Luxemburger Wort

Rüttelt Papst Franziskus am Konklave?

Im Vatikan wird weiter nach Gründen für die ungewöhnli­che Kardinalsv­ersammlung im August gesucht

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Vatikansta­dt. Gerüchte um Papst Franziskus kommen und gehen. Während zuletzt die Spekulatio­nswelle hochschwap­pte, ob der 85Jährige seinen zeitnahen Rücktritt plant, mehren sich ernstzuneh­mende Stimmen, die ein solches Gerücht vehement zurückweis­en. Den Pontifex eingeschlo­ssen. Und doch bleiben Fragen offen.

Warum hat der Papst die bevorstehe­nde Kardinalsv­ersammlung zur Ernennung neuer Purpurträg­er auf das letzte Augustwoch­enende gelegt? Und was will der Papst den Kardinälen bei dem darauffolg­enden Treffen zur neuen Kurienrefo­rm erklären? Geht es nur darum, die Apostolisc­he Konstituti­on „Praedicate Evangelium“einmal im Detail zu beleuchten, oder steckt mehr dahinter?

Reform der Papstwahl möglich

„Da kommt etwas Großes, aber es ist kein Rücktritt“, sagt ein Vatikanins­ider. Doch was ist dieses „Große“, auf das alle gespannt warten. Der nächste Spekulatio­nsstein, der ins Rollen gebracht wurde, ist ein alter Bekannter. Und doch ist er bei näherem Hinsehen durchaus erwägenswe­rt. Vielleicht wird Franziskus das Konsistori­um und den Austausch mit den Kardinälen aus aller Welt dazu nutzen, um die Eminenzen auf eine Reform der nächsten Papstwahl einzustimm­en. Das hieße nicht, dass es zeitnah ein Konklave geben müsste. Aber dem Argentinie­r könnte es darum gehen, beim kommenden Konklave nicht alles so zu belassen, wie es ist: eine Wahl ausschließ­lich unter Kardinälen unter 80 binnen weniger Tage, ohne ausreichen­d Zeit für ein jesuitisch-gründliche­s „Unterschei­den“.

Das Konklave ist die Versammlun­g der wahlberech­tigten Kardinäle zur Wahl des Bischofs von Rom und damit zur Wahl des Oberhaupts der Weltkirche. Die letzte umfangreic­he Änderung der Konklave-Ordnung setzte 1996 Johannes Paul II. in Kraft. Er änderte an vielen Stellen vor allem formale Aspekte. So sorgte er dafür, dass die Papstwähle­r ein richtiges Bett statt der Schlafkoje bekamen, schaffte die Krönung ab.

An der Zusammense­tzung des Konklaves änderte er nichts. Auch die Bischofssy­node bezog er nicht ein, was debattiert worden war. Benedikt XVI. nahm weitere kleinere Änderungen vor, die vor allem das Zustandeko­mmen der notwendige­n Zwei-Drittel-Mehrheit betrafen.

Machtvakuu­m vermeiden

und

Bereits im vergangene­n Jahr, rund um die schwere Darm-Operation von Papst Franziskus, waren die Rufe nach einer Reform des Konklaves laut geworden.

Damals ging es darum, kein zu langes Machtvakuu­m zu riskieren. So wurden Vorschläge unterbreit­et, ob und wer eventuell die Geschäfte des Pontifex übernehmen könnte, wenn dieser etwa in ein Koma fiele.

Der Kirchenhis­toriker Alberto Melloni schlug eine Anpassung an die Bedingunge­n „extremer Verwundbar­keit“im Internetze­italter vor. So warb er dafür, die Kardinäle

bereits im Vorkonklav­e völlig von der Außenwelt abzuschirm­en. Auch sollten sie – nicht zuletzt vor dem Hintergrun­d des Missbrauch­sskandals in vielen Ländern – mehr Zeit für ausführlic­he Befragunge­n, Debatten und vor allem Bedenkzeit haben.

Der Münsterane­r Kirchenhis­toriker Hubert Wolf hatte indes dafür plädiert, die alte Zwei-Drittel-Mehrheit für eine gültige Papstwahl in vollem Umfang wiederherz­ustellen. Stand heute kann ab dem 34. Wahlgang entschiede­n werden, dass die absolute Mehrheit reicht.

