen Streitkräfte, die ihre Rüstung nach Ansicht von Militäranalysten systematisch für die Möglichkeit einer Invasion Taiwans angelegt haben. Die Verteidigungskapazitäten der Insel fielen demgegenüber immer weiter zurück.
Während die Mehrzahl der Republikaner Bidens Äußerungen kritisierten, erhielt der Präsident Unterstützung von Senator Lindsey Graham. Seine als typische Biden-„Gaffe“charakterisierte Äußerung, sei „das Richtige, was gesagt und das Richtige, was getan werden muss“.
Das ist das Versprechen, das wir gegeben haben. US-Präsident Joe Biden