Raus aus dem toten Winkel
Vor den Chamberwahlen: Caritas thematisiert Sorgen der Menschen am Rand der Gesellschaft
Einzelne Parteien befinden sich bereits im Wahlkampfmodus, mit neuem Logo (CSV), neuer Parteispitze (DP) oder designiertem Spitzenkandidaten (Fokus). Als erster Akteur aus der Zivilgesellschaft stellte die Caritas gestern ihren Forderungskatalog an die Parteien vor, aufgegliedert in neun Schwerpunktthemen mit rund 57 konkreten Ideen.
Der Grundgedanke
„Wir verstehen uns als Sprachrohr jener Menschen am Rand der Gesellschaft, die keine Stimme haben“, beschreibt Marie-Josée Jacobs den Grundgedanken des Forderungskatalogs.
Dieser enthalte gezielte Maßnahmen, die rasch umgesetzt werden können, erwartet sich die Caritas-Präsidentin, dass die Vorschläge des Sozialverbandes Einzug in die Wahlprogramme und, im Idealfall, auch in das nächste Regierungsprogramm halten. Dabei unterstreicht Generaldirektor Marc Crochet, dass die Forderungen heute bereits ihre Gültigkeit hätten: „Sie enthalten Elemente, an denen sich die Parteien schon heute inspirieren können.“
Die Reduzierung der Armut, die Reduzierung der Obdachlosigkeit, der Zugang zu erschwinglichem Wohnraum, die Bekämpfung des Phänomens der Working Poor, das hierzulande rund neun Prozent der Vollzeitbeschäftigten betrifft, die Bekämpfung der Kinderarmut – „Die Jungen von heute dürfen nicht die Armen von morgen sein“, mahnt Marie-Josée Jacobs -, eine koordinierte Asyl- und Migrationspolitik, eine effiziente internationale Zusammenarbeit, eine sozial gerechte Klimapolitik sowie die Vermeidung der digitalen Ausgrenzung sind die neun großen Sozialfelder,
die die Parteien nach Dafürhalten der Caritas bestellen müssen.
Beispiel Armut. Der Wohlfahrtsverband spricht sich für eine tiefgreifende Studie der bestehenden Umverteilungsmechanismen aus, plädiert für eine Überarbeitung des Revis und eine Anhebung des Mindestlohnes und gibt zu bedenken, dass sich immer noch viele Menschen nicht zurechtfinden würden, welche Zuwendungen sie in Anspruch nehmen können. Carole Reckinger, die die politischen Aktionen der Caritas koordiniert, weist mit Blick auf die Kinder und Jugendlichen darauf hin, dass es nicht nur um materielle Armut gehe, sondern auch um emotionale Armut. Letztlich fehle jedoch weiterhin eine Studie, die sich den ärmsten Kindern widme und auf deren Grundlage, man gezielt handeln könnte, bedauert sie.
Die fehlenden Studien
Die Caritas-Verantwortlichen weisen denn auch auf eine Problematik hin, die die Umsetzung gezielter Maßnahmen erschwert: In Luxemburg fehlt es eben oft an den erforderlichen Studien. Der Fokus werde auf die großen Zahlen gelegt, gibt Crochet zu bedenken – und die Minorität werde im toten Winkel nicht wahrgenommen, ergänzt Carole Reckinger. Beide erklären diesen Umstand mit der fehlenden Bereitschaft, genau hinzuschauen. Stattdessen würden generell gültige Lösungen formuliert, die die wirklich Bedürftigen nicht erreichen würden.
Immerhin soll in absehbarer Zeit nun eine Volkszählung der Obdachlosen gemacht werden, eine langjährige Forderung der Caritas.