Gleiches Geld für alle
EuGH: Österreich muss diskriminierende Kindergeldregeln ändern
Luxemburg. Die Kindergeldregeln in Österreich verstoßen nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs gegen EU-Recht. Nun drohen dem Land Nachzahlungen. Hintergrund des Urteils ist, dass Ausländer dort unter bestimmten Umständen weniger Kindergeld bekommen als Österreicher. Betroffen sind Arbeitnehmer, deren Kinder sich permanent in einem anderen Mitgliedstaat aufhalten. Österreich koppelt die staatlichen Zahlungen seit einiger Zeit an die dortigen Lebenshaltungskosten. „Dieser Mechanismus stellt eine ungerechtfertigte mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit von Wanderarbeitnehmern dar“, teilte das oberste Gericht der EU gestern mit.
Mit der Entscheidung gab der EuGH einer sogenannten Vertragsverletzungsklage der EU-Kommission statt. Falls Österreich dem Urteil nicht nachkommt, kann die Kommission erneut klagen und eine Geldstrafe beantragen. Die aktuelle Koalition zwischen ÖVP und Grünen hat bereits für ein negatives EuGH-Urteil vorgesorgt und 220 Millionen Euro für mögliche Kindergeld-Rückzahlungen beiseitegelegt.
Einstiges Prestigeprojekt von ÖVP/FPÖ-Koalition
Die Kindergeld-Regelung aus dem Jahr 2019 galt als Prestigeprojekt der damaligen Koalitionsregierung zwischen konservativer ÖVP und rechter FPÖ. Die Anpassung führte zu mehr Kindergeld, wenn Kinder etwa in Großbritannien oder Irland lebten. Die Zahlungen für Kinder in Rumänien beispielsweise wurden dagegen mehr als halbiert.
Wie die österreichische Nachrichtenagentur APA berichtete, hieß es zuletzt aus dem Familienministerium in Wien, man sei „für alle etwaigen Rechtsfolgen durch das Urteil des Gerichtshofs vorbereitet“. Seit Einführung der neuen Regelung hat Österreich in den vergangenen drei Jahren bei der Auszahlung von Kindergeld in Ländern der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums jeweils 62 Millionen, 104 Millionen und 141 Millionen Euro eingespart, teilte ein Sprecher von Familienministerin Susanne Raab vor der Urteilsverkündung mit.
Begründet hatte der EuGH seine Entscheidung unter anderem damit, dass die vom abweichenden Kindergeld betroffenen Wanderarbeitnehmer
zum Großteil aus Staaten kämen, in denen die Lebenshaltungskosten niedriger seien als in Österreich, was zu weniger Unterstützung führe. Die Betroffenen zahlten aber in gleicher Weise wie ein inländischer Arbeitnehmer Sozialabgaben und beteiligten sich damit ebenso an der Finanzierung der Beiträge. Dabei komme es im Gegensatz zur Auszahlung der Gelder nicht auf den Wohnort der Kinder an. dpa