In der Sackgasse
Im Hochsommer ist Silly Season. Das hat nichts mit Dummheit zu tun, wie es die wörtliche Übersetzung nahelegt, sondern ursprünglich mit der nachrichtenarmen Ferienzeit, in der englische Zeitungen mit allerlei verrückten Artikeln gefüllt wurden. In der Formel 1 ist vor allem die Phase gemeint, in der es auf dem Fahrermarkt heiß hergeht und der Kampf um die Cockpits für die folgende Saison voll entbrannt ist.
Pierre Gasly kann dem Ganzen ruhig entgegen sehen. Der Franzose hat seinen Platz bei Alpha Tauri auch im nächsten Jahr sicher. Das gab das Team vor einer Woche bekannt. Eigentlich kann sich der 26Jährige also freuen. Doch die vermeintlich gute Nachricht hat ihre Tücken.
Bei Alpha Tauri hat Gasly normalerweise keine Möglichkeit, Rennen zu gewinnen.
Für Motorsportler ist ein Job im Red-Bull-Universum meistens eine große Chance, er kann aber auch eine Falle sein. Oder eine Sackgasse. Im Falle von Gasly darf man zumindest vermuten, dass er bei der Aussicht auf ein weiteres Jahr im Tochterteam Alpha Tauri nicht gerade in Jubelstürme ausgebrochen ist.
Denn eigentlich ist die Juniorfiliale des österreichischen Getränke-Imperiums, die früher Toro Rosso hieß, kein Rennstall, in dem man als ambitionierter Pilot lange bleiben will. Sie soll vielmehr ein Sprungbrett für eine große Karriere im Red-Bull-Team sein. Gasly wird seit 2014 von dem Unternehmen gefördert. Verträge hat er immer mit Red Bull, im gleichnamigen Auto sitzt er nicht.
Bei Alpha Tauri hat er normalerweise keine Möglichkeit, Rennen zu gewinnen. Außer, es gibt mal so ungewöhnliche Umstände wie 2020 im Chaos-Grand-Prix von Monza. So wurden Gasly zuletzt Wechselambitionen nachgesagt. Aber eigentlich war das gar nicht möglich. Denn der Franzose ist vertraglich an den Red-BullKosmos gebunden. Dass er jetzt für 2023 bestätigt wurde, hätte es gar nicht gebraucht.
Denn mit der Weiterverpflichtung von Sergio Perez an der Seite von Max Verstappen war Gaslys Traum vom internen Aufstieg bereits geplatzt. Den hatte er 2019 schon mal geschafft. Doch damals versetzte ihn Red Bull bereits nach der Sommerpause zurück zu Toro Rosso. Das ist so etwas wie die Höchststrafe. Inzwischen hat sich der Mann aus Rouen mit soliden Leistungen wieder Respekt verschafft. Vielleicht verhilft ihm das irgendwann doch noch zum Karrieresprung. Für 2024 ist er frei – und ein Kandidat für die Silly Season.