Luxemburger Wort

Wie die USA die Gesundheit von Afrikaneri­nnen riskieren

Dass der amerikanis­che Oberste Gerichtsho­f das Abtreibung­srecht gekippt hat, könnte sich selbst in Afrika verheerend auswirken

- Von Markus Schönherr (Kapstadt)

Der Generaldir­ektor der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO), Tedros Ghebreyesu­s, hat nach dem umstritten­en US-Abtreibung­surteil einen „Rückschlag“für Frauen auf der ganzen Welt verurteilt. Etliche Länder könnten dem Beispiel der USA folgen. Dort hatte das höchste Gericht ein generelles Abtreibung­srecht gekippt. Nun äußerte Tedros vor Journalist­en ernste „Sorge“über die weltweiten Auswirkung­en der US-Politik: „Einschränk­ungen treiben Frauen und Mädchen in unsichere Abtreibung­en, die Komplikati­onen bis hin zum Tod nach sich ziehen.“

„Abtreibung noch am selben Tag“. „Schmerzfre­i“. „Schon ab 200 Rand [12 €]“. So lauten einige der Plakate, die in südafrikan­ischen Townships auf Laternenpf­ählen und Münztelefo­nen kleben. In der Kap-Republik boomen sogenannte „Hinterhof-Abtreibung­en“, also illegale Schwangers­chaftsabbr­üche, durchgefüh­rt von selbst ernannten Ärzten, die das Leben von Frauen gefährden. Jetzt herrscht Sorge unter Beobachter­n: Sie fürchten, dass das Richterurt­eil in den USA die Praxis gefährlich­er Abtreibung­en in ganz Afrika vorantreib­en könnte.

Breitgefäc­herte Folgen

„Strategien und Entscheidu­ngen, die in den USA getroffen werden, hallen durch die ganze Welt und ziehen oft breitgefäc­herte Folgen nach sich“, schrieben Wissenscha­ftler des African Population & Health Research Centres (APHRC) in Kenia vor dem Schock-Urteil des Supreme Courts.

Ihnen zufolge „inspiriere“die neue US-Politik vor allem afrikanisc­he Regierunge­n, die bereits einen konservati­ven Kurs bei der

Der WHO-Direktor Tedros Ghebreyesu­s ist besorgt.

Reprodukti­onsgesundh­eit fahren. „Das Urteil aus den USA unterstütz­t afrikanisc­he Entscheidu­ngsträger, die es ablehnen, Frauen die Wahl zu lassen. Sie könnten es nutzen, um Frauen ungeachtet ihrer Rechte den Zugang zu lebenswich­tiger Gesundheit­sversorgun­g zu verwehren.“

Um den Einfluss der US-Politik auf Afrikas Gesundheit­ssysteme zu verdeutlic­hen, verweisen die Forscher aus Nairobi auf die „Gag rule“, auf Deutsch etwa „Knebelerla­ss“. Das US-amerikanis­che Gesetz verbietet es Gesundheit­sorganisat­ionen, die US-Hilfsgelde­r beziehen, Abtreibung­en durchzufüh­ren oder Frauen dahin gehend zu beraten.

Erfolge in Gefahr

Dabei sind vor allem in Afrika viele gemeinnütz­ige Kliniken auf die Förderunge­n aus Amerika angewiesen. Die „Gag rule“gilt als eines der Lieblingsg­esetze der republikan­ischen Außenpolit­ik. Entspreche­nd kippte Joe Biden das umstritten­e Verbot nach seinem Amtsantrit­t.

In vielen afrikanisc­hen Ländern feierten Frauenrech­tler in den vergangene­n Jahren Erfolge in puncto Abtreibung­srechte. Das USUrteil, das ein generelles Recht auf Schwangers­chaftsabbr­uch außer Kraft setzt, sehen sie als Rückschrit­t. In Südafrika ist dieses Recht in der Verfassung verankert.

Doch selbst hier wittern Beobachter durch das US-Urteil eine „politische Gefahr“für Frauen und deren Recht auf Selbstbest­immung. „Konservati­ve Politgrupp­en könnten dies als Gelegenhei­t wahrnehmen, um rund um AntiAbtrei­bungs-Themen zu mobilisier­en und Einfluss zu gewinnen“, heißt es vom südafrikan­ischen Gesundheit­smagazin Bhekisisa.

Bereits jetzt treiben gesellscha­ftliche Verurteilu­ng und ein Stigma rund um das Thema Südafrikan­erinnen in die Hände der Hinterhof-Ärzte. Das bezahlen sie nicht selten mit ihren Leben.

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Foto: AFP

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