Folge dem Geld
Brüssel will Sanktionen strenger umsetzen
Obschon die Verhandlungen zum jüngsten Sanktionspaket gegen Russland auf EU-Ebene feststecken, lässt die EU-Kommission nicht locker. Am Mittwoch stellte sie eine neues Regelwerk vor, um sicherzustellen, dass die bislang im Zusammenhang mit der Invasion der Ukraine beschlossenen Sanktionen gegen Russland EU-weit einheitlich und tatkräftig umgesetzt werden.
Die EU-Kommission wolle verhindern, dass Oligarchen, die sanktioniert sind, Schlupflöcher innerhalb der EU nutzen, um sich von den Vergeltungsmaßnahmen zu befreien, erklärte der EU-Justizkommissar Didier Reynders. Demnach sollen die Vermögen russischer Oligarchen einfacher beschlagnahmt werden können, wenn sie EU-Sanktionen unterlaufen. Dafür schlug die Brüsseler Behörde vor, das Umgehen von Sanktionen EU-weit als Straftat festzulegen. Das beschlagnahmte Geld könnte schließlich für den Wiederaufbau der Ukraine genutzt werden.
Straffreiheit verhindern
Nach Angaben der EU-Kommission unterlaufen kremlnahe russische Milliardäre die Sanktionen bislang etwa dadurch, dass sie Jachten in internationale Gewässer bringen oder Vermögen auf andere Eigentümer übertragen. Deshalb schlug die Behörde vor, derlei Sanktionsumgehung in die Liste der EU-Verbrechen aufzunehmen.
Dies würde es ermöglichen, Verstöße gegen Strafmaßnahmen in allen EU-Staaten gleichermaßen zu verfolgen und zu bestrafen. „Gegenwärtig können unterschiedliche strafrechtliche Definitionen und Sanktionen bei Verstößen gegen die restriktiven Maßnahmen immer noch zu Straffreiheit führen“, so Didier Reynders.
Außerdem präsentierte die Behörde am Mittwoch den Entwurf einer Richtlinie zur Vermögensabschöpfung und Beschlagnahmung. Das Gesetz soll das Beschlagnahmen von Vermögen vereinfachen und nationale Behörden beim Aufspüren, Einfrieren, Einziehen und Verwalten von Erträgen aus Straftaten stärken. Dies soll auch grundsätzlich den Kampf gegen organisierte Kriminalität stärken (vorantreiben).
Ball bei den Mitgliedstaaten
Die Pläne der Kommission sollen bereits am Montag beim Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs besprochen werden. Laut dem Entwurf der Gipfelerklärung, der dem „Luxemburger Wort“vorliegt, werden die Pläne der Kommission positiv gewertet. In diesem Entwurf werden nämlich „die Anstrengungen, die unternommen wurden, damit die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht geeignete Einziehungsmaßnahmen vorsehen“, begrüßt.
Dazu wird gefordert, „rasch auf den jüngsten Vorschlag der Kommission zu strafrechtlichen Maßnahmen bei Verstößen gegen EUSanktionen zu reagieren“. Der Europäische Rat will außerdem „weitere Optionen auszuloten, die mit dem Völkerrecht vereinbar sind, einschließlich Optionen, die darauf abzielen, eingefrorene russische Vermögenswerte zur Unterstützung des Wiederaufbaus der Ukraine zu verwenden.“
Einige EU-Staaten äußerten allerdings bereits rechtliche Bedenken gegenüber dem Vorstoß aus Brüssel. Der deutsche Finanzminister Christian Lindner sagte am Dienstag, Deutschland sei zwar offen für eine Debatte darüber, beschlagnahmtes russisches Vermögen für den Wiederaufbau der Ukraine zu nutzen. Man müsse aber zwischen Mitteln des Staates – wie etwa der Zentralbank – und privaten Mitteln unterscheiden. „In unserer Verfassung gibt es Garantien für Privatvermögen“, sagte der FDP-Politiker.
„Wir werden uns den Entwurf erst einmal im Detail anschauen und zusammen mit dem Justizministerium analysieren, wie sich die vorgeschlagenen Maßnahmen gegebenenfalls mit dem nationalen Rechtsrahmen vereinbaren lassen“, kommentierte indes die luxemburgische Finanzministerin Yuriko Backes (DP). mit dpa