Renaissance der Raumfahrt
Recycelte Materialien und Brennstoffzellen-Hybrid – So will Renault den Scenic in die Zukunft führen
Renault und die Raumfahrt – das ist eine lange und erfolgreiche Geschichte. Schließlich haben die Franzosen erst den Espace als elitären Van für Besserverdiener etabliert und danach mit dem Scenic auch noch die Familienkutsche schlechthin präsentiert und Autos wie dem VW Touran oder dem Opel Zafira erst den Weg geebnet.
Fantasievolles Design
Doch so richtig viel Schwung haben die Vans nicht mehr. Stattdessen müssen sie zusehends den SUV weichen, weil die ähnlich variabel und nützlich sind, dabei aber nicht ganz so sehr nach Schwiegermutters Liebling aussehen. Den Modus hat Renault deshalb längst eingestellt, der Espace läuft demnächst aus und den Scenic gibt es aktuell nur noch in der Langversion.
Aber jetzt plant Renault eine Renaissance der Raumfahrt. Denn auf dem Weg zum elektrischen Vollsortimenter wollen die Franzosen nicht nur R4 und R5 an der Ladesäule wieder zum Leben erwecken, sondern auch den Scenic unter Strom setzen. Und damit das auch jeder glaubt, zeigen sie jetzt eine erste Studie, die 2024 genauso in Serie gehen soll – zumindest was das Außendesign angeht.
Das hat mit dem Van von einst allerdings nicht mehr viel gemein. Als direkter Konkurrent für den VW ID4 oder den Skoda Enyaq wird der nächste Scenic sehr viel bulliger, steht breiter auf der Straße, reckt seine Nase weiter in den Wind und duckt sich etwas tiefer.
Zwar ist die Studie zuallererst einmal ein Versprechen darauf, dass es auch künftig einen Scenic geben wird und an die Form sollen sich die Kunden schon mal gewöhnen. Doch wie bei jedem dieser Schaustücke haben Designer und Ingenieure auch hier ihrer Fantasie freien Lauf gelassen.
Auch das Innere mutet futuristisch an.
Zu 95 Prozent recycelbar
Das gilt für die nahezu freischwebenden Sessel genau wie für das Cockpit mit den Bildschirmen, die einzeln ins Armaturenbrett gesteckt sind wie Lego-Elemente und sich dem technischen Fortschritt folgend besonders leicht austauschen lassen. Das gilt für den neuen Bildschirm hinter dem Lenkrad und die Kameras im Bug, mit denen die Motorhaube teilweise transparent wird und das Sichtfeld des Fahrers um 24 Prozent wächst. Für den neuen Cocoon-Airbag, der die Insassen bei Gefahr einschließt wie ein Anzug aus Luft. Und vor allem gilt das für die Materialauswahl: Denn nicht nur die Konsolen und Bezüge sind aus nachwachsenden Rohstoffen oder recycelten Abfällen von Kanalrohren bis zu Milchflaschen hergestellt.
Sondern von der Batterie bis zur Karosserie sei das ganze Auto zu 95 Prozent recycelbar. „Wer es ernst meint mit der Nachhaltigkeit“, so der Tenor der Franzosen, „der darf beim Null-Emissions-Antrieb nicht Schluss machen.“
Strom für weitere 500 Kilometer
Apropos Antrieb: Auch da springt Renault ein Stück weiter, als es der aktuelle Baukasten für den elektrischen Mégane & Co hergibt. Die Studie fährt mit einem Brennstoffzellen-Hybrid. Das ermöglicht den Einsatz einer kleinen, deshalb billigeren und weniger rohstoffzehrenden Batterie, aus der ein 160 kW-Motor gespeist wird. Wenn deren 40 kWh nach wahrscheinlich kaum mehr als 250, allenfalls 300 Kilometer verbraucht sind, startet automatisch das Wasserstoff-Kraftwerk und produziert Strom für weitere 500 Kilometer. So kommt der Scenic in einem Rutsch von Marseille nach Paris und braucht auch danach nur familienfreundliche fünf Minuten, bis er wieder voll ist.
Ein besonders leicht individualisierbares Cockpit, optimierte Assistenzund neuartige Rückhaltesysteme, bessere Aussichten, eine Materialauswahl ohne schlechtes Gewissen und einen E-Antrieb ohne lästige Ladestopps – auch wenn der Scenic voller ernsthafter Ideen steckt, die weit über die Elektrifizierung hinaus gehen, dämpft Renault die Erwartungen an das Serienmodell.
Brennstoffzelle? Akku-Recycling? Ein Wagenboden aus alten Milchflaschen und aufblasbare Cocoon-Airbags? Alles in Arbeit, aber bis zur Markteinführung wohl noch lange nicht fertig. TG