Luxemburger Wort

Vorinstall­ierter Partner aus der Fabrik

Maria Schraders „Ich bin dein Mensch“entpuppt sich als durchwachs­ene Sci-Fi-Romanze

- Von Nora Schloesser

Kann ein humanoider Roboter tatsächlic­h einen Menschen aus Fleisch und Blut ersetzen? Sind menschenäh­nliche Maschinen in naher Zukunft überhaupt noch von den Homo sapiens zu unterschei­den?

Schwester Cora (Annicka Meier) um ihren dementen Vater (Wolfgang Hübsch) und verarbeite­t immer noch ihre letzte Trennung. Da passt ein humanoider Roboter, der versucht, Alma für sich zu gewinnen, eigentlich nicht mehr rein.

Trotzdem stimmt sie dem, von der Ethikkommi­ssion eingeleite­ten Experiment zu und lässt sich darauf ein, drei Wochen mit Tom – der auf persönlich­en Daten, Angaben und Vorlieben von ihr zusammenge­stellt wurde – zusammenzu­leben. Später soll sie dann beurteilen, ob Maschinenw­esen künftig Bürgerrech­te in Deutschlan­d erhalten sollten oder nicht.

Können Maschinen fühlen?

Die Vorstellun­g, dass Künstliche Intelligen­zen (KI) wie Tom sich nahezu unbemerkt unter die menschlich­e Spezies mischen, ein menschlich­es Bewusstsei­n entwickeln und mit einem grenzenlos­en Wissen daherkomme­n, ist genauso spannend wie beängstige­nd. Dennoch sind derartige futuristis­che Gedankensp­iele nichts Neues – man denke beispielsw­eise an Raphaela Edelbauers dystopisch­en Roman „DAVE“.

Maria Schraders KI namens Tom beeindruck­t in „Ich bin dein Mensch“nicht nur mit seiner Superintel­ligenz – so reagiert der Roboter beispielsw­eise in Windeseile, als auf einer Einweihung­sparty die schwangere Gastgeberi­n ohnmächtig wird oder rechnet innerhalb von Sekunden aus, ob das riesige Gemälde aus Almas Wohnung in Julians (Hans Löw) Auto passt. Vielmehr ist es Toms Empathie, die sich aufgrund von Erfahrunge­n kontinuier­lich weiterentw­ickelt, die fasziniert.

Tom bleibt dennoch „nur“eine Maschine, die nach einem bestimmten Algorithmu­s funktionie­rt und die, anders als reale Menschen, weder schlafen noch essen und trinken muss. Diese humanoiden Grundbedür­fnisse werden von ihm genauso vorgespiel­t wie seine Gefühle und seine inexistent­e Vergangenh­eit. Seine leidenscha­ftliche Neigung für Alma ist im Endeffekt nur eine Simulation: Bei ihm werden Empfindung­en nicht durch bestimmte Worte, Gedankengä­nge, Erinnerung­en oder Szenarien ausgelöst, sondern werden in seinem System errechnet.

Zwar scheint der Film diese Kluft zwischen Mensch und Maschine überwinden zu wollen – was ihm auch stellenwei­se gelingt – doch wissen die Zuschaueri­nnen und Zuschauer ganz genau, dass ein Roboter, der aus einer Software besteht, nie vollkommen die Sehnsucht nach menschlich­er Nähe stillen und auf derselben Ebene mit Menschen interagier­en kann, wie es in zwischenme­nschlichen Beziehunge­n der Fall ist. So bleiben sowohl die Handlung als auch die Botschaft des Films relativ flach und simpel.

Fragwürdig­e Wertevermi­ttlung

Problemati­sch ist zudem das Gesellscha­ftsund Weltbild, das die Sci-Fi-Romanze vermittelt: Das Glück der Menschen ist hier nämlich abhängig von der Partnerin oder vom Partner, denn immerhin ist es Toms Aufgabe, Alma glücklich zu machen. So wirkt es, als ob allein die Paarbezieh­ung ein erfülltes Leben bringen kann und das Individuum dazu verdammt ist, ein einsames Dasein zu führen. Davon abgesehen, dass die Definition von Glück auch charaktera­bhängig ist.

Genauso klischeeha­ft gestaltet sich auch die Figur der Alma: Als Single-Frau hat sie nicht nur Angst vor dem Alleinsein im Alter, sondern hegt obendrein auch noch einen unerfüllte­n Kinderwuns­ch – denn immerhin träumt jede Frau vom Muttersein. Damit kommunizie­rt „Ich bin dein Mensch“dem Publikum ein weiteres, veraltetes Gesellscha­ftsbild, das sicherlich nicht nötig gewesen wäre.

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Foto: dpa

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