„Bei jedem starken Regen werde ich nervös“
Nach der Hochwasser-Sanierung sind fast alle Geschäfte in der Rue de la Gare wieder geöffnet
Echternach. Ein knappes Jahr nach der Hochwasserkatastrophe, haben die meisten – wenn auch nicht alle – Geschäfte in der Rue de la Gare wieder geöffnet. Wer die einst belebte Einkaufsstraße entlanggeht, wird nicht mehr viel von den Wasserschäden sehen. Doch in einigen Mauern steckt immer noch die Feuchtigkeit.
Wer die Optik „Glasklar“betritt, bemerkt es an der Schwelle aus gelbem Sandstein: Die Treppenstufen sehen aus, als habe jemand einen Putzeimer ausgeschüttet. Zwar hat sich das Brillengeschäft mit dem Stuck an der Decke und dem Kronleuchter herausgeputzt, doch noch immer ist die Luft im Innenraum schwer. Dazu ist ein leichter Geruch von Heizöl wahrnehmbar.
„Es dauert noch ein bis zwei Jahre“
Beim Hochwasser war das Öl aus Heizungstanks in die Mauern gekrochen. Optiker Thomas Huybrecht muss einmal pro Stunde die Ladentür und die Fenster öffnen, um frische Luft hereinzulassen. Das wird wohl noch eine ganze Zeit so gehen. „Ein Bauingenieur hat uns gesagt, es wird noch ein bis zwei Jahre dauern, bis der Sandund der Kalkstein komplett trocken sein werden“, fasst er zusammen.
Sieben Monate liefen die Bautrockner in dem Geschäft, sodass der Betrieb während dieser Zeit in den ersten Stock umziehen musste. Die Geräte noch länger laufen zu lassen, würde technisch keinen Sinn mehr ergeben. Optiker Thomas Huybrecht ist schon froh, dass er wieder im Erdgeschoss der stark von Fußgängern frequentierten Einkaufsstraße seine Kunden bedienen kann. „Wir müssen noch einige Zeit mit der Feuchtigkeit leben. Wichtig ist aber, dass es jetzt bergauf geht“, meint er optimistisch.
Hundert Meter weiter in Richtung „Gare“drehen sich im „Kebab Grill Istanbul“wieder die Dönerspieße. Seit zehn Jahren betreibt Mehmet Yalcin sein Schnellrestaurant in der „Halergaass“, zuerst als Mieter, dann als Eigentümer des Ladenlokals. Einen Monat vor dem Hochwasser vom 15. Juli hatte er die Immobilie gekauft. 1,40 Meter hoch stand das Wasser der Sauer in dem Restaurant. Die gesamte gastronomische Ausstattung konnte er anschließend wegwerfen. „Die Kühltheke, Fritteusen, der Grill und der Kühlschrank – alles war nur noch Schrott“, sagt Mehmet Yalcin.
Auf 100 000 Euro schätzt er den Schaden, den das Hochwasser in seinem Kebab-Restaurant angerichtet hat. Enttäuscht ist er von den finanziellen Hilfen. Obwohl er gegen Naturkatastrophen versichert war, habe seine Versicherung nur einen „lächerlichen Betrag“gezahlt, sagt er. Vom Wirtschaftsministerium habe er bisher zwar eine Zusage für finanzielle Unterstützung erhalten, das Geld sei aber immer noch nicht ausbezahlt. „Zum Glück haben mir Freunde und meine Familie Geld für die neue Ausstattung geliehen, sonst hätte ich den Laden dicht machen können“, sagt der Restaurantbesitzer.
Jetzt kommt der Preisauftrieb
Schräg gegenüber bringt ein Lastwagen gerade einen Stapel Kartons für das asiatische Restaurant „Wang Chef“. Vier Monate hat Restaurantbesitzer Xiaoyou Wang Tag und Nacht gearbeitet, um die Hochwasserschäden zu beseitigen. Zwei Bautrockner liefen rund um die Uhr, Tische, Stühle und die Sushi-Bar musste er neu kaufen, dann kam die Wiedereröffnung. Bei ihm sind die staatlichen Hilfen angekommen. Geistig hat er das Hochwasser schon abgehakt, was ihm jetzt