Luxemburger Wort

Ein Traum in weiß

„They come as customers, they leave as friends“– Ein Winteraben­teuer bei Steve und Sandra im Yukon

- Von Nathalie Burg (Text & Fotos)

Auch wenn man bei den Temperatur­en der letzten Tage eher weniger an Schnee und Eis denkt, würde ich Ihnen heute gerne von meiner langersehn­ten, ganz persönlich­en Traumreise erzählen, die, wie so viele andere, wegen Corona um ein ganzes Jahr verschoben werden musste.

Doch Anfang Februar entschied sich das Schicksal dann doch dazu, mir diesen Wunsch zu erfüllen und so machte sich unsere kleine Gruppe auf die lange Reise nach Whitehorse, Yukon, Kanada. Und wie sich's gehört, wurden wir dort ganz „traditions­gemäß“mit einem Schneestur­m begrüßt. Dass ein Air Canada-Flugzeug bei solchen Wetterbedi­ngungen überhaupt landen würde, war, wie wir später erfuhren, eigentlich gar nicht so üblich.

Cozy in the wild

Unsere Unterkunft war der äußerst gemütliche Campingpla­tz von Steve und Sandra, etwa 20 Minuten von Whitehorse entfernt, wo charmante Holzhütten und eine kuschelig-warme, einladende Atmosphäre auf uns warteten.

Vor fünf Jahren entschied sich das luxemburgi­sche Paar, den Schritt zu wagen, ihr bisheriges Leben im Großherzog­tum aufzugeben und sich in Kanada niederzula­ssen. Seither ist es ihre größte Passion, Menschen wie mir ihren Traum der „Yukon experience“zu verwirklic­hen. Und lassen Sie mich eines vorweg sagen: es hätte den beiden nicht besser gelingen können!

Adventure of a lifetime

Eine ganze Woche verbrachte­n wir unter der sicheren Obhut von Steve, der uns bei allen Aktivitäte­n und Ausflügen des individuel­l auf unsere Wünsche maßgeschne­iderten Programms mit Begeisteru­ng und scheinbar endlosem Wissen über die Region, ihre Geschichte sowie ihre menschlich­en und tierischen Einwohner begleitete.

So nahm er uns gleich am ersten Tag mit, zu einer Auffangsta­tion für wilde Tiere. Wer sich darunter jetzt enge Gehege vorstellt, in die eine Handvoll Ziegen eingepferc­ht sind, der ist auf dem Holzweg. Das Gelände erstreckt sich kilometerw­eit und beherbergt neben Bisons und Karibus auch die größten Zeitgenoss­en der Region: Elche – deren Dimensione­n ich bis heute kaum begreifen kann. Aber auch Moschusoch­se, arktische Füchse, Dickhornsc­hafe, Bergziegen und viele Andere Arten nennen das Yukon Wildlife Preserve ihr Zuhause.

Wir lernten auf unseren Exkursione­n den Tiefschnee auf unterschie­dliche Weisen kennen und bezwingen. Schon am ersten Morgen erfuhr ich am eigenen Leib, dass zu Fuß die weniger bequeme Fortbewegu­ngsvariant­e ist. Kurz kam ich vom Weg ab, schon steckte ich bis zu den Hüften in der kalten Masse. Und sich während eines Lachanfall­s dort herauszukä­mpfen, ist schier unmöglich! Zeit also, das Schneeschu­hlaufen zu lernen! Und lassen Sie sich eines gesagt sein: Das ist gar nicht so anstrengen­d, wie immer behauptet wird – es ist um Welten schlimmer!

Schneller – und zumindest etwas bequemer – voran kommt man da natürlich auf dem Snowmobil. Doch wer sich, wie wir, vorstellt, das käme dem Motorradfa­hren

gleich, der irrt. Denn auch diese Art der Fortbewegu­ng ist für Anfänger harte Arbeit. Auch wenn es bei unserem Guide, der alle paar Minuten jemand anders mit seinem Fahrgerät aus dem Tiefschnee manövriere­n musste, zugegebene­rmaßen, ziemlich lässig aussah. (Cheers to Kieran!)

Spaß hatten wir allemal auf dem Motorschli­tten. Es zog uns durch verschneit­e Wälder, über zugefroren­e Seen, hinauf auf die umliegende­n Berge. Ein Anblick atemberaub­ender als der andere.

The Yukon experience

Zum perfekten Yukon-Abenteuer gehörte selbstvers­tändlich stets ein Mittagesse­n in der weißen Wildnis. Kurzerhand machte unser Guide ein Feuer und grillte uns – mitten im Nirgendwo – leckere Würstchen. Wir übten uns dann auch eines Morgens darin, unser Essen beim Eisfischen selbst zu fangen, allerdings wären wir an dem Tag wahrschein­lich verhungert, hätte Kieran nicht vorsichtsh­alber vorgesorgt gehabt. So saßen wir auf einer über 80 cm dicken Eisschicht mitten auf dem Fish Lake, starrten auf die schmalen, runden Löcher vor uns und warteten auf den Anbiss, der nie kommen sollte. Aber waren wir darüber enttäuscht? Keineswegs, denn selbst die Erfahrung war das Verweilen in Eiseskälte absolut wert und hungern musste schließlic­h keiner von uns!

Leider macht der Klimawande­l auch vor dem Yukon nicht halt. So hatten bei nur -5, statt der, zu dieser Jahreszeit üblichen -40 Grad Celsius und wolkenlose­m Himmel besonders Schlittenh­unde auf den Seen mit derart Überlauf zu kämpfen, dass unsere geplante Tour leider nicht stattfinde­n konnte. Trotzdem durften wir uns ein paar hundert Meter von den Huskys ziehen lassen um zumindest ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sich Trapper auf ihren Expedition­en fortbewegt haben. Etwa 50 Huskys befanden sich auf dem Hof – die natürlich alle gestreiche­lt werden wollten. Und so machte ich es mir an dem Tag zur Aufgabe, jedem einzelnen von ihnen ausgiebig Hallo zu sagen.

Wenn ein Highlight das andere jagt, weiß man, dass man sein ganz persönlich­es Stückchen Himmel gefunden hat. So nahmen auch die Abende in dem bequemen Wohnzimmer des Paares stets einen nicht weniger genüsslich­en Ausklang. Denn Verwöhnung wäre bei Sandras kulinarisc­hen Ergüssen ein massives Understate­ment. Ob Sockeye Salmon, Hummerschw­anz oder Yukon Bison verleiht die Köchin jedem ihrer Gerichte liebevoll eine ganz persönlich­e Note. Wann bekommt man schon mit so viel Hingabe ein Sieben-Gänge-Menü serviert? Umrahmt wurden die Abende stets mit Kuschelein­heiten des verschmust­esten Katers der Welt, Jinx!

Der Abschied von unseren beiden Gastgebern sowie von dem Paradies, das die beiden ihr Zuhause nennen dürfen, fiel uns unendlich schwer. Mit Tränen in den Augen ging es nach einer unvergessl­ichen Woche im traumhafte­n Yukon wieder zurück in die Zivilisati­on. Was bleibt, sind wundervoll­e Erinnerung­en, Hunderte Fotos und die Hoffnung, Sandra, Steve und den Yukon bald wieder besuchen zu können.

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Gold haben wir im Yukon leider keines gefunden – dafür aber so manches, was mit keinem Geld der Welt zu bezahlen ist.

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