Guter Rat muss nicht teuer sein
Service d’accueil et d’information juridique bietet Bürgern Hilfe bei juristischen Problemen
Luxemburg. Samstagmorgen, kurz vor 10 Uhr. In der hinteren Ecke des Plateau Saint-Esprit, vor dem Bâtiment commun (BC), hat sich eine Schlange gebildet. Auch die Warteräume im Inneren des Gebäudes sind gut gefüllt. Die Menschen, die sich hier eingefunden haben, haben eines gemeinsam: Sie haben Sorgen und benötigen juristische Hilfe. Genau diese bekommen sie beim Service d’accueil et d’information juridique (SAIJ), einem kostenlosen Dienst der Generalstaatsanwaltschaft. Aufgrund der starken Nachfrage wurde der Dienst, dessen Gründung auf das Jahr 1976 zurückgeht, nun weiter ausgebaut.
„Der Service d’accueil et d’information juridique ist eine Anlaufstelle für Menschen, die ein Problem haben“, erklärt Generalstaatsanwältin Martine Solovieff. Die Hilfestellung erfolgt auf zwei Ebenen. Unter der Woche werden Menschen, die Informationen benötigen, von Mitarbeitern empfangen und gegebenenfalls an die zuständigen Stellen weitergeleitet. Am Samstag besteht die Möglichkeit, von einem Anwalt einen ersten juristischen Rat zu erhalten.
Über 6 000 Kontakte im Jahr
Der Dienst ist kostenlos und soll dazu beitragen, jedem, der es benötigt, Zugang zu Recht und Justiz zu gewähren. Dass dies durchaus notwendig ist, belegen die Zahlen. Alleine 2021 war der SAIJ mit 6 400 Beratungen befasst. In den beiden Jahren zuvor waren es deutlich über 7 000. Auch während des Corona-Lockdowns blieb die Anlaufstelle telefonisch und per Mail erreichbar. Die meisten Menschen wenden sich wegen Problemen oder Unsicherheiten im Bereich des Arbeitsrechts an den SAIJ, gefolgt von Personen, die in Zusammenhang mit einer Scheidung oder einem Mietvertrag juristische Hilfe benötigen. Über 75 Prozent der Besucher sind keine Luxemburger Staatsbürger.
„Die Menschen haben ernste Fragen und benötigen Hilfe“, erklärt Maître Valérie Dupong, Bâtonnière in Luxemburg-Stadt und pocht dabei auf die soziale Komponente. Auch Justizministerin Sam Tanson (Déi Gréng) weiß um die Wichtigkeit der Anlaufstelle: „Es besteht ein großer Bedarf“, so die Politikerin.
Um den langen Schlangen, die sich samstags vor den Büros bilden, entgegenzuwirken, stehen mittlerweile drei Anwälte zur Verfügung. Um ihnen einen Anreiz zu geben, wurde die finanzielle Entschädigung an jene des Rechtsbeistandes angepasst. Einige Anwälte, auch dienstältere, hätten sich freiwillig gemeldet, andere seien nominiert worden, sagt Maître Valérie Dupong und betont, dass insbesondere junge Anwälte erfahren müssten, wie wichtig es ist, alle Menschen zu begleiten.
Vertrauliche Gespräche
Maître Yanis Hamama zählt zu jenen Anwälten, die am Samstag im
Dienst waren. Er wurde erst vor einem Jahr vereidigt und sammelt beim SAIJ wichtige Erfahrungen. „Es ist eine gute Möglichkeit, einmal auf eine andere Art und Weise zu praktizieren“, sagt er. Auch die Frau, die gerade von ihm beraten wird, ist zufrieden: „Ein guter Rat hilft. Er kann dazu beitragen, die richtigen Entscheidungen zu treffen“, meint sie.
Die Beratungen sollen an erster Stelle den Menschen helfen. Sie können aber auch dazu beitragen, herauszufinden, wo die gesellschaftlichen Probleme sind – und dies gegebenenfalls an die zuständigen Stellen weiterzugeben. Dennoch bleiben die Gespräche streng vertraulich. Angst vor der Beratung muss demnach niemand haben. „Die Anwälte sind an das Berufsgeheimnis gebunden“, sagt Maître Christian Biltgen, Bâtonnier in Diekirch.