Stechen, beißen und saugen
Stimmt das Gefühl, dass in diesem Jahr mehr blutsaugende Insekten und Zecken unterwegs als sonst?
Luxemburg. Wird das Wetter gut und die Temperaturen steigen, kommt die Zeit der blutsaugenden Insekten. Man findet sie überall, wo feuchtwarmes Klima herrscht. Doch gibt es dieses Jahr durch den warmen Winter und feuchten Frühling mehr blutsaugende Tierchen als in den vorherigen Jahren?
Diese Frage sei nicht einfach zu beantworten. Denn die richtige Temperatur, Feuchtigkeit sowie die Dauer von heißen, kalten, trockenen oder nassen Phasen seien wichtig für die Verbreitung der durstigen Mücken und Zecken, so Dr. Alexander Weigand, Experte im Musée national d'histoire naturelle (MNHN).
Der gemeine Holzbock
So gibt es weltweit unter anderem 900 Zeckenarten. In Luxemburg ist vor allem der gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) verbreitet. Dieser lebt vorwiegend in bodennaher Vegetation. „Wenn die Winter nicht extrem kalt gewesen sind, hat die Art gute Chancen, größere Populationsdichten zu bilden“, sagt der Experte. Doch da die unterschiedlichen Spezies feste Zeitfenster zum Schlüpfen besitzen, müssen die günstigen Wetterbedingungen zum passenden Zeitpunkt vorherrschen. „Es ist alles etwas komplexer als ein generelles Ja oder Nein. Selbst über alle Zecken oder Mückenarten hinweg ist die Frage nicht pauschal zu beantworten, da jede Art andere ökologische Ansprüche an ihre Umwelt stellt. Gekoppelt mit dem richtigen Timing.“
Dazu kommen immer wieder neue Arten, wie unter anderem die asiatische Hornisse (Vespa velutina nigrithorax) oder die japanische Buschmücke Aedes japonicus. „Diese ist jedoch nicht zu verwechseln mit der asiatischen Tigermücke (Aedes albopictus), die bisher im Land nicht nachgewiesen wurde“, erklärt Weigand.
Wie diese exotischen Arten nach Luxemburg gelangen, sei indes schwer zu pauschalisieren. „Bei einigen nicht-einheimischen Arten ist es schlicht der Klimawandel, der eine Ausbreitung fördert. Wie bei einigen Wildbienen oder der Auwaldzecke (luxemburgisch: Suppenzeck).“Anders die asiatische Hornisse. Diese wurden im Südwesten von Frankreich eingeschleppt und breitete sich aufgrund geeigneter Bedingungen gen Mitteleuropa aus.
Weitere Arten, wie die Riesenzecke Hyalomma kommen über Zugvögel ins Land. „Nach der erfolgten Einschleppung und Entwicklung zum erwachsenen Tier werden dann auch bei uns ihre Endwirte, wie unter anderem Pferde, befallen.“In Deutschland konnte solch eine Spezies bereits überwintern, so der Experte.
Wiederum andere Tierchen haben sich ihren Weg aus dem
Schwarzmeer über den Main-Donau-Kanal, die Mosel hoch bis in Großherzogtum gebahnt. „Auch die Sandmücken wird es wohl in kürzerer Zeit bei uns geben.“
Neben dem beißenden Stich haben die Zecken und Insekten einen schlechten Ruf, weil sie Viren und Bakterien übertragen können. „Allerdings muss man immer das Zusammenspiel von Vektor und Erreger sehen“, betont der Experte. „Nur weil die Stechmückenart bei uns vorkommt, heißt das nicht, dass auch der Erreger bei der einheimischen Population zirkuliert.“
Die Viren könnten sich aber laut Weigand bei geeigneten Bedingungen etablieren. So gab es in Mitteleuropa über lange Zeit einheimische Malaria, bis diese ausgerottet wurde.
Kleidung und Gewässer
Doch wie kann man sich schützen? „Das kommt auch wieder ganz auf die Arten an“, sagt der Experte. Bei Zecken helfen die üblichen Maßnahmen. „Hose in die Socken, lange helle Kleidung sowie das Absuchen nach dem Spaziergang nicht vergessen.“
Gegen Stechmücken kann man sich schützen, indem man kein offenes Stehgewässer wie eine Regentonne um das Haus stehen hat. „Damit können keine Eier direkt vor dem Fenster abgelegt werden. Wohnt man nahe bei Feuchtgebieten, ist das Problem ja bereits bekannt.“
Ein richtiges Allheilmittel scheint es gegen die saugenden, stechenden und beißenden Tierchen allerdings nicht zu geben.