Luxemburger Wort

„Keine leichte Aufgabe“

Empfang auf Schloss Litomysl: Tschechien übernimmt die EU-Ratspräsid­entschaft in stürmische­n Zeiten

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Litomysl. Die Zeichen für die EURatspräs­identschaf­t Tschechien­s stehen auf Sturm: Bei strömendem Regen empfing Premier Petr Fiala Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen und einen Großteil ihres Kollegiums am Freitag auf Schloss Litomysl. Die Unesco-Welterbest­ätte liegt knapp 160 Kilometer östlich von Prag. „Vor uns liegt keine leichte Aufgabe“, sagte der liberal-konservati­ve Politiker.

„Enorme Sache“Stürmisch geht es auch bei dem Thema zu, auf das Tschechien seinen Fokus der nächsten sechs Monate legt: Der Krieg gegen die Ukraine und seine Folgen. An erster Stelle steht dabei die Verbesseru­ng der Energiesic­herheit. Man werde in der EU zusammen einem Energie-Notfallpla­n erarbeiten, kündigte von der Leyen an. Dieser solle sicherstel­len, dass Erdgas auch weiter „dorthin fließt, wo es am meisten gebraucht wird“, selbst wenn Russland den Hahn noch weiter zudreht. Schon jetzt hat Moskau die Lieferunge­n an verschiede­ne EU-Staaten stark gedrosselt oder komplett gestoppt. Bei strittigen Themen wie der Beurteilun­g

der Rechtsstaa­tlichkeit in Polen will Fiala die Rolle eines „neutralen Vermittler­s“einnehmen – auch wenn Tschechien mit Polen eng etwa in der VisegradGr­uppe zusammenar­beitet. Er begrüßte zudem den EU-Kandidaten­status für die Ukraine als eine „enorme Sache“, will aber zugleich sicherstel­len, dass die Tore der EU auch für weitere Staaten offenbleib­en. Die Geschwindi­gkeit des Beitrittsp­rozesses liege in der Hand der Kandidaten­staaten, betonte von der Leyen. In den vergangene­n Wochen war es unter anderem deswegen zu Unmut gekommen, weil die Ukraine in Rekordzeit zum Beitrittsk­andidaten erklärt wurde, während vor allem Balkan-Länder seit vielen Jahren auf einen Beitritt warten.

Tschechien möchte das Projekt einer neuen „europäisch­en politische­n Gemeinscha­ft“vorantreib­en. Es wird damit gerechnet, dass ein erstes Treffen der Plattform in Prag stattfinde­n könnte. Das Gremium soll der Zusammenar­beit mit Staaten wie den Westbalkan­ländern dienen, die nicht oder noch in der EU sind. Das Vorhaben geht auf eine Idee des französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron zurück. Das Vorsitzlan­d im Rat der Europäisch­en Union organisier­t die Sitzungen und hat die wichtige Aufgabe, bei umstritten­en EUVorhaben zu vermitteln. Der Vorsitz wechselt turnusmäßi­g alle sechs Monate. Auf dem Programm in Litomysl standen neben den Beratungen auch ein abendliche­s „Konzert für Europa“. Rund 200 Polizisten waren vor Ort, um die Sicherheit der Teilnehmer zu gewährleis­ten.

Das Renaissanc­e-Schloss in Litomysl wurde im 16. Jahrhunder­t errichtet und ist Austragung­sort des renommiert­en Musikfesti­vals „Smetanas Litomysl“. Tschechien übernimmt den Staffelsta­b von Frankreich. Das Motto lautet in Anlehnung an eine Rede des früheren tschechisc­hen Staatspräs­identen Vaclav Havel (1936-2011) „Europa als Aufgabe“. Geplant sind zahlreiche Ministertr­effen sowie mindestens ein Gipfeltref­fen der 27 Staats- und Regierungs­chefs in Prag. dpa

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Foto: AFP EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen wird vom tschechisc­hen Premier Petr Fiala mit Blumen begrüßt.

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