Luxemburger Wort

„Aufgefahre­n in den Himmel, er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtig­en Vaters“

- Von P. Jean-Jacques Flammang SCJ

Im christlich­en Glaubensbe­kenntnis stehen beide Sätze nebeneinan­der und werden oft so verstanden, als ob der auferstand­ene Christus, in den Himmel aufgefahre­n, dort sofort den definitive­n Platz zur Rechten des allmächtig­en Vaters eingenomme­n hätte. Die Himmelfahr­t wäre somit das Ziel der menschlich­en Geschichte. Mit ihr wäre Christus die endgültige Macht gegeben über die ganze Schöpfung. Uns Menschen

bliebe nichts Neues zu entdecken und zu schaffen, sondern lediglich das auszuführe­n, was Jesus uns bei seiner Himmelfahr­t hinterlass­en hat, um auf dem Glaubenswe­g ans Ziel zu kommen.

Das Ziel noch nicht erreicht

Das ist aber nicht die einzige Auslegung der Himmelfahr­t, wie es in seiner theologisc­hen Doktorarbe­it der bedeutende Wirtschaft­ler, Mathematik­er und Sozialphil­osoph Gaël Giraud aufgewiese­n hat.

Man könne auch mit Lukas und Johannes die Himmelfahr­t Jesu anders verstehen: Christus ist sozusagen im Himmel verschwund­en, aber damit ist das Ziel noch nicht erreicht: er wird wiederkomm­en, wie es den Aposteln bei der Himmelfahr­t erläutert wurde: „Was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der von euch fort in den Himmel aufgenomme­n wurde, wird ebenso wiederkehr­en, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen.“Christus hat sich demnach nicht endgültig zur Rechten Gottes gesetzt. Die Heilsgesch­ichte hat ihr Ziel noch nicht erreicht. Neues kann und muss entstehen, und Christus wird dann, wie es Johannes in seiner Offenbarun­g aufzeigt, wiederkomm­en und jene, die in der Drangsal gesiegt haben, mit auf Gottes Thron nehmen und sitzen lassen.

Immer wieder Neues schaffen

Mit der Himmelfahr­t Jesu wird der Menschheit also aufgetrage­n, immer noch und immer wieder Neues zu schaffen, um die Sache Jesu zum Ziel zu bringen. Es geht nicht nur darum, etwas zu verwirklic­hen, was schon vorgegeben wäre. Es geht vielmehr darum, in der Kraft des Heiligen Geistes immer wieder neue Gestalten zu schaffen, damit Gott ganz bei uns ankommen kann, wirtschaft­lich und politisch, auch was Umwelt und Klima betrifft, Finanzen, künstliche Intelligen­z und zwischenme­nschliches Zusammenle­ben, sowie geistige Entwicklun­g auf Zusammenar­beit hin zum allgemeine­n Wohl und zum Frieden zwischen den Nationen.

Baustein der Gestaltung

Die Himmelfahr­t Christi ist also nicht letztes Ziel, sondern grundlegen­der Baustein, die Welt immer neu im heiligen Geist zu gestalten, kreativ und tatkräftig der Wiederkunf­t Christi entgegen.

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Foto: Shuttersto­ck Mit der Himmelfahr­t Jesu wird den Menschen aufgetrage­n, immer wieder Neues zu schaffen.
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