Luxemburger Wort

Königshaus statt Konfektion­smode

Sonja von Norwegen musste einst für ihre Liebe zum Monarchen Harald kämpfen – heute wird sie 85 Jahre alt

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Oslo. Es gab eine Zeit, in der Europas Königshäus­er altbacken und überflüssi­g wirkten – und dann kam eine Zeit, in der manche davon den überfällig­en Sprung in die Moderne geschafft haben. Ein Paradebeis­piel für diesen neuen Schwung zu Hofe ist die Königsfami­lie von Norwegen, die mittlerwei­le von drei Generation­en liebenswür­diger Royals vertreten wird. Unter der Ägide von König Harald V. (85) und auch dank der Bodenständ­igkeit des Kronprinze­npaares Haakon und Mette-Marit (beide 48) hat sich das Königshaus in Oslo einen festen Platz im Herzen vieler Landsleute erarbeitet. Mittendrin: Königin Sonja, die an diesem Montag 85 wird.

Aktive Rolle im Königshaus

Während ihr Mann bei öffentlich­en Terminen mittlerwei­le oft auf Krücken angewiesen und ihm das Alter generell anzumerken ist, hat die überaus kunst- und kulturinte­ressierte Sonja ebenso wie Haakon und Mette-Marit eine aktivere repräsenta­tive Rolle eingenomme­n. Erst kürzlich eröffnete sie das neue Nationalmu­seum in Oslo, auf dem nachgeholt­en Gala-Dinner zum 18. Geburtstag ihrer Enkelin Ingrid Alexandra sprach sie die einleitend­en Worte.

„Halte daran fest, wer du bist, Ingrid“, gab sie der Prinzessin mit auf den Weg. „Trau dich, neu und offen zu denken, Dinge auf deine eigene Weise zu tun.“Niemand müsse perfekt sein, betonte Sonja. „Du hast alle Voraussetz­ungen, um kluge Entscheidu­ngen zu treffen und ein Leben zu führen, das gut für dich, deine Liebsten und diejenigen ist, deren Königin du eines Tages sein wirst.“Es waren Worte,

die so nur eine liebende Großmutter für ihre Enkelin finden kann.

Tatsächlic­h kann Ingrid Alexandra eines Tages das erste weibliche Staatsober­haupt Norwegens werden – als die Kaufmannst­ochter Sonja Haraldsen am 4. Juli 1937 in Oslo zur Welt kam, wäre das noch völlig undenkbar gewesen. Genauso undenkbar war es damals auch, dass eine Bürgerlich­e irgendwann einmal mit im Zentrum der Königsfami­lie stehen würde. In jungen Jahren ging Sonja vielmehr davon aus, in den väterliche­n Konfektion­shandel

einzusteig­en. Sie machte eine Lehre zur Schneideri­n und studierte nach dem Tod ihres Vaters Englisch, Französisc­h und Kunstgesch­ichte.

Holpriger Start

Den damaligen Kronprinze­n Harald lernte sie 1959 kennen. So schnell klar wurde, dass sich die beiden liebten, so langsam und holprig verlief der Weg in die gemeinsame Zukunft: Erst nach neun Jahren gab König Olav V. seinem Sohn die Zustimmung, die Bürgerlich­e heiraten zu dürfen.

Zuvor hatte Harald gedroht: Entweder die Hochzeit mit Sonja – oder ein Single-Dasein auf Lebenszeit, was ernsthafte Folgen für den Fortbestan­d des Throns dargestell­t hätte. Olav gab letztendli­ch nach. Im Frühjahr 1968 verkündete­n Harald und Sonja somit endlich ihre Verlobung, im Sommer desselben Jahres heirateten sie. Seit 1991 sind sie König und Königin von Norwegen.

Vieles hat sich seitdem verändert: Unter anderem können Sonjas Kinder dank der mütterlich­en Vorarbeit heute unbeschwer­ter wählen, wen sie lieben und mit wem sie glücklich sein wollen. Haakon heiratete die Bürgerlich­e Mette-Marit, die dem Hof frischen Schwung verlieh. Haakons ältere Schwester Prinzessin Märtha Louise (50) verkündete kürzlich ihre Verlobung mit dem Schamanen Durek Verrett (47).

Die Partnerwah­l mag für Royals angesichts des öffentlich­en Drucks zwar weiterhin nicht leicht sein – etwas einfacher scheint sie aber immerhin geworden zu sein. Zugleich ist das norwegisch­e Königshaus heute weiblicher und moderner, das Thronerbe Ingrid Alexandras da nur der nächste folgericht­ige Schritt.

Naturliebh­aberin

„Ich hoffe, dass du immer deinen eigenen Raum haben wirst, in dem du dich ganz frei fühlst, wo du Erholung, Ruhe und Inspiratio­n finden kannst – so wie ich es in meinem Leben in der Natur, speziell in den Bergen, und in der Kunst gehabt habe“, sagte die Königin bei der Geburtstag­sfeier zu ihrer Enkelin. „Alle Menschen brauchen einen solchen Raum.“

Wenn Sonja das Leben in der besagten Natur und an der frischen Luft genießt, dann hat sie nicht selten ihre eigene Kamera mit dabei. Kunst und Kultur liegen ihr generell ganz besonders am Herzen – das nahm ihr Gatte zu ihrem 80. Geburtstag vor fünf Jahren zum Anlass, ihr einen früheren Stall zu schenken, in dem seitdem direkt hinter dem Königsschl­oss Kunstwerke ausgestell­t werden. Erst vor wenigen Tagen haben Sonja und ihr Sohn Haakon im „Königin Sonja KunstStall“eine neue Ausstellun­g namens „Åpne dører“(Offene Türen) eröffnet.

Welche Überraschu­ng Königin Sonja dieses Mal erwartet? Das bleibt abzuwarten. Ihren Ehrentag dürfte sie generell im privaten Familienkr­eis verbringen, so war es auch bei Haralds 85. Geburtstag vor gut vier Monaten.

Und ohnehin ist Norwegen derzeit kaum zum Feiern zumute: Ein mutmaßlich islamistis­ch motivierte­r Terroransc­hlag rund um eine Schwulen-Bar in Oslo mit zwei Toten und mehr als 20 Verletzten hat tiefe Betroffenh­eit im Land ausgelöst. Aber in diesen Tagen wird einmal mehr auch klar: In schweren Zeiten können die Norwegerin­nen und Norweger stets auf ihre besonnene, mitfühlend­e und einende Königsfami­lie zählen. dpa

Sonja machte eine Lehre zur Schneideri­n und studierte Englisch, Französisc­h und Kunstgesch­ichte.

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Foto: Lise Åserud/NTB scanpix Pool/dpa Königin Sonja (2. v. r.) mit König Harald (r.) und der Familie ihres Sohnes Haakon (2. v. l.).
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Foto: Heiko Junge/ntb/dpa Hatten keinen einfachen Start in ihr gemeinsame­s Leben: König Harald und Königin Sonja von Norwegen.

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