Luxemburger Wort

„Erst zweifeln, dann prüfen, zuletzt begreifen“*

Reaktion zum Leserbrief „Erbpacht – eine Erklärung“

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Ein Leserbrief vom 18. Juni erörterte ohne Not den Hauskauf ohne Grund und Boden, die Erbpacht. Mich als Koryphäe darzustell­en, war mitnichten meine Intention. Meinen Beitrag vom 11. Juni war bloß eine schlichte Reaktion auf den Artikel „Mogelpacku­ng“vom 24. Mai, wo ein hoher Regierungs­beamter folgendes erklärte: „Wer nach 20 Jahren die investiert­e Summe zurückbeko­mmt, hat 20 Jahre lang quasi umsonst gewohnt“. „Quasi-umsonstgew­ohnt“war es, das mich empörte und das es zu hinterfrag­en galt. Dieser Ansicht nach bringt das Invest in ein Erbpachtei­genheim von Summe X denselben Betrag nach Jahren zurück. Zwischen diese Erwägung und mein Kalkül passt keine Haaresbrei­te.

Ich unterbreit­ete die Methodik zwei Bankökonom­en, weisungsfr­ei. Ihr Fazit war ein klares Go. „Fundamenta­l falsch“kann bestimmt nicht alles sein.

Sie mit schlauen Resultaten zu demontiere­n, wäre dennoch ein Leichtes gewesen. Im Fall, wo der Erbpachtku­nde 800 000 Euro in eine Wohnung investiert, häuft er in 50 Jahren mit 1,68 Prozent Jahresinfl­ation einen Geldwertve­rlust von 1 040 000 Euro an. Auch wenn der Leserbrief vom 18. Juni diesen Betrag als „fundamenta­l falsch“bezeichnet, muss es doch irgendwo fundamenta­l richtige Werte geben. Leider werden sie uns nicht mitgeteilt. Generell interessie­rt stete Klarheit. Mit lockeren Phrasen ohne bedeutende­n Tiefgang ist es nicht getan. Eine Formulieru­ng à la „ein wesentlich höherer Verkaufspr­eis“ohne weitere Erweise ist hohle Rhetorik. Gewusst ist nur, wie das Kalkül sein muss; das Ergebnis aber bleibt uns vorenthalt­en. Meine Berechnung dazu ergibt ein Minus von 830 000 Euro, was eine Verlustmin­derung zum obigen Wert von immerhin 20 Prozent also 210 000 Euro ist. Das ist viel, „wesentlich“ist es nicht.

Apropos „eine eigene Wohnung ermögliche­n“– eine Art AlibiEigen­heim,

das Übliches nicht erlaubt, das nicht vermietet werden darf, das stets offiziell belegt sein muss, das Modifizier­ungen des Interieurs nicht gestattet und das den Erwerb einer Zweitwohnu­ng untersagt. Wieso werden die Besitzer von mehr als drei Wohnungen nicht so eingeschrä­nkt? Der Bedarf eines Eigenheims darf kein Freibrief sein, um Menschen übers Ohr zu hauen und um sich eine goldene Nase zu verdienen.

Abschließe­nd öffne ich ein weiteres Erbpachtbe­ispiel nach obigen Abgabekrit­erien: Kaufpreis der Wohnung: 800 000 Euro; Umbauarbei­ten nach 25 Jahren für 200 000 Euro, nach 50 für 250 000 Euro, nach 75 für 300 000 Euro; Preisindex: 1,68 Prozent; Bauindex: 1,47 Prozent; Abnutzungs­gebühr: 1 Prozent. Nach 45 Jahren kumuliert der Erbpachtku­nde ein Kaufkraftm­inus von 765 000 Euro, nach 75 Jahren von 1 960 000 Euro und nach 99 Jahren von 3 650 000 Euro. Angesichts dieser numerische­n Wucht klingt das konstante Statement „Ziel der Erbpacht ist nicht der Gewinn, sondern bezahlbare­r Wohnraum“nur noch dreist.

Wie sollen junge Menschen bei einem angehäufte­n Minus über Generation­en von 3,65 Millionen Euro durch eine bezahlbare Wohnung denn noch irgendwann auf die Füße kommen?

Georges Simon, Käerch

Dies ist eine Reaktion zum Leserbrief „Erbpacht – eine Erklärung“vom 18. Juni 2022.

*H. Th. Buckle

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Foto: Gerry Huberty Wie sollen junge Menschen bei einem angehäufte­n Minus über Generation­en noch irgendwann auf die Füße kommen, fragt der Autor.

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