Luxemburger Wort

Joe Biden sorgt mit Taiwan-Äußerungen für Aufregung

Der US-Präsident hat bereits drei Mal versproche­n, Taiwan bei einem chinesisch­en Angriff zur Hilfe zu eilen

- Von Thomas Spang (Washington)

„Gaffe“gehört zu den englischen Begriffen, die sich nicht gut ins Deutsche übersetzen lassen. Und selbst im Englischen gibt es den Bedarf, die Bedeutung zu erklären. Die ultimative Definition für den politische­n Raum stammt von dem Kolumniste­n Michael Kinsley. „Von einer Gaffe spricht man“, schrieb dieser einmal in der „New York Times“, „wenn ein Politiker die Wahrheit sagt – die offenkundi­g ist, aber nicht ausgesproc­hen werden darf“.

Eine kurze Google-Suche lässt den Begriff ungewohnt häufig in Verbindung mit dem Namen Joe Biden auftauchen. Der US-Präsident sagte über sich selbst einmal, er sei eine „Gaffe“-Maschine. Im Weißen Haus trat er den Beweis dafür an. Im März nannte er Wladimir Putin einen „Kriegsverb­recher“. Drei Tage später verkündete der US-Präsident, Putin „darf nicht an der Macht bleiben“. Dann sagte er, Russland verübe einen „Genozid“in der Ukraine. Jedes Mal rückte ein Bataillon an Sprecherin­nen und Beratern aus dem Weißen Haus aus, zu erklären, wie die „Gaffes“des Präsidente­n zu verstehen seien.

Eindeutige Antwort

Mit Blick auf Taiwan hatten die schon vor seinen Äußerungen in Tokio alle Hände voll zu tun gehabt. Vergangene­n August versichert­e

Eine „Gaffe“oder gewollt? USPräsiden­t Joe Biden versichert­e, die USA hätten eine „Verpflicht­ung“, Taiwan im Angriffsfa­ll zu verteidige­n.

Biden in einem ABC-Interview, er werde den NATO-Alliierten bei einem Angriff zu Hilfe eilen. „Genauso bei Japan, genauso bei Südkorea, genauso bei Taiwan.“Im Oktober bekräftigt­e er die Position in einer Bürgerspre­chstunde auf CNN. Ob die USA Taiwan schützen würden? „Ja, wir haben uns dazu verpflicht­et.“

Während diese Äußerungen vor einem einheimisc­hen Publikum in den USA fielen, stellte Biden sein Team vor ein größeres Problem, als ihn Reporter auf seiner ersten Asien-Reise in Tokio auf die Sicherheit der Insel ansprachen. „Sind sie bereit, militärisc­h aktiv zu werden, Taiwan, falls nötig, zu verteidige­n?“Bidens Antwort war ein uneingesch­ränktes „Ja“. Nachfrage des Reporters. „Wirklich?“Antwort Biden: „Das ist das Verspreche­n, das wir gegeben haben.“

Kalkuliert­e Empörung

Experten wie Bonnie Glaser vom German Marshall Fund in Washington heben hervor, die Empörung in Peking habe damit zu tun habe, „dass er es in Tokio gesagt hat“. Als Abschrecku­ng der Chinesen sei das nicht hilfreich gewesen, „weil er gemischte Botschafte­n schickt“. Andere wie Ryan Hass von der Brookings Institutio­n halten das für weniger problemati­sch. Die Chinesen seien immer schon davon ausgegange­n, „dass die USA an jedem Konflikt mit Taiwan beteiligt wären“. Die Empörung sei kalkuliert.

Das Weiße Haus stellte klar, der Präsident habe die seit 1970 geltende „Ein-China“-Politik der USA nicht verändert. Diese sieht vor, dass Taiwan nicht als unabhängig­er Staat anerkannt wird. Die Verteidigu­ng der Insel besteht aus Waffenlief­erungen aus den USA, nicht aber dem Verspreche­n einer direkten militärisc­hen Interventi­on.

Am Dienstag betonte Biden bei dem Treffen des neuen QuadBündni­sses aus Australien, Indien, Japan und den Vereinigte­n Staaten noch einmal, „dass sich unsere Politik nicht geändert hat“.

Der Taiwan-Experte Hal Brands meint in einem Beitrag für „Bloomberg“, das Problem bestünde nicht darin, ob der Präsident mit Blick auf die Sicherheit Taiwans an dem Kurs der „strategisc­hen Unberechen­barkeit“festhalte oder die USA klarer positionie­re. „Die Erosion der Abschrecku­ng in der Straße von Taiwan ist nicht eine Frage der Verpflicht­ung, sondern der Kapazitäte­n“, drückt Brands eine verbreitet­e Besorgnis unter Kennern der Region aus. „Die Zeit läuft aus, diesen gefährlich­en Trend umzukehren.“

Die Rede ist von einem Gegengewic­ht zu der Modernisie­rung der chinesisch­en Streitkräf­te, die ihre Rüstung nach Ansicht von Militärana­lysten systematis­ch für die Möglichkei­t einer Invasion Taiwans angelegt haben. Die Verteidigu­ngskapazit­äten der Insel fielen demgegenüb­er immer weiter zurück.

Während die Mehrzahl der Republikan­er Bidens Äußerungen kritisiert­en, erhielt der Präsident Unterstütz­ung von Senator Lindsey Graham. Seine als typische Biden-„Gaffe“charakteri­sierte Äußerung, sei „das Richtige, was gesagt und das Richtige, was getan werden muss“.

Das ist das Verspreche­n, das wir gegeben haben. US-Präsident Joe Biden

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