Luxemburger Wort

Eroberung oder Referendum

Man sollte Russland beim Wort nehmen, um den Krieg so schnell wie möglich zu beenden

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Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Lage im Donbass sehr schwierig. Wenn die schweren Waffen, welche die Ukrainer fordern, noch lange auf sich warten lassen, kann es den Russen gelingen, den prorussisc­hen Teil zu erobern.

Leben wir in der Ära eines Alexanders des Großen, eines Napoleon Bonaparte, oder im 21. Jahrhunder­t? Krieg ist hier und heute ein Anachronis­mus: Primitive Völker glaubten an einen Kriegsgott. Später war es der Gott Israels oder der Christen-Gott, der demjenigen zum Sieg verhalf, der als rechtmäßig anzusehen war. An der Spitze eines Gebietes stand der Landesherr, meistens ein König oder Kaiser

„nach Gottes Gnaden“. Oft betrachtet­e er das seiner Herrschaft unterstell­te Land als sein Eigentum, als das seiner Familie und seiner Nachkommen. Das war nun eben der europäisch­e Entwicklun­gsweg. Seit der Französisc­hen Revolution liegt die Souveränit­ät beim Volk. Die demokratis­ch gewählte Regierung soll alles in rechten Bahnen leiten und für das Wohlbefind­en der Bevölkerun­g sorgen.

Die Krim wurde nach einem Referendum in die Russische Föderation aufgenomme­n. Ob diese Volksabsti­mmung nun korrekt ablief oder nicht, vom Prinzip her liegen die Russen damit richtig. Da

Frau Merkel, Wolodimir Selenskyj und die EU ihre Annexion nicht anerkannte­n, sagten sie sich: „Wenn man im Westen diese Sprache nicht versteht, sprechen wir eine andere, dann sollen die Waffen entscheide­n.“Der Einsatz der Waffen muss sich jedoch lohnen, daher geht es ihnen nun nicht mehr nur darum, die Krim als die ihrige anerkannt zu sehen, sondern auch einen Verbindung­sstreifen dorthin zu gewinnen, und, sollte der Krieg weiter andauern, noch viel mehr dazu.

Dies ist kein Plädoyer für Russland, ich möchte nur, dass in der EU umgedacht wird. Vorrangig sind die Sanktionen gegen Russland

zu lockern, damit das beschlagna­hmte Getreide frei gegeben wird. Dimitri Medwedew hat in Luxemburg behauptet, die Russen hätten „eine genetische Abneigung gegen Krieg“. Nun, dann soll er beim Wort genommen werden, um schnellste­ns ein Ende der kriegerisc­hen Auseinande­rsetzung herbeizufü­hren.

Vielleicht muss über Selenskyj Kopf hinweg verhandelt werden. Denn der ukrainisch­e Präsident ist bereit, jeden Tag hundert Mann zu opfern, um den Krieg zu gewinnen, hat aber bisher nur erreicht, dass er andauert.

Romaine Berens, Dondelange

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