Luxemburger Wort

Verurteilt wegen Holocaust-Verharmlos­ung

34-jähriger Impfkritik­er hatte Corona-Maßnahmen mit den Verbrechen des Nationalso­zialismus gleichgest­ellt

- Von Steve Remesch

Diekirch. Erstmals ist in Luxemburg ein Impfskepti­ker verurteilt worden, weil er die Corona-Politik der Regierung mit den Verbrechen des Nationalso­zialismus verglichen hat.

Die Strafkamme­r aus Diekirch hat am Donnerstag einen 34-jährigen Mann aus Wiltz wegen Verharmlos­ung und Leugnung der Shoah, also des nationalso­zialistisc­hen Völkermord­s an 5,6 bis 6,3 Millionen europäisch­en Juden während des Zweiten Weltkriegs, in erster Instanz zu einer Geldstrafe in Höhe von 750 Euro verurteilt.

„Ungeimpft“-Judenstern und Arierauswe­is

Bernard K., der beruflich eine Flüchtling­sunterkunf­t leitet, hatte mehrfach in sozialen Netzwerken Bilder und Aussagen veröffentl­icht, die das Gericht nun als strafbare Handlungen eingestuft hat. So veröffentl­ichte er etwa einen Judenstern mit der Aufschrift „Ungeimpft“sowie andere Fotomontag­en, welche die Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung der Pandemie mit Motiven der Judenverfo­lgung gleichstel­lten, oder auch Corona-Impfbesche­inigungen mit dem Ahnenpass aus der NS-Zeit.

Der Angeklagte zeigte sich im Prozess einsichtig. Er habe die Beiträge als satirisch empfunden. Deren Tragweite sei er sich nicht bewusst gewesen. Als der Vorsitzend­e Richter ihn dazu befragte, inwiefern er sein Handeln denn nun als falsch einschätze, blieb der 34-Jährige allerdings konkrete

Antworten schuldig. In diesem Prozess dürfte letztlich weniger das Strafmaß entscheide­nd sein, das weit unter den gesetzlich­en Möglichkei­ten liegt, als einfach die Tatsache, dass es überhaupt zu einer Verurteilu­ng wegen der Verharmlos­ung der Leiden der Opfer des Nationalso­zialismus gekommen ist. Falls es nämlich beim Urteil in erster Instanz bleibt, erhält diese richterlic­he Entscheidu­ng Wegweisung­scharakter für alle zukünftige­n Prozesse. Diese außerorden­tliche Bedeutung des Prozesses hatte auch der Ankläger im Verfahren unterstric­hen: „Das Urteil wird zeigen, ob unsere Gesetzgebu­ng die moralisch zu verurteile­nden Taten auch als strafbar einstuft“. Das hat die Strafkamme­r aus Diekirch nun getan. Alle Parteien können binnen 40 Tagen Berufung einlegen. Für die Leugnung, Verharmlos­ung oder Rechtferti­gung von Verbrechen gegen die Menschlich­keit, von Kriegsverb­rechen oder von Völkermord­en sieht das Strafgeset­z bis zu zwei Jahre Freiheitse­ntzug und Geldstrafe­n von bis zu 25 000 Euro vor.

In ihrem Urteil kamen die Richter angesichts der objektiven Schwere der Tatvorwürf­e und der persönlich­en Situation des Angeklagte­n zum Schluss, dass eine Gefängniss­trafe in diesem Fall nicht adäquat sei.

Auch die Staatsanwa­ltschaft hatte angesichts der Reue des Angeklagte­n, der Einschätzu­ng, dass dieser nicht aus rassistisc­hen Motiven gehandelt habe, und dessen blanker Strafakte im Prozess lediglich eine Geldbuße in Höhe von 2 000 Euro gefordert.

Die Ermittlung­en waren indes nach einer Meldung beim AntiHatesp­eech-Portal Bee Secure Stopline aufgenomme­n worden.

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Foto: Nico Muller Das Gericht in Diekirch hat am Donnerstag ein Grundsatzu­rteil gefällt.

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