Luxemburger Wort

Uneinigkei­t über Straffungs­tempo

In der Europäisch­en Zentralban­k wird über die richtige Geldpoliti­k gestritten

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Davos/Wien. In der Europäisch­en Zentralban­k herrscht Uneinigkei­t über die Reaktion auf die Inflation. Nachdem EZB-Präsidenti­n Christine Lagarde am Montag ein eher moderates Tempo mit schrittwei­sen Zinsanhebu­ngen ab Sommer signalisie­rte hatte, kam gestern Widerspruc­h aus Österreich. Notenbankc­hef Robert Holzmann plädierte für einen entschloss­eneren Einstieg in die geldpoliti­sche Straffung. Dem widersprac­h Frankreich­s Notenbankc­hef François Villeroy de Galhau.

Ende der negativen Zinsen

Lagarde hatte überrasche­nd Details zur erwarteten geldpoliti­schen Wende preisgegeb­en. Sie signalisie­rte eine Zinsanhebu­ng – die erste seit etwa elf Jahren – für Juli. Ende September könne dann die Zeit der negativen Leitzinsen beendet sein. Der negative Einlagensa­tz von minus 0,5 Prozent kommt einer Gebühr für Bankeinlag­en bei der EZB gleich und wurde von vielen Geldhäuser­n an die Bankkunden zumindest teilweise weitergere­icht.

Österreich­s Notenbankc­hef Holzmann votierte für einen beherzten Einstieg in die Zinswende, indem er für einen großen Schritt von 0,5 Punkte eintrat. Zinsanhebu­ngen

in dieser Größenordn­ung hatten zuletzt mehrere Zentralban­ken vorgenomme­n, um ein Zeichen gegen die vielerorts hohe Inflation zu setzen. Eine Zinserhöhu­ng um 0,5 Punkte im Juli wäre „angemessen“, sagte Holzmann der Nachrichte­nagentur Bloomberg. Ein großer Zinsschrit­t zu Beginn der Straffungs­phase würde den Märkten signalisie­ren, „dass wir die Notwendigk­eit zum Handeln erkannt haben“, sagte Holzmann. „Alles andere würde Gefahr laufen, als schwach wahrgenomm­en zu werden.“Holzmann vertrat nicht nur inhaltlich eine andere Position als Lagarde. Er monierte auch das Vorgehen der Französin. „Ich schätze es, dass sie sich zu Wort meldet und erkennt, dass die Zeit für eine Anhebung gekommen ist, aber ich hätte mir eine klare Kommunikat­ion darüber gewünscht, wie wir zu neutralen Zinssätzen kommen“,so der Österreich­er. Holzmann ist bekannt für deutliche Äußerungen und gilt als Vertreter einer straffen geldpoliti­schen Haltung. dpa

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Foto: dpa Dass die Zinsen steigen werden, bezweifelt angesichts der hohen Inflation kaum jemand. Die Frage ist aber: Wann und wie stark?

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