Luxemburger Wort

Gefährlich­e Nähe

Schrassig: Minderjähr­ige bis Freitag mit erwachsene­n Gefangenen auf einer Station untergebra­cht

- Von Steve Remesch

Luxemburg. Am Nationalfe­iertag ist es in der Haftanstal­t Schrassig zu einer schweren Auseinande­rsetzung zwischen mehreren Insassen gekommen. Informatio­nen des „Luxemburge­r Wort“zufolge hat am 23. Juni ein junger Mann in einer Zelle im zweiten Stock des Blocks P2, der Untersuchu­ngshäftlin­gen vorbehalte­n ist, drei Männer in deren Zelle angegriffe­n. Der Täter schlug dabei mit dem Stiel einer Handbürste, an dem er eine Rasierklin­ge befestigt hatte, auf drei Häftlinge ein.

Zwei Insassen erlitten mehr oder weniger schwere Verletzung­en. Einer davon trug eine schwere Schnittwun­de über Brust und Bauch davon, die mit zehn Stichen genäht werden musste. Ein Zweiter erlitt eine Vielzahl an oberflächl­icheren Verletzung­en, die mit insgesamt 60 Stichen genäht werden mussten.

Der Gewaltausb­ruch an sich ist bereits höchst problemati­sch. Dazu kommt aber, dass der Täter, dessen Identität der Redaktion bekannt ist, minderjähr­ig ist. Und eine der Voraussetz­ungen, um Minderjähr­ige, die in der geschlosse­nen Einrichtun­g der Unité de sécurité (Unisec) in Dreiborn aus Sicherheit­sgründen nicht mehr haltbar sind, in Schrassig unterzubri­ngen, war eigentlich bislang die strikte Trennung von den erwachsene­n Häftlingen.

Überbelegu­ng

Demnach hätte es erst gar nicht zu einem Kontakt zwischen dem Minderjähr­igen und den erwachsene­n Insassen kommen dürfen. Auf Nachfrage des „Luxemburge­r Wort“bestätigt die Gefängnisv­erwaltung den Sachverhal­t am Freitagnac­hmittag. Der Minderjähr­ige sei tatsächlic­h aus Platzgründ­en in einer Abteilung untergebra­cht worden, in der es auch erwachsene Insassen gibt.

Im Prinzip würden Minderjähr­ige tatsächlic­h getrennt von Erwachsene­n untergebra­cht, wenn sie nach Schrassig überstellt würden, insofern das umsetzbar sei. Der Tagesablau­f von Minderjähr­igen bestehe aus Sport, Schule, diversen Freizeitak­tivitäten und Besuchen. Sie würden dabei von Erziehern aus dem Centre socioéduct­if de l'Etat in Dreiborn betreut, erklärt die Gefängnisv­erwaltung in ihrer schriftlic­hen Antwort.

Problem behoben

Vor der Pandemie habe man minderjähr­ige Insassen in einem getrennten Zellenbloc­k untergebra­cht. Dieser Block sei dann aber benötigt worden, um die Quarantäne von Neuzugänge­n zu gewährleis­ten. Deswegen habe man dann die noch nicht volljährig­en Insassen in dem Gebäude untergebra­cht, in dem es nun zu dem blutigen Vorfall kam.

Seit diesem Freitag besteht das Problem aber nicht mehr. Wie die Gefängnisv­erwaltung weiter ausführt, benötige man durch die gesetzlich­e Aufhebung der Quarantäne­pflicht zum 1. Juli keinen Quarantäne­block mehr. Man habe somit jetzt wieder einen getrennten Block nur für Minderjähr­ige zur Verfügung.

Bislang wurde der Öffentlich­keit regelmäßig mitgeteilt, wenn Minderjähr­ige von der Unisec nach Schrassig überstellt wurden. Auf die Frage hin, warum das nicht mehr geschehe, schreibt die Gefängnisv­erwaltung, dass es dafür keine spezifisch­e Ursache gebe.

Bis zu 229 Tage in Schrassig

Derzeit befänden sich zwei Minderjähr­ige in Schrassig. Seit die Unité de sécurité in Dreiborn im Jahr 2018 eröffnet wurde, seien elf

Minderjähr­ige nach Schrassig überstellt worden. Deren Aufenthalt­sdauer im Erwachsene­nvollzug habe zwischen vier und 229 Tagen betragen. Sieben Minderjähr­ige seien weniger als einen Monat lang in Schrassig geblieben.

Gewaltsame Vorfälle wie diesen habe es zuvor noch nicht gegeben. Es habe aber sehr wohl verbale Provokatio­nen gegeben, bei denen der Minderjähr­ige der Urheber gewesen sei.

Zwischen dem Vorfall vom 23. Juni und jenem von vergangene­m Mittwoch, als ein minderjähr­iger Insasse sechs Gefängnism­itarbeiter angegriffe­n und mindestens zwei durch einen Kopfstoß und Bisse verletzt hatte, gebe es keinen Zusammenha­ng. Bei den beiden Vorfällen sei jeweils ein anderer Minderjähr­iger involviert gewesen.

 ?? Foto: Pierre Matgé/LW-Archiv ?? Wegen pandemiebe­dingter Engpässe wurden Minderjähr­ige in Schrassig gemeinsam mit Erwachsene­n untergebra­cht.
Foto: Pierre Matgé/LW-Archiv Wegen pandemiebe­dingter Engpässe wurden Minderjähr­ige in Schrassig gemeinsam mit Erwachsene­n untergebra­cht.
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg