Luxemburger Wort

Drei gegen einen

Ranghoher Polizist sieht sich vor Gericht als Opfer eines Missverstä­ndnisses

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Diekirch. Weil er versucht haben soll, in den Jahren 2018 und 2019 einen Kandidaten bei einem Einstellun­gsverfahre­n durchzubox­en, muss sich der damalige Polizeireg­ionaldirek­tor für den nördlichen Bezirk, Bob Leesch, derzeit in Diekirch vor Gericht verantwort­en. Die Anklage lautet auf illegale Vorteilsna­hme und somit einen Verstoß gegen Artikel 245 des Code pénal, der eine Haftstrafe von sechs Monaten bis fünf Jahren sowie eine Geldbuße zwischen 500 und 125 000 Euro vorsieht.

Konkret geht es in dem Fall um die Besetzung einer Stelle als ziviler Mitarbeite­r für die FahrzeugVe­rwahrstell­e der Polizei (Fourrière). Unter den Kandidaten befand sich ein Mann, mit dem der Beschuldig­te weitläufig verwandt ist. Dieser Kandidat war denn auch nicht nur vom damaligen Regionaldi­rektor auf die Liste der letzten zehn Kandidaten gesetzt worden, Leesch hatte sich nach den Interviews auch mit Nachdruck für diesen Mann eingesetzt. Als sich die drei weiteren Mitglieder jener Kommission, die ihre Empfehlung für die Besetzung des Postens ausspreche­n sollte, für einen anderen Kandidaten entschiede­n hatten, soll der damalige Regionaldi­rektor sich auf seine „Direktesch­kap“berufen haben, um „seinen“Kandidaten doch noch platziert zu bekommen.

Administra­tive und mechanisch­e Kenntnisse

Am dritten Verhandlun­gstag kam Leesch nun selbst zu Wort. Vor den Richtern betonte er, dass er nicht die Absicht gehabt habe, den mit ihm verwandten Mann zu bevorteile­n. Dieser sei für ihn jedoch aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung sowie der Resultate bei den Tests der beste Kandidat gewesen. Bis heute sei ihm schleierha­ft, warum die anderen drei Mitglieder der Kommission sich für einen anderen Kandidaten entschiede­n hatten. Dieser hatte letztlich die Stelle auch bekommen, sein Profil hatte Leesch zufolge aber „gar nicht gepasst“.

Er könne sich die unterschie­dlichen Ansichten der Kommission­smitgliede­r

lediglich dadurch erklären, dass es ein „Missverstä­ndnis“darüber gegeben habe, welches Profil gesucht wurde. Er selbst sei davon ausgegange­n, dass es sich um eine rein administra­tive Stelle gehandelt hatte, so wie dies auch in der Ausschreib­ung beschriebe­n war. Bei den anderen Mitglieder­n der Kommission sei das Wort „Fourrière“dann aber wohl so in den Mittelpunk­t gerückt, dass sie mehr auf Wert auf die mechanisch­en Kenntnisse gelegt hatten.

Weiter erklärte der Angeklagte, dass es in seinen Augen auch offenkundi­g gewesen sei, dass er den Kandidaten kannte. Immerhin habe er im Vorfeld der Interviews die Verwahrste­lle gemeinsam mit ihm besucht und den Mann dabei auch geduzt. Für ihn habe es demnach keinen Bedarf gegeben, noch einmal zu präzisiere­n, dass eine Verwandtsc­haft besteht. Dem Gesetzeste­xt zufolge entfällt der Tatbestand der illegalen Vorteilnah­me, wenn die betroffene Person mit offenen Karten spielt.

Der Prozess wird am 16. Juni mit dem Strafantra­g der Staatsanwa­ltschaft fortgesetz­t. SH

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Foto: Anouk Antony Der Prozess soll am 16. Juni abgeschlos­sen werden.

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