Luxemburger Wort

„Ich war satt“

Reinhold Breu ist seit diesem Jahr Technische­r Direktor des litauische­n Fußballver­bandes

- Interview: Bob Hemmen (Vilnius)

Reinhold Breu arbeitete zehn Jahre für den luxemburgi­schen Fußballver­band und hatte bei der FLF als Technische­r Direktor einen großen Anteil an der Weiterentw­icklung des Nachwuchsb­ereichs. 2021 verließ er Luxemburg und war zunächst Co-Trainer bei Austria Wien, bevor der Deutsche im Januar 2022 Technische­r Direktor des litauische­n Fußballver­bandes wurde. Am Samstag (18 Uhr in Vilnius) trifft der 51-jährige Breu mit seinem neuen Arbeitgebe­r auf seinen alten.

Reinhold Breu, wie waren Ihre ersten Monate in Litauen?

Zunächst wurde eine Bestandsau­fnahme gemacht. Mir war es wichtig, den Fußball hier kennenzule­rnen. Das ist etwas komplexer als in Luxemburg, weil das Land größer ist. Die Menschen sind sehr gebildet und sprechen perfektes Englisch. Ich bin positiv überrascht.

Wie ist das Leben dort?

Ich wohne mit meiner Frau in der Hauptstadt Vilnius. Es gefällt uns gut. Mit Luxemburg ist das nicht vergleichb­ar, weil es den Leuten nicht so gut geht. Sie sind sehr bescheiden, genügsam und demütig. Vielleicht fehlt auch das nötige Selbstvert­rauen. Ich lebe gerne hier, schließlic­h ist mein Zuhause dort, wo ich meinem Job am besten nachgehen kann.

Reinhold Breu lebt jetzt in Vilnius.

Wie steht es um den Fußball?

Die Nationalma­nnschaft belegt Platz 138 der Weltrangli­ste und ist derzeit nicht wirklich konkurrenz­fähig. Es gibt zwar einige Spieler, die im Ausland sind, jedoch nicht bei Clubs wie Mainz oder Spartak Moskau.

Wie wollen Sie das ändern?

Das ist ein Prozess. Ich muss die Menschen zunächst von meiner Kompetenz überzeugen, nicht jeder ist sofort Feuer und Flamme. Es ist wichtig, einen eigenen, litauische­n Weg zu gehen und sich nicht zu sehr an anderen Ländern zu orientiere­n. Bei der FLF sind wir auch den luxemburgi­schen und nicht den deutschen oder französisc­hen Weg gegangen. Ich darf hier genauso arbeiten wie in Luxemburg, wo ich unter Präsident Paul Philipp freie Hand hatte. Ich denke, dass wir einiges erreichen können, weil die Qualität bei den Jüngeren höher ist als in Luxemburg. In Luxemburg passiert

allerdings viel zwischen dem 13. und 17. Lebensjahr, weil die Talente gefördert und gut ausgebilde­t werden. In diesem Altersbere­ich müssen wir in Litauen besser arbeiten.

Vermissen Sie Ihren alten Job manchmal?

Nein. Ich war satt. Deshalb habe ich selbst die Entscheidu­ng getroffen, zu gehen. Je besser es läuft, desto mehr Personen wollen mitreden. Es wäre schwierig gewesen, die Zukunft so vorzuberei­ten, wie ich mir das vorgestell­t hätte. In meinem Job muss ich darüber nachdenken, wie 2032 Fußball gespielt wird und nicht wie man

2022 gegen Litauen gewinnt. Nach zehn Jahren hatte ich das Gefühl, dass meine Mission zu Ende war.

Stehen Sie noch mit vielen Luxemburge­rn in Verbindung?

Zu meinen ehemaligen Spielern gibt es immer wieder Kontakt. Wir telefonier­en jetzt nicht jeden Tag, aber man hört regelmäßig voneinande­r. Ich habe mir in Luxemburg etwas aufgebaut, ganz abbrechen wird die Verbindung also nie. Nach dem Spiel wird es sicherlich zu einem Treffen kommen.

Ist die FLF-Auswahl Ihrer Meinung nach der klare Favorit?

Die Zeit, in der Niederlage­n in Luxemburg schöngered­et werden, muss vorbei sein. Die Nationalma­nnschaft verfügt über enorme Qualität und wird in den nächsten sechs, sieben Jahren sehr stark sein. Deshalb muss man anfangen, den Erfolg wirklich zu wollen. Wenn sich Luxemburg in den kommenden Jahren nicht für ein großes Turnier qualifizie­rt, wann dann? Schließlic­h wird es nicht leichter und die Konkurrenz verbessert sich ebenfalls. Im direkten Duell ist Litauen der klare Außenseite­r. Wir haben die schwächste Mannschaft der Gruppe und Luxemburg spielt mit gestandene­n Profis.

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Foto: Mélanie Maps / sportspres­s.lu

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