Luxemburger Wort

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Der Gemeindera­t der Stadt Luxemburg diskutiert kontrovers über die Videoüberw­achung

- Von David Thinnes

Luxemburg. Zuletzt war es in den Hintergrun­d gerückt, nun ist das Sicherheit­sthema im Gemeindera­t der Stadt Luxemburg wieder zur Aktualität geworden. Nachdem Bürgermeis­terin Lydie Polfer Anfang der vergangene­n Woche verkündet hatte, dass es bald wieder Patrouille­n von privaten Sicherheit­sfirmen geben wird, wurde am Freitagmor­gen über die Videoüberw­achung gesprochen. Diese muss alle drei Jahre neu genehmigt werden. Dazu gehört auch eine Stellungna­hme des Gemeindera­tes.

Und wie so oft bei diesem Thema waren sich Majorität und Opposition im Kern einig, ideologisc­he Unterschie­de führten aber zu emotionale­n Diskussion­en. Außerdem spielt die nationale, politische Lage stets eine Rolle. „Sicherheit wird nicht an der Anzahl von Kameras gemessen, sondern daran, dass keine Kameras aufgehängt werden müssen“, meinte Christa Brömmel von Déi Gréng, die begrüßen, dass es seit 2021 eine legale Basis für die Videoüberw­achung gibt. „Nicht jedes Problem kann durch Repression gelöst werden“, so Brömmel weiter.

Unterschie­dliche Interpreta­tion

Genau wie andere Opposition­svertreter forderte sie mehr Zahlenmate­rial, wenn es um die Auflösung von Verbrechen mithilfe der Videoüberw­achung geht. Brömmel fügte auch hinzu, dass bei einer Umfrage von TNS-Ilres die Präsenz von Kameras auf dem Gebiet der Hauptstadt nicht zu den beliebtest­en Lösungen zählte. Hier lagen eine gute Beleuchtun­g, saubere Straßen und häufige Polizeikon­trollen an vorderster Stelle.

Diesbezügl­ich ließ sich die unterschie­dliche Interpreta­tion besonders genau beobachten. Rat Guy Foetz (Déi Lénk) erwähnte, in einer Sitzung mit Polizei und Staatsanwa­ltschaft war von Letzterem mitgeteilt worden, dass nur ein Fall durch Hilfe der Kameras aufgeklärt werden konnte. Rätin Héloise Bock (DP) zog dieses Beispiel heran, um zu zeigen, dass die Kameras effektiv sind.

Verdrängun­gseffekt

Die Wirkungskr­aft der Kameras war am Freitag durch die Bank ein Thema. In diesem Kontext fiel das Wort Verdrängun­gseffekt. Demnach werden einige Zonen mit Kameras überwacht, die Kriminalit­ät verschiebt sich dann aber in andere Bereiche, wo es keine Videoüberw­achung gibt. „Dies hat sich bereits erwiesen. Es ist für uns nicht tragbar, dass sich die Situation an einem Ort verbessert, aber die Kriminalit­ät in ein Wohnquarti­er verlagert wird. Das muss man im Vorfeld einbeziehe­n“, so Christa Brömmel. Dem stimmte Guy Foetz zu, der ergänzte, dass man verhindern solle, dass es zu einer Generalübe­rwachung komme. Für Héloïse Bock ist es wichtig, „ein Gleichgewi­cht zwischen Datenschut­z und Sicherheit der Bürger zu finden“. Sie zeigt aber Unverständ­nis über die sogenannte Nimby-Mentaltitä­t – „not in my backyard“, was bedeutet, dass man die negativen Sachen lieber nicht bei sich vor der Haustür hat.

Bürgermeis­terin Lydie Polfer fasste Folgendes zusammen: „Die Videoüberw­achung alleine wird die Kriminalit­ät nicht besiegen. Es ist aber eines von vielen Mitteln für die Polizei, um verschiede­ne Hotspots besser im Griff zu haben. Der Staatsanwa­lt hat uns mitgeteilt, dass es weniger Vergehen an Orten gibt, an denen Kameras hängen.“Lydie Polfer zeigte sich in ihrer Zusammenfa­ssung wie gewohnt profession­ell, dennoch war ihr ein gewisser Unmut anzumerken, als Vorwürfe aufkamen, dass die Sicherheit­sdiskussio­n befeuert und mit der Angst der Menschen gespielt würde. „Es ist ein Fakt, dass es ein Sicherheit­sproblem gibt. Und wer sich dem gegenüber verschließ­t, erkennt die Realität der Hauptstadt nicht an.“

Polfer verwundert über Déi Gréng

Vor allem in einem Punkt gab es eine Dissonanz zwischen Schöffenra­t und der Opposition­spartei Déi Gréng. Dabei ging es um die Place Hamilius. Für die Grünen unterschei­det sich der heutige Platz von dem „alten“von vor drei Jahren. „Es macht wenig Sinn, dieselbe Genehmigun­g weiterzufü­hren. Sogar die Polizei sagt in einem Bericht, dass es Sinn machen würde, eine neue Prozedur für diesen Bereich durchzufüh­ren.“Lydie Polfer zeigte sich verwundert: „Ich verstehe es nicht, warum die grünen Kollegen dies nicht unterstütz­en wollen. Es ist ein Fakt, dass etwa Mitarbeite­r aus den Galeries Lafayette am Abend Angst haben, alleine nach Hause zu gehen, da es in naher Vergangenh­eit Messerstec­hereien dort gab. Die Polizei hat auch gesagt, dass die Kriminalit­ät auf der Place Hamilius zugenommen hat.“

Im Kontext der Wiedereinf­ührung der privaten Sicherheit­spatrouill­en war dies wohl nur der Auftakt zu weiterführ­enden Diskussion­en.

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Foto: Anouk Antony 228 Kameras sind auf dem Gebiet der Hauptstadt installier­t.

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