Erst das Wasser, dann der Schimmel
Echternacher Abteimuseum öffnet zehn Monate nach der Flutkatastrophe wieder
Echternach. Gut zehn Monate nach dem Hochwasser und langwierigen Renovierungsarbeiten ist das Echternacher Abteimuseum seit Christi Himmelfahrt nun wieder geöffnet. Besucher können Faksimiles von reich verzierten Handschriften bewundern und sich über das Leben und Wirken des Heiligen Willibrord informieren.
Als am 15. Juli im vergangenen Jahr große Teile der Echternacher Altstadt unter Wasser standen, hatte das im Gewölbekeller der ehemaligen Abtei untergebrachte Museum noch Glück: Die Cour d'Honneur verfügt über eine leichte Steigung. Als das Wasser kam, machte es etwa 20 Meter vor dem Museumseingang Halt.
Im Gewölbekeller stand das Wasser dann allerdings doch 30 Zentimeter hoch – wohl durch den Rückstau. „Wir wissen nicht genau, wo das Wasser herkam, vielleicht war es Grundwasser“, sagt Alex Langini, Kurator des Abteimuseums. Durch die fast 2000-jährige Baugeschichte an dieser Stelle befinden sich viele undokumentierte Strukturen im Untergrund.
Eine Nacht stand das Wasser in dem Gewölbekeller – und zog sich dann plötzlich wieder zurück. Was blieb, war die Feuchtigkeit in den Mauern. Mitglieder des Museumsvereins brachten zwar die wertvollen Bücher und Faksimiles in Sicherheit, doch die verbliebenen Exponate fingen schnell an zu schimmeln.
„Hier liefen acht Bautrockner, die am Tag 160 Liter Wasser in ihren Tanks sammelten. Durch die Feuchtigkeit und die Wärme der Geräte verschimmelten Holzfiguren, Bilderrahmen, Modelle und die Mannequins“, erklärt Alex Langini.
Vom Schimmel befreit
Für 15 000 Euro befreite eine Restauratorin die Objekte vom Schimmel und behandelte sie mit einer chemischen Lösung. Außerdem mussten manche Vitrinen ersetzt und die beschädigte Elektrik erneuert werden. Für die Kosten kam das Kulturmuseum als Träger des Abteimuseums auf. Nach zehn Monaten Pause können die Besucher wieder die Ausstellung besichtigen (Öffnungszeiten: täglich von 10 bis 12 Uhr und von 14 bis 17 Uhr).
Auf fast 800 Quadratmetern erfahren sie viel über die Anfänge des von Willibrord Ende des 7. Jahrhunderts gegründeten Klosters, das mit seinem Skriptorium – eine Schreib- und Illustrationswerkstatt zur Herstellung von Büchern – europaweite Bedeutung erlangte. Aus der Zeit um 1030 stammt der Codex aures Epternacensis, ein reich verziertes und in Goldschrift geschriebenes Evangeliar. Eine originalgetreue Kopie des Buches ist im Abteimuseum ausgestellt, das Werk selbst ruht im Archiv des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg.
Qualvolle Arbeit
In einem Nebenraum des Museums sind zudem die Skelette zweier Mönche aus der Anfangszeit
des Klosters zu sehen. Ihre Wirbelsäulen weisen die typischen Haltungsschäden auf. „Bücher zu schreiben, war im Mittelalter eine langsame, qualvolle Arbeit. Die Mönche wussten schon als junge Männer, dass ihr Rücken, ihre Nieren und ihre Augen geschädigt werden und sie sich in ihrem späteren Leben kaum noch würden bewegen können“, sagt Alex Langini.
Ein Glanzstück der Ausstellung ist der Taschenkalender des Heiligen Willibrord mit einer Randnotiz, die der Klostergründer selbst an seinem 70. Geburtstag im Jahr 728 eingefügt hatte.
Die Bücher aus dem Echternacher Skriptorium sind heute in Museen in ganz Europa verstreut. Von der einst umfangreichen Bibliothek der Abtei sind nur wenige Bücher erhalten, denn 1794 plünderten französische Revolutionstruppen und Echternacher Bürger die Abtei und warfen die Bücher auf den Hof. „Dort sollten sie verbrannt werden, was glücklicherweise verhindert werden konnte. Doch so mancher nahm die kostbaren Werke mit nach Hause und nutzte sie, um den Ofen anzufachen oder Rechnungen zu schreiben“, erzählt Kurator Alex Langini.
Wir wissen nicht genau, wo das Wasser herkam. Alex Langini, Kurator