„Wir sind die Alternative“
Komfortable „Cycle Superhighways“machen das Radfahren in Kopenhagen so bequem wie andernorts das Autofahren
Ein Netz aus breiten, komfortablen Radschnellwegen durchzieht Kopenhagen und die Umgebung. Um diese sogenannten „Cycle Superhighways“(auf dänisch „Supercykelstier“) zu bauen, haben sich 31 Gemeinden aus der dänischen Hauptstadtregion zusammengetan und ein Planungsbüro eingerichtet. Geleitet wird es von Sidsel Birk Hjuler. Ihr Ziel: Eine Velo-Infrastruktur schaffen, die so komfortabel ist, wie man es sonst nur als Autofahrer gewohnt ist. „Experten, Planer und Politiker aus aller Welt kommen nach Kopenhagen und in die Hauptstadtregion“, erzählt die 38-jährige Kommunikationswissenschaftlerin. Im Gespräch mit dem „Luxemburger Wort“verrät sie, welchen Effekt die Radschnellwege haben.
Sidsel Birk Hjuler, jetzt, wo die Tour de France in Kopenhagen stattfindet, schaut die Welt auf Ihre Stadt. Vor allem die „Cycle Superhighways“sorgen für Faszination. Was hat es damit auf sich?
Um das zu beantworten, würde ich gerne erklären, wovon wir uns haben inspirieren lassen. Nämlich von einer klassischen Autobahn! Nicht etwa von der Geschwindigkeit, erst recht nicht von der Umweltverschmutzung oder dem Lärm. Aber was wir interessant finden, ist die Tatsache, dass Sie als Nutzer sofort verstehen, wie Sie sich auf einer Autobahn verhalten sollen. Es ist sehr intuitiv, wo man hinfahren soll, und es gibt überall Schilder, die Ihnen erklären, wo es hingeht oder wann Sie wo abfahren können.
In meiner eigenen Stadt verstehe ich manchmal nicht, wo ich als Radler fahren soll …
Das stimmt. Denn wenn es um die Fahrradinfrastruktur geht, ist das oft eine ganz andere Geschichte. Da liegt es an einem selbst, herauszufinden, wo der Weg endet und wie man an einen anderen Ort kommt. Das ist vor allem dann ein Problem, wenn man kommunale Grenzen überschreitet, denn in vielen Ländern ist die Gemeinde für die Fahrradinfrastruktur zuständig. Und genau das ist es, was wir mit den Fahrradautobahnen ändern wollen. Wir wollen, dass es intuitiv, leicht erkennbar und sicher ist, über Gemeindegrenzen hinweg.
Wer hat diese Radschnellwege auf den Weg gebracht?
Die „Cycle Superhighways“sind eine Zusammenarbeit zwischen 31 Gemeinden und der Hauptstadtregion. Die ganze Idee ist im Grunde, ein Netz von mehr als 850 Kilometern an solchen Radschnellwegen zu schaffen. Bis jetzt haben wir etwas mehr als
200 gebaut. Wir haben also noch einen weiten Weg vor uns. Es ist sehr viel Organisation nötig, um alle diese 31 Gemeinden dazu bringen, zusammenzuarbeiten.
Die unmittelbare Auswirkung des Ausbaus einer Strecke zu einem „Cycle Superhighway“ist ein durchschnittlicher Anstieg des Fahrradverkehrs um 38 Prozent, wenn man die Messungen vor und nach dem Ausbau vergleicht. Langfristig verzeichnen wir anhand der Zählungen einen durchschnittlichen Anstieg des Radverkehrs von 75 Prozent auf den ersten zehn realisierten Routen.
Diese Radinfrastruktur ist beeindruckend. Doch wie können andere Städte so etwas schaffen? Da heißt es dann meist: Radwege sind ja schön und gut, aber wir können die Leute nicht davon überzeugen, auf Autos und viele Fahrspuren zu verzichten.
Nun, ich denke, wenn man sich Kopenhagen oder Amsterdam in den 70er-Jahren anschaut, wird man das gleiche Bild sehen. Das waren Autostädte. Natürlich hat es einige Zeit gedauert. Aber unser Beispiel zeigt, dass es tatsächlich möglich ist, etwas zu verändern. Jetzt stehen wir vor der
Ja. Wenn man das Sprichwort mit der Peitsche und dem Zuckerbrot nimmt: Wenn man den Autoverkehr einschränken will, muss man wahrscheinlich mit der Peitsche arbeiten. Aber das ist nicht das, worum es bei den „Cycle Superhighways“geht. Wir sind die Alternative. Wir machen das Radfahren attraktiv. Vor allem da, wo die Kohärenz im Radverkehr nicht gegeben ist, wo Routen lückenhaft sind, müssen wir sicherstellen, dass sich das ändert.
Wenn Sie den Verkehr in Luxemburg, wo sehr viele mit dem Auto fahren, ändern wollen, dann sollten Sie nicht einfach sagen: Nutzt das Auto nicht! Dann müssen Sie auch sagen: Wie sieht das Angebot aus? Haben Sie es attraktiv genug gemacht, das Fahrrad zu benutzen?
In Luxemburg haben wir einen riesigen Anteil von Autofahrten zwischen drei und fünf Kilometern.
Ja, in Europa sind im Allgemeinen 50 Prozent aller Autofahrten kürzer als fünf Kilometer. Das sollte auch mit anderen Verkehrsträgern möglich sein. Die Leute, die unsere „Cycle Superhighways“nutzen, fahren im Durchschnitt 13 Kilometer in eine Richtung. Das ist ziemlich weit. Und es wird vor allem interessant, wenn Sie auf den Zeitraum von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang schauen.
Sie müssen durch ihr tägliches Leben reisen. Sie haben so viele Dinge zu tun. Und zwischendurch wollen Sie sich bewegen, Sie wollen an die frische Luft. Aber wie bringt man das in diesem sehr geschäftigen
Ich persönlich denke, dass Verkehrsplaner und politische Entscheidungsträger manchmal ein wenig zu bequem sind.