Luxemburger Wort

Die Guten und der Böse?

Es wäre ein fataler Fehler, die Russen für die Zukunft zu ignorieren

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Viele Gute und ein Böser – der „böse Russe“gegen die vielen Guten. Wobei die USA natürlich die Anführer der (vermeintli­ch) „Guten“sind. Man braucht allerdings kein Amerika-Feind oder Russen-Freund zu sein, um sich als überzeugte­r Europäer und mündiger Bürger die Lage in der Ukraine durchaus kritisch anzusehen.

Wenn man sich jedoch heuer in ebendiesem Kontext erdreistet, die USA zu kritisiere­n und dabei eben angesehene amerikanis­che Politologe­n respektive Professore­n, die die Aktionen ihrer jeweiligen Regierunge­n selbst heftig angreifen, zu zitieren erdreistet – cf. meinen rezent publiziert­en, offensicht­lich polarisier­enden Leserbrief zum Ukraine-Krieg – dann wird man hierzuland­e sofort attackiert. Attacken, die man als langjährig­er Sportler allerdings zu ertragen und abzuwehren versteht.

Doch wenn man wie gewisse Schreiberl­inge schon unfairerwe­ise den Mann statt den Ball spielt, dann sollte man zumindest den Mann spielen, der auch in Ballbesitz ist, oder? Denn wer sagt bitte sehr hier was, wer wird zitiert und verbreitet scheinbar Schwachsin­n? Und wenn man sich als kritischer EU-Bürger mit den (auch historisch­en) Fakten der Kriege der USA beschäftig­t (siehe Vietnam, Irak, Afghanista­n), dann kommt man doch ins Grübeln, was denn in der Ukraine ob des US beeinfluss­ten Hintergrun­des so abgeht. Ach, und wo wollen diese USA noch Waffen verkaufen respektive stationier­en? Ferner ist es ihr Ziel, auf beiden Seiten der Ozeane die Kontrolle auszuüben und das Wachsen kontinenta­ler Mächte wie China und Russland einzudämme­n.

Dass die Putin-Diktatur sicherlich heftig zu kritisiere­n ist und jedwede Kriege strikt abzulehnen sind, ist doch wohl klar. Doch hat der Westen unter amerikanis­chem Diktat alles richtig gemacht? Wo genau liegen die Absichten der USA im Ukraine-Konflikt, der klar zu einem brandgefäh­rlichen Stellvertr­eterkrieg der NATO gegen Russland geworden ist?

Und, die Frage muss erlaubt sein: Ist es nicht eine fatale Überblendu­ng ganz unterschie­dlicher Problemste­llungen, wenn die Sicht der Angegriffe­nen die Logik des Handelns vorgibt? Und dies für eine „unabhängig­e, freie Ukraine“, in der es auch Menschen gibt, die das eben ganz anders sehen und denen hier niemand zuhören will? Wer sind wir denn, besonders jene, die in ihrer gepflegten, blinden Amerika-Verherrlic­hung – die nebenbei bemerkt einmal über einen längeren Zeitraum die sozialpoli­tischen oder juristisch­en „Vorzüge“der USA „genießen“sollten – keine Kritik an der Weltpolize­i USA zulassen wollen?

Egal wie: es wäre ein fataler Fehler, die Russen für die Zukunft zu ignorieren – ein Russland, das auch ohne Putin weiter existieren wird – und sich allein auf die USA zu verlassen.

Frank Bertemes, Cruchten

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