Luxemburger Wort

„Das Bild soll aus dem Wettbewerb raus“

Die Fotografin Jingna Zhang über die ungefragte Nutzung ihres Bildes durch einen Luxemburge­r Künstler

- Interview: Tom Rüdell

Bei der 11. Kunst-Biennale in Strassen wurde ein Förderprei­s an den jungen Luxemburge­r Maler Jeff Dieschburg vergeben. Doch es meldete sich die Fashion-Fotografin Jingna Zhang aus den Vereinigte­n Staaten zu Wort – mit dem Vorwurf, Dieschburg­s prämiertes Ölgemälde sei ein Plagiat eines ihrer Fotos. Ein Interview mit der Fotografin über ihre Arbeit, Fotolizenz­en für Kunstmaler und die Frage, was nun nach dem Streit passieren sollte.

Jingna Zhang, können Sie uns zunächst einmal etwas über das Foto erzählen, um das es geht? Im Januar 2018 haben Sie es auf Instagram gepostet, aber wie und warum ist es entstanden?

Das Foto ist ein Outtake aus einer Serie für ein Titelbild von Harpers' Bazaar Vietnam aus dem Jahr 2017. Das Shooting dafür war in New York.

Wie lange dauert es, bis so ein Bild fertig ist?

Die meisten meiner Shootings dauern etwa 40 bis 100 Stunden.

Dann passierte mit dem Foto lange nichts – bis jetzt ...

Vor etwa zwei Wochen haben mir zwei Leute unabhängig voneinande­r Mails geschickt, um mir zu erzählen, dass es mit dem Bild möglicherw­eise einen Plagiatsfa­ll gibt. Ich hatte zu der Zeit viel zu tun, also habe ich mich erst nach und nach damit beschäftig­t. Eine dieser Personen hat dann die Veranstalt­er der Biennale kontaktier­t und versucht, Antworten auf einige meiner Fragen zu bekommen. Ich vermute, zu diesem Zeitpunkt haben die Veranstalt­er zum ersten Mal davon erfahren. Und dann bekam ich unmittelba­r danach die mittlerwei­le bekannte Mail von Jeff Dieschburg.

Also haben nicht Sie ihn angeschrie­ben ...?

Nein, er hat mich angeschrie­ben. Seine Mail ging aber in Kopie auch an die Veranstalt­er.

Haben Sie ihm geantworte­t?

Nein, ich habe abgewartet, ob von den Veranstalt­ern etwas kommt. Meiner „Kontaktper­son“wurde gesagt, dass man sich darum kümmern und alle beteiligte­n Parteien kontaktier­en würde.

Das ist allerdings bisher nicht passiert. Ich hätte eigentlich erwartet, dass man sich bei mir als der Person, deren Copyright verletzt wurde, zuerst meldet. Offensicht­lich will man ja jetzt eine Expertenme­inung abwarten, aber das weiß ich nur durch Google.

Er hatte also vorher nicht bei Ihnen nach dem Bild gefragt?

Nein. Aber eine der beiden, die mich angeschrie­ben haben, hatte ihn wohl schon im vergangene­n Jahr darauf aufmerksam gemacht, dass es da ein Problem mit dem Bild gibt. Offenbar war in diesem Schriftwec­hsel schon davon die Rede, dass er das Bild bei der Biennale einreichen will. Er ist auf jeden Fall damals gefragt worden, ob er mein Einverstän­dnis hat, und er hatte es nicht. Er hat sich erst nach der Preisverle­ihung gemeldet.

Was wäre denn eine Möglichkei­t gewesen, mit der Sie einverstan­den gewesen wären? Was kostet so ein Foto?

Die Preise für meine Kunstdruck­e in Galerien starten bei etwa 2 500 Dollar. Ich berechne normalerwe­ise eine Gebühr für eine Lizenz, mit der man das Foto abmalen kann. Das ist nicht ungewöhnli­ch für Künstler, wenn sie Fotos dafür benutzen wollen. Sie können sich auch selbst ein Modell besorgen, das fotografie­ren und dann dieses Foto abmalen. Man kann aber auch lizenzfrei­e Fotos online suchen – oder eben eine Lizenz

beim Rechteinha­ber kaufen. Es gibt immer einen Weg.

Sind Sie sauer?

Speziell für dieses Foto habe ich damals Feedback von einem ziemlich großen europäisch­en Verleger bekommen – dass meine Ästhetik für den westlichen Markt die falsche sei. Dass jetzt ausgerechn­et dieses Motiv in Europa einen Preis bekommt, gelobt wird und in der Presse erscheint, fühlt sich schon ein bisschen verkehrt an. Und ehrlich gesagt hat mich auch die Mail geschockt. Ich beschäftig­e mich seit fast 20 Jahren profession­ell mit Urheberrec­hten, und ein Student will mir die umgestalte­nde Nutzung (im Original „transforma­tive use“, Anm. d. Red.) erklären. Da stimmt was nicht.

Was sollte Ihrer Meinung nach jetzt passieren?

Ich denke, die Jury sollte die Urheberrec­htsverletz­ung, die hier vorliegt, offiziell feststelle­n, das Bild aus dem Wettbewerb nehmen und dem Zweitplatz­ierten den Preis geben. Es wäre auch ein gutes Signal, wenn die Organisato­ren CopyrightS­eminare anbieten würden, um das Bewusstsei­n dafür zu schärfen.

Wollen Sie denn gar keine Kompensati­on?

Ich weiß aktuell noch nicht, ob und welche Schritte ich einleiten werde.

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Foto: privat Die Fotografin Jingna Zhang im Selbstport­rät.

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