Soldaten statt Schecks
Luxemburg will bis 2028 ein Prozent in seine Verteidigung investieren
Sie werden nicht mit leeren Händen nach Madrid reisen: Premierminister Xavier Bettel (DP), Außenminister Jean Asselborn (LSAP) und Armeeminister François Bausch (Déi Gréng), die Luxemburg kommende Woche beim NATO-Gipfel in der spanischen Hauptstadt vertreten. Und die ihren NATO-Partnern schwarz auf weiß darlegen dürfen, wie das Großherzogtum seine Ausgaben für Armee und Verteidigung bis 2028 auf ein Prozent seines Bruttoinlandproduktes (BIP) steigern will.
0,39 Prozent in 2013
Ein Prozent – das ist immer noch weit entfernt von jenen zwei Prozent, auf die sich der NATO-Gipfel 2014 im Zuge der russischen Annexion der Krim verständigt hat, um die Wehrhaftigkeit des Militärbündnisses zu gewährleisten. Acht Jahre und einen neuerlichen territorialen Übergriff Russlands später stehen nun insbesondere jene Mitglieder des Nordatlantikpaktes unter Druck, die es bis mit der Annäherung an die Zwei-Prozent-Marke bis dato nicht so ernst gemeint haben.
So wie Luxemburg. Zwar ist der „effort de défense“seit 2013 kontinuierlich gestiegen – von damals 0,39 Prozent gemessen am BIP auf 0,71 Prozent oder 573 Millionen Euro im kommenden Jahr. Doch seit dem 24. Februar und dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine steht das NATO-Land Luxemburg unter Zugzwang.
„Wir müssen der veränderten Sicherheitslage Rechnung tragen und zeigen, dass wir ein zuverlässiger Partner sind“, erläutert Armeeminister François Bausch den Ausgabenplan bis 2028, mit dem das Ein-Prozent-Ziel angepeilt wird, was nach heutigen Berechnungen 994 Millionen Euro sind.
Gleichsam wiederholt der Minister, der den Investitionsplan gestern vor dem zuständigen Chamberausschuss präsentierte, dass es mit einem rein finanziellen Vorgehen nicht getan sei: „Es geht nicht nur darum, Geld auszugeben“, steht für ihn fest, dass die anstehenden Anstrengungen zwei Kriterien entsprechen müssen: realistisch sein und realisierbar.
Keine Politik mit dem Scheckheft Denn weiterhin bleibt der Grünen-Minister davon überzeugt, dass das Zwei-Prozent-Ziel für Luxemburg weder realistisch noch realisierbar sei – nicht zuletzt aufgrund seines vergleichsweise hohen BIP.
Bei den Berechnungen bis 2028 ist dem Minister wichtig, dass die Vorgaben nicht mit dem Scheckheft eingelöst werden, denn: Es werde schon erwartet, dass jedes Land Menschen und Material bereit stelle.
Diesem Anspruch will Luxemburg gerecht werden, indem die Stärken der luxemburgischen Armee ausgespielt werden. Bausch nennt die Bereiche Aufklärung, Transport und Logistik (z. B. die A400-, MRTT- und Awacs-Programme), Weltraum (z. B. Satellitentechnologie) und Cybersecurity. In diesen Bereichen sollen „nachhaltig“und „progressiv“Fortschritte gemacht werden.
„Ermesinde“und das Bataillon Ein Hauptaugenmerk gilt dabei der NATO-Hausaufgabe, in den kommenden Jahren gemeinsam mit Belgien ein Bataillon auf die Beine zu stellen, mit einer Mannstärke von 600 bis 800 Soldaten. Allein um diese Aufgabe zu lösen, wird die luxemburgische Armee rund 100 weitere Soldaten benötigen. Zurzeit beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe – „Ermesinde“– mit der Umsetzung, wobei erste Ideen in einem Jahr vorliegen sollen.
Für General Steve Thull ist es wichtig, dass dafür jener Gesetzentwurf, der die Armee für weitere Laufbahnen (A2 und B1) öffnet, den Instanzenweg zügig durchläuft. „Wir benötigen immer mehr diversifizierte Profile und mit dem neuen Gesetz können wir in allen Ausbildungsstufen rekrutieren“, betont der Armeechef die Bedeutung dieser gesetzlichen Anpassung. Noch aber lässt das Gutachten des Staatsrates auf sich warten; das Gesetzprojekt wurde vor einem Jahr hinterlegt.
Doch nicht allein die Rekrutierung erfordert legislative Anpassungen; bei der Direction de la Défense geht man davon aus, dass rund 15 Finanzierungsgesetze bis 2028 überarbeitet werden müssen, soll das Ein-Prozent-Ziel erreicht werden. Noch vor Ende dieser Legislaturperiode sollen bei der Renovierung des Munitionsdepots in Waldhof und des Schießstandes im Bleesdall Nägel mit Köpfen gemacht werden.
Ob die Ein-Prozent-Hürde geschafft werde, hänge letztlich auch von jenen Partnern ab, mit denen man zusammenarbeite, unterstreicht Minister Bausch und stellt vor diesem Hintergrund klar, dass die Zielsetzung nicht in Stein gemeißelt sei.
Bei der NATO, wo längst ein Richtungsstreit zwischen den Mitgliedern darüber entbrannt ist, ob die zwei Prozent ein Minimalziel darstellen oder bloß eine budgetäre Richtung vorgeben, will der Armeeminister für ein Überdenken dieser Vorgabe plädieren – weil sie letztlich nichts über die Qualität der kollektiven Sicherheit aussage.
Es geht nicht nur darum, Geld auszugeben. François Bausch, Armeeminister