Gefährliche Nähe
Schrassig: Minderjährige bis Freitag mit erwachsenen Gefangenen auf einer Station untergebracht
Luxemburg. Am Nationalfeiertag ist es in der Haftanstalt Schrassig zu einer schweren Auseinandersetzung zwischen mehreren Insassen gekommen. Informationen des „Luxemburger Wort“zufolge hat am 23. Juni ein junger Mann in einer Zelle im zweiten Stock des Blocks P2, der Untersuchungshäftlingen vorbehalten ist, drei Männer in deren Zelle angegriffen. Der Täter schlug dabei mit dem Stiel einer Handbürste, an dem er eine Rasierklinge befestigt hatte, auf drei Häftlinge ein.
Zwei Insassen erlitten mehr oder weniger schwere Verletzungen. Einer davon trug eine schwere Schnittwunde über Brust und Bauch davon, die mit zehn Stichen genäht werden musste. Ein Zweiter erlitt eine Vielzahl an oberflächlicheren Verletzungen, die mit insgesamt 60 Stichen genäht werden mussten.
Der Gewaltausbruch an sich ist bereits höchst problematisch. Dazu kommt aber, dass der Täter, dessen Identität der Redaktion bekannt ist, minderjährig ist. Und eine der Voraussetzungen, um Minderjährige, die in der geschlossenen Einrichtung der Unité de sécurité (Unisec) in Dreiborn aus Sicherheitsgründen nicht mehr haltbar sind, in Schrassig unterzubringen, war eigentlich bislang die strikte Trennung von den erwachsenen Häftlingen.
Überbelegung
Demnach hätte es erst gar nicht zu einem Kontakt zwischen dem Minderjährigen und den erwachsenen Insassen kommen dürfen. Auf Nachfrage des „Luxemburger Wort“bestätigt die Gefängnisverwaltung den Sachverhalt am Freitagnachmittag. Der Minderjährige sei tatsächlich aus Platzgründen in einer Abteilung untergebracht worden, in der es auch erwachsene Insassen gibt.
Im Prinzip würden Minderjährige tatsächlich getrennt von Erwachsenen untergebracht, wenn sie nach Schrassig überstellt würden, insofern das umsetzbar sei. Der Tagesablauf von Minderjährigen bestehe aus Sport, Schule, diversen Freizeitaktivitäten und Besuchen. Sie würden dabei von Erziehern aus dem Centre socioéductif de l'Etat in Dreiborn betreut, erklärt die Gefängnisverwaltung in ihrer schriftlichen Antwort.
Problem behoben
Vor der Pandemie habe man minderjährige Insassen in einem getrennten Zellenblock untergebracht. Dieser Block sei dann aber benötigt worden, um die Quarantäne von Neuzugängen zu gewährleisten. Deswegen habe man dann die noch nicht volljährigen Insassen in dem Gebäude untergebracht, in dem es nun zu dem blutigen Vorfall kam.
Seit diesem Freitag besteht das Problem aber nicht mehr. Wie die Gefängnisverwaltung weiter ausführt, benötige man durch die gesetzliche Aufhebung der Quarantänepflicht zum 1. Juli keinen Quarantäneblock mehr. Man habe somit jetzt wieder einen getrennten Block nur für Minderjährige zur Verfügung.
Bislang wurde der Öffentlichkeit regelmäßig mitgeteilt, wenn Minderjährige von der Unisec nach Schrassig überstellt wurden. Auf die Frage hin, warum das nicht mehr geschehe, schreibt die Gefängnisverwaltung, dass es dafür keine spezifische Ursache gebe.
Bis zu 229 Tage in Schrassig
Derzeit befänden sich zwei Minderjährige in Schrassig. Seit die Unité de sécurité in Dreiborn im Jahr 2018 eröffnet wurde, seien elf
Minderjährige nach Schrassig überstellt worden. Deren Aufenthaltsdauer im Erwachsenenvollzug habe zwischen vier und 229 Tagen betragen. Sieben Minderjährige seien weniger als einen Monat lang in Schrassig geblieben.
Gewaltsame Vorfälle wie diesen habe es zuvor noch nicht gegeben. Es habe aber sehr wohl verbale Provokationen gegeben, bei denen der Minderjährige der Urheber gewesen sei.
Zwischen dem Vorfall vom 23. Juni und jenem von vergangenem Mittwoch, als ein minderjähriger Insasse sechs Gefängnismitarbeiter angegriffen und mindestens zwei durch einen Kopfstoß und Bisse verletzt hatte, gebe es keinen Zusammenhang. Bei den beiden Vorfällen sei jeweils ein anderer Minderjähriger involviert gewesen.