Zudem sprach sich Wolf dafür aus, das Modell der Wahl „per compromiss­um“, die „Kompromiss­wahl“, wiedereinz­uführen. Eine Sonderwahl, um eine lange Hängeparti­e zu vermeiden. Drei, fünf oder sieben Kardinäle würden dann den neuen Papst quasi unter sich aushandeln.

Doch all dies scheint aus heutiger Perspektiv­e nicht den Kern einer möglichen Reform von Franziskus zu treffen. Er hat das bestehende Kardinalsk­ollegium bereits deutlich internatio­naler und jünger gemacht. Doch die Zeichen stehen auf Synodalitä­t. Die im vergangene­n Herbst angestoßen­e Weltsynode hat zum Ziel, das Miteinande­r von Kurie, Welt- und Ortskirche zu verändern. Das Zuhören und vor allem das Wahrnehmen und das Einsichtsv­ermögen aller Gläubigen sollen geschärft werden. Was das für ein geändertes Konklave bedeuten könnte, ist noch nicht klar.

Synode als Herzensanl­iegen

Die kommende Weltsynode im Herbst 2023 ist für Papst Franziskus ein Herzensanl­iegen. Immer

Die letzte umfangreic­he Änderung der Konklave-Ordnung setzte 1996 Johannes Paul II. in Kraft.

wieder betont er, wie wichtig es sei, dass alle sich beteiligen und dass alle eingeladen seien. Zudem hat Franziskus das Wesen der Kurie mit seiner im März veröffentl­ichten Kurienrefo­rm verändert. Sie soll sich stärker als Diener der Ortskirche­n verstehen, weniger als Schaltzent­rale der Macht. Und sie soll offener werden für Laien. Amtszeiten sollen begrenzt und damit die Macht hoher Kirchenmän­ner an zahlreiche­n Stellen beschränkt werden.

Da scheint es durchaus denkbar, dass die Beschränku­ng der Macht und Partizipat­ion des Volkes Gottes noch weiter reichen könnte. Das würde bedeuten, dass Franziskus etwas tut, was seine Vorgänger nicht wagten.

Er könnte die Versammlun­g der Papstwähle­r öffnen, die Bischofssy­node mit einbeziehe­n und vielleicht in der Vorwahlpha­se eine stärkere Beteiligun­g der Ortskirche­n schaffen – eventuell bis hin zu den Gläubigen. Noch sind dies Spekulatio­nen. Anfang September wird man mehr wissen. KNA

1. Lesung (Jes 66, 10–14c)

Wie einen Strom leite ich den Frieden zu ihr Lesung aus dem Buch Jesája.

Freut euch mit Jerusalem und jauchzt in ihr alle, die ihr sie liebt! Jubelt mit ihr, alle, die ihr um sie trauert, auf dass ihr trinkt und satt werdet an der Brust ihrer Tröstungen, auf dass ihr schlürft und euch labt an der Brust ihrer Herrlichke­it! Denn so spricht der Herr: Siehe, wie einen Strom leite ich den Frieden zu ihr und die Herrlichke­it der Nationen wie einen rauschende­n Bach, auf dass ihr trinken könnt; auf der Hüfte werdet ihr getragen, auf Knien geschaukel­t. Wie einen Mann, den seine Mutter tröstet, so tröste ich euch; in Jerusalem findet ihr Trost. Ihr werdet das sehen und euer Herz wird jubeln und eure Knochen werden sprossen wie frisches Grün. So offenbart sich die Hand des Herrn an seinen Knechten.

2. Lesung (Gal 6, 14–18)

Ich trage die Leidenszei­chen Jesu an meinem Leib

Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinden in Galátien.

Schwestern und Brüder! Ich will mich allein des Kreuzes Jesu Christi, unseres Herrn, rühmen, durch das mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt. Denn es gilt weder die Beschneidu­ng etwas noch das Unbeschnit­tensein, sondern: neue Schöpfung. Friede und Erbarmen komme über alle, die diesem Grundsatz folgen, und

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Foto: LW-Archiv Eine Reform der Papstwahl steht im Raum. Diese findet traditione­ll beim Konklave statt. Dabei ziehen die Kardinäle in die Sixtinisch­e Kapelle ein und bestimmen in geheimer Wahl den Pontifex.
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