„Alle Kirchen sind auf ihre Weise besonders“
Zum „Weekend vun den oppene Kierchen“locken Veranstaltungen und eine E-Bike-Tour zu den Gotteshäusern im Land
Vom 3. bis zum 5. Juni findet in diesem Jahr wieder das „Weekend vun den oppene Kierchen“statt. Mit zahlreichen Veranstaltungen und Führungen wollen die Organisatoren das kulturelle Erbe Luxemburgs erlebbar machen. Laure Simon (60), Projektkoordinatorin von der ErwuesseBildung, und Simone Zanter (33) vom Naturpark Our, der Projektpartner für die E-Bike-Tour ist, haben bereits vorab einen Einblick ins Programm gegeben.
Laure Simon (LS), Simone Zanter (SZ), was erwartet Interessierte in diesem Jahr Neues?
LS: Als große Besonderheit haben wir den Besuch eines Steinmetzateliers, wo wir uns den Grabstein eines Abtes von Echternach anschauen. Mit dabei sind Experten, sowohl Kunsthistoriker, aber auch Steinmetze, die selbst daran beteiligt waren, den Grabstein zu restaurieren. Besonders ist natürlich auch der neue Radweg im Ösling. Wir versuchen in jedem Jahr mindestens eine Sache anzubieten, die danach auch bleibt, und das ist in diesem Jahr die E-Bike-Tour. In diesem Rahmen werden in den Gemeinden Ulflingen und Weiswampach auch einige Kirchen in das „Netzwerk oppe Kierchen“aufgenommen. Der große Auftakt für das Wochenende wird freitags um 18 Uhr in der Michaelskirche in der Stadt begangen, mit einem Orgelkonzert mit Maurice Clement – eine Reise durch Europa mit den Meisterwerken des Barock.
Wie kam es zur Idee, einen Fahrradweg zu etablieren?
SZ: Die Idee kam ursprünglich von Sonja Siebenaller, sie ist im Gemeinderat von Ulflingen und auch Komiteemitglied bei uns im Naturpark Our. Sie hatte die Idee eines Wanderwegs zum Thema Kirchen in der Gemeinde Ulflingen und hat uns dann um Unterstützung bei der konzeptionellen Ausarbeitung gebeten. Meine Vorgängerin, Petra Kneesch, die seit April in Rente ist, hat dann das „Netzwerk oppe Kierchen“mit ins Spiel gebracht, weil sie Kontakte dorthin hatte. Daraus ist eine erste Arbeitsgruppe entstanden.
Warum ist es dann doch ein Radweg geworden?
SZ: Es hätten neue Wege außerhalb des Qualitätswanderwegenetzes im Ösling erschlossen werden müssen. Dies war aber nicht möglich. Dann hat Petra Kneesch vorgeschlagen, eine Radtour auszuarbeiten. Es gibt schon den Panoramaradweg. Er verläuft auf weiten Teilen auf derselben Strecke und verbindet die Dörfer. Und dann kam uns die Idee, aus dem
Die E-Bike-Tour ist für jung und Alt ein Erlebnis.
normalen Radweg eine E-BikeTour zu machen. Die Idee dahinter ist, auch länger in den Kirchen Zeit zu verbringen. Da bietet sich eine E-Bike-Tour an. Der Weg ist 28 Kilometer lang, das ist eine Strecke, die schon besser mit dem E-Bike zu bewältigen ist.
Was ist das besondere an den Kirchen, die auf dem Weg liegen?
LS: Die Kirchenlandschaft in diesem Bereich des Ösling ist ganz besonders. In jedem Dorf hat man eine andere Art Kirche. In Niederbesslingen etwa steht eine Kirche aus dem 19. Jahrhundert, neogotisch. Natürlich haben wir davon viele in Luxemburg, aber diese ist besonders elegant und mit viel Sorgfalt ausstaffiert und dekoriert. Niederbesslingen heißt auf Luxemburgisch „Kierchen“, viele Jahrhunderte lang sind die Leute aus den umliegenden Dörfern
dorthin in die Kirche gekommen, davon zeugt auch der riesige Friedhof mit vielen Familiengräbern aus belgischen Dörfern. Und dann gibt es in den vielen kleinen Dörfern kleine Kirchen, wo man gar nicht weiß, was für ein Stil es ist. Da haben die Menschen über Jahrhunderte dafür gekämpft, eine eigene Kirche zu haben. Und dann gibt es Kirchen wie die in Holler, die auf das 12. Jahrhundert zurückgeht, eine der ältesten Kirchen, die noch steht. Sie wurde immer weiter ausgebaut und ist ein wahres Schmuckstück. In Ulflingen gibt es eine ehemalige Klosterkirche der Franziskaner, die ebenfalls besonders ausstaffiert ist. Es ist eine abwechslungsreiche Kirchenlandschaft, wo es sich wirklich lohnt, immer mal wieder abzusteigen und zu schauen. Jeder ist eingeladen, egal ob gläubig oder nicht, davon zu profitieren.
Es geht eher darum, überhaupt mal die Kirchen in Wert zu setzen. Simone Zanter
So viele Leute engagieren sich für die Kirchen. Laure Simon
SZ: Die E-Biketour heißt „Looss d’Kierch am Duerf!“Wir als Naturpark haben auch die Aufgabe, in unseren mittlerweile neun Gemeinden das kulturhistorische
Gut zu schützen und wertzuschätzen. Daher ist diese Zusammenarbeit auch etwas, was unsere Naturpark-Werte vertritt. Wir sind froh, dass wir das Projekt gemeinsam umsetzen konnten, welches das kulturhistorische Gut mit der Landschaft des Öslings verbindet. Und es ist hier im Ösling auch die erste E-Bike-Tour.
Wie entstand der Name der Tour?
LS: Wir wollten bewusst einen alten Spruch nehmen. Wir haben Kirchen in den Orten und wollen sie dort erhalten, wo sie sind. Sie haben über Jahrhunderte den Menschen Orientierung gegeben.
Was sind Ihre persönlichen Highlights?
LS: Ich würde sagen, die Kirche von Holler, wobei ich eigentlich keinen Favoriten nennen kann und will. So viele Leute engagieren sich in ihren Dörfern für die Kirchen. Alle sind auf ihre Weise besonders.
SZ: Es geht eher darum, überhaupt mal die Kirchen in Wert zu setzen. Viele Leute kennen die Geschichten gar nicht und wissen nicht, wie wertvoll die Kirchen sind, auch von der Architektur her. Schön ist auch, dass ganz kleine Kirchen wie in Biwisch in Wert gesetzt werden und das System der offenen Kirchen es den Menschen vor Ort und auch den Touristen einfach mal erlaubt, reinzuschnuppern und Zeit dort zu verbringen. In vielen Städten in Europa sind die Kirchen offen und meist voll, denn sie ziehen die Menschen an. Bei uns ist das anders, abgesehen von der Kathedrale. Das kann die E-Bike-Tour vielleicht ändern und die Menschen animieren, sich die Kirchen hier genauer anzuschauen.