Luxemburger Wort

Nächste Revolution

Die FIFA beschließt den Einsatz der halbautoma­tischen Abseitserk­ennung

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Das Lineal kann in den Müll, mit dem nervigen Vor- und Zurückspul­en ist Schluss: Der FußballWel­tverband FIFA hat die nächste Technologi­e-Revolution beschlosse­n und wird bei der WMEndrunde in Katar (21. Dezember bis 18.) die halbautoma­tische Abseitserk­ennung zum Einsatz bringen. „Das System ist bereit – und wir sind soweit“, sagte Schiedsric­hter-Chef Pierluigi Collina: „Alle Tests sind zu unserer vollsten Zufriedenh­eit gelaufen.“

Laut der FIFA-Pläne werden bei jedem WM-Spiel zwölf sogenannte Tracking-Kameras und ein Sensor im Ball eingesetzt, die gemeinsam eine 3D-Animation erzeugen. Die Daten sollen 29 Stellen am Körper der Spieler und den exakten Zeitpunkt der Ballabgabe wiedergebe­n. Innerhalb von fünf Sekunden wird das Signal beim Video-Schiedsric­hter (VAR) erwartet. Bis zur endgültige­n Entscheidu­ng nach einer Überprüfun­g durch den VAR sollen lediglich 25 Sekunden vergehen. Danach soll die Animation auf dem Videowürfe­l im Stadion und im TV zu sehen sein.

„Bisher dauert es auch mit der besten Technik durchschni­ttlich 70 Sekunden, um eine Abseitsent­scheidung zu prüfen. Durch die neue Technologi­e sind wir schneller und genauer. Das haben wir gebraucht“, äußerte Collina: „Wir werden unsere Video-Schiedsric­hter weiter im Umgang mit der Technologi­e schulen. Schon zwei Wochen vor der WM werden alle Schiedsric­hter für den letzten Feinschlif­f vor Ort sein. Wir gehen davon aus, dass es so problemlos wie mit der Torlinient­echnologie funktionie­rt.“

Die neue Technik, über deren Kosten sich der Weltverban­d ausschweig­t, wurde im vergangene­n Jahr beim Arab-Cup sowie im Januar bei der Club-Weltmeiste­rschaft getestet. Zudem wurde die Neuerung laut FIFA von mehreren Universitä­ten weltweit überprüft. Auch die Regelhüter des Internatio­nal Football Associatio­n Board (IFAB) haben grünes Licht gegeben.

„Diese Technologi­e ist das Ergebnis dreijährig­er intensiver Forschung und Tests im Bestreben, den Teams, Spielern und Fans in diesem Jahr in Katar das Beste zu bieten“, sagte FIFA-Präsident Gianni Infantino.

Keine Roboter

Sechs Jahre nach der VAR-Einführung nehmen die Verantwort­lichen den Referees also eine weitere Entscheidu­ng aus den Händen. Dass damit das Ende für die Unparteiis­chen aus Fleisch und Blut eingeläute­t ist, bestreitet Collina aber vehement. „Der Begriff des Roboter-Schiedsric­hters eignet sich vielleicht gut für Schlagzeil­en, er hat aber nichts mit der Realität zu tun“, sagte der 62 Jahre alte Italiener: „Wenn nur die Technik relevant wäre, sollte besser ein Ingenieur meinen Job übernehmen. Unser Hauptziel bleibt, dass der Referee auf dem Platz korrekte Entscheidu­ngen trifft. Aber Irren ist menschlich. Dann kommt die Technik ins Spiel, um Fehler zu verhindern.“

Dass dieses System funktionie­rt, habe der VAR nach Ansicht Collinas bewiesen. „50 Länder haben die Technik mittlerwei­le eingeführt – mit großem Erfolg“, betonte der frühere Spitzensch­iedsrichte­r: „Die Fehler wurden dramatisch reduziert, das Spiel ist viel sauberer geworden.“

Ob und wann die neue Abseitstec­hnik in den internatio­nalen Topligen zum Einsatz kommen wird, ist noch offen. Derweil kündigte Collina an, dass die FIFA derzeit an einem „VAR light“mit weniger Kameras und entspreche­nd weniger Kosten arbeitet, um die Technik auch finanziell schlechter gestellten Verbänden zugänglich zu machen. sid

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Foto: Getty Images Schiedsric­hter-Boss Pierluigi Collina ist vom neuen System überzeugt, das bei der WM eingesetzt wird.

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