Wie die USA die Gesundheit von Afrikanerinnen riskieren
Dass der amerikanische Oberste Gerichtshof das Abtreibungsrecht gekippt hat, könnte sich selbst in Afrika verheerend auswirken
Der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Ghebreyesus, hat nach dem umstrittenen US-Abtreibungsurteil einen „Rückschlag“für Frauen auf der ganzen Welt verurteilt. Etliche Länder könnten dem Beispiel der USA folgen. Dort hatte das höchste Gericht ein generelles Abtreibungsrecht gekippt. Nun äußerte Tedros vor Journalisten ernste „Sorge“über die weltweiten Auswirkungen der US-Politik: „Einschränkungen treiben Frauen und Mädchen in unsichere Abtreibungen, die Komplikationen bis hin zum Tod nach sich ziehen.“
„Abtreibung noch am selben Tag“. „Schmerzfrei“. „Schon ab 200 Rand [12 €]“. So lauten einige der Plakate, die in südafrikanischen Townships auf Laternenpfählen und Münztelefonen kleben. In der Kap-Republik boomen sogenannte „Hinterhof-Abtreibungen“, also illegale Schwangerschaftsabbrüche, durchgeführt von selbst ernannten Ärzten, die das Leben von Frauen gefährden. Jetzt herrscht Sorge unter Beobachtern: Sie fürchten, dass das Richterurteil in den USA die Praxis gefährlicher Abtreibungen in ganz Afrika vorantreiben könnte.
Breitgefächerte Folgen
„Strategien und Entscheidungen, die in den USA getroffen werden, hallen durch die ganze Welt und ziehen oft breitgefächerte Folgen nach sich“, schrieben Wissenschaftler des African Population & Health Research Centres (APHRC) in Kenia vor dem Schock-Urteil des Supreme Courts.
Ihnen zufolge „inspiriere“die neue US-Politik vor allem afrikanische Regierungen, die bereits einen konservativen Kurs bei der
Der WHO-Direktor Tedros Ghebreyesus ist besorgt.
Reproduktionsgesundheit fahren. „Das Urteil aus den USA unterstützt afrikanische Entscheidungsträger, die es ablehnen, Frauen die Wahl zu lassen. Sie könnten es nutzen, um Frauen ungeachtet ihrer Rechte den Zugang zu lebenswichtiger Gesundheitsversorgung zu verwehren.“
Um den Einfluss der US-Politik auf Afrikas Gesundheitssysteme zu verdeutlichen, verweisen die Forscher aus Nairobi auf die „Gag rule“, auf Deutsch etwa „Knebelerlass“. Das US-amerikanische Gesetz verbietet es Gesundheitsorganisationen, die US-Hilfsgelder beziehen, Abtreibungen durchzuführen oder Frauen dahin gehend zu beraten.
Erfolge in Gefahr
Dabei sind vor allem in Afrika viele gemeinnützige Kliniken auf die Förderungen aus Amerika angewiesen. Die „Gag rule“gilt als eines der Lieblingsgesetze der republikanischen Außenpolitik. Entsprechend kippte Joe Biden das umstrittene Verbot nach seinem Amtsantritt.
In vielen afrikanischen Ländern feierten Frauenrechtler in den vergangenen Jahren Erfolge in puncto Abtreibungsrechte. Das USUrteil, das ein generelles Recht auf Schwangerschaftsabbruch außer Kraft setzt, sehen sie als Rückschritt. In Südafrika ist dieses Recht in der Verfassung verankert.
Doch selbst hier wittern Beobachter durch das US-Urteil eine „politische Gefahr“für Frauen und deren Recht auf Selbstbestimmung. „Konservative Politgruppen könnten dies als Gelegenheit wahrnehmen, um rund um AntiAbtreibungs-Themen zu mobilisieren und Einfluss zu gewinnen“, heißt es vom südafrikanischen Gesundheitsmagazin Bhekisisa.
Bereits jetzt treiben gesellschaftliche Verurteilung und ein Stigma rund um das Thema Südafrikanerinnen in die Hände der Hinterhof-Ärzte. Das bezahlen sie nicht selten mit ihren Leben.