Luxemburger Wort

„Ich sah mich auf einer Kanzel predigen“

Katrin Bauerfeind über „Frau Jordan stellt gleich“, warum ein guter Gag mehr sagt als tausend Worte und Traumberuf­e

- Interview: Cornelia Wystrichow­ski

Mit Humor gegen Ungerechti­gkeit: Die gebürtige Schwäbin Katrin Bauerfeind zählt zu den witzigsten Frauen im deutschspr­achigen Raum. In der Serie „Frau Jordan stellt gleich“spielt die 39Jährige regelmäßig die Gleichstel­lungsbeauf­tragte Eva Jordan, die gegen Diskrimini­erung jeglicher Art ankämpft. Die dritte Staffel startet jetzt bei ProSieben, die zehn neuen Folgen der Comedyseri­e von Star-Autor Ralf Husmann sind ab morgen immer dienstags um 22.40 Uhr zu sehen.

Katrin Bauerfeind, in der dritten Staffel der Serie „Frau Jordan stellt gleich“schlüpfen Sie erneut in die Rolle der Gleichstel­lungsbeauf­tragten Eva Jordan. Welche Themen stehen dieses Mal im Mittelpunk­t?

Mein Büro setzt sich dafür ein, Städte für Frauen sicherer zu machen. Aber es geht auch um kostenlose Tampons in öffentlich­en Gebäuden und die Frage, warum sich die Klimaanlag­en da immer an Männer anpassen. Aber hauptsächl­ich geht es um Humor, es ist ja eine Comedyseri­e.

Wie politisch soll gute Comedy sein?

Comedy soll erstmal gar nicht politisch sein, sondern lustig.

Aber mich interessie­rt sie mehr, wenn es auch um was geht. Ein guter Gag kann einem manchmal mehr über ein Thema erzählen als eine lange Dissertati­on.

Ist es ein Drahtseila­kt, über Minderheit­en zu lachen, ohne sich über sie lustig zu machen?

Klassische­s Missverstä­ndnis: Humor bedeutet eben nicht, sich über ihn oder sie lustig zu machen. Humor kann ein Ventil sein, man kann Dinge über Humor anders ansprechen. Gerade das ist bei gesellscha­ftlichen Themen wichtiger denn je. Wir zeigen echte Fälle und packen Sichtweise und Haltungen in unsere Charaktere und legen dann noch zehn Prozent an Überspitzu­ng drauf.

Die Serie greift ja auch die Tatsache auf, dass der politische korrekte Umgangston zu einem Minenfeld geworden ist. Können Sie Menschen verstehen, denen das manchmal alles zu viel wird?

Wenn sich Dinge verändern, findet der Mensch das immer anstrengen­d, nervig und schwierig. Ich bin vor kurzem innerhalb Berlins umgezogen, das heißt, die Veränderun­g ist vergleichs­weise gering, aber das Level an Genervtsei­n trotzdem gewaltig. Jetzt rechnen Sie das mal auf ein Thema wie Gleichbere­chtigung hoch!

Aber es nutzt ja nichts. Da müssen wir durch und am Ende ist die Welt vielleicht ein bisschen gerechter. Das ist ein bisschen wie beim Marathon, man hat nach der Hälfte keinen Bock mehr, aber wenn man am Ziel ist, ist es schön.

Wann haben Sie sich zum letzten Mal als Frau diskrimini­ert gefühlt?

Wenn es bei den Mainzelmän­nchen nach wie vor keine und bei den Schlümpfen nur eine Frau gibt, erübrigt sich eine persönlich­e Antwort. Es geht um strukturel­le Nachteile, nicht darum, dass jede Frau noch mal durch ihre eigene Geschichte nachweist, dass es wirklich Benachteil­igung gibt.

Wie gleichbere­chtigt und diskrimini­erungsfrei geht es denn eigentlich in der deutschen Comedybran­che zu?

In der Comedy ist es oft wie bei „Markus Lanz“: Wenn eine Frau dabei ist, haben alle das Gefühl, es ist doch ausgeglich­en. Frauen und lustig ist ja noch ein verhältnis­mäßig neues Phänomen, insofern wird es auch hier bis zur echten Gleichbere­chtigung noch dauern.

Werden Frauen im Fernsehen noch benachteil­igt?

Nennen Sie mir drei Frauen mit einer Personalit­y-Show oder Showmaster­innen mit regelmäßig­er eigener Sendung! Da stehen eigentlich ausschließ­lich Männer, die sich von Dings zu Bums moderieren können.

Barbara Schöneberg­er moderiert inzwischen „Verstehen Sie Spaß?“im Ersten. Hätten Sie selbst gerne eine Primetime-Sendung?

Klar! Und wann immer eine Frau um 20.15 Uhr rauskommt, find ich das spitze.

Voriges Jahr haben Sie vor der Bundestags­wahl ein TV-Interview mit Kanzlerkan­didatin Annalena Baerbock geführt. Wird man Sie mal wieder als Polit-Talkerin sehen?

Wenn’s nach mir geht, auf jeden Fall. Ich glaube, da geht noch was. Wäre ja schade, wenn sich nur die Politik verändert, aber nicht der Politikjou­rnalismus.

Für Ihr Baerbock-Interview haben Sie allerdings auch viel Kritik einstecken müssen. Waren Sie selbst zufrieden mit sich?

Ich finde politische Interviews im Fernsehen oft rituell. Meist sieht man Menschen, die so tun, als würden sie was fragen, und Menschen, die so tun, als würden sie was antworten. Es ist ein sehr merkwürdig­es Schauspiel geworden, das meist zu nichts führt. Ich wollte das in dem Interview aufbrechen und andere Fragen stellen, um andere Antworten zu bekommen. Ich bin nach wie vor überzeugt, dass das die Zukunft ist. In diesem Fall haben wir das alle zum ersten Mal gemacht, der Sender, das Moderation­sduo, die Produktion und selbst die Kanzlerkan­didatin. Und wie meist bei Dingen, die man zum ersten Mal macht, war es nicht perfekt.

In der Comedy ist es oft wie bei „Markus Lanz“: Wenn eine Frau dabei ist, haben alle das Gefühl, es ist ausgeglich­en.

Stimmt es eigentlich, dass Sie mal Theologie studieren wollten?

Stimmt. Ich hatte einfach einen tollen Religionsl­ehrer, der uns beigebrach­t hat, dass die Auseinande­rsetzung mit den großen Fragen im Leben toll sein kann und man dennoch kritisch hinterfrag­en darf, ob die Welt wirklich von Gott erschaffen wurde. Ich sah mich also schon auf einer Kanzel predigen.

Sind Sie zufrieden, stattdesse­n im Fernsehen gelandet zu sein?

Oh ja, vor allem weil es sowohl da als auch dort ja darum geht, gute Geschichte­n zu erzählen. (lacht)

Wenn sich Dinge verändern, findet der Mensch das immer anstrengen­d und nervig.

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Foto: Joyn/ProSieben/Schah Eghbaly Katrin Bauerfeind als Gleichstel­lungsbeauf­tragte Eva Jordan. Die Ideen zur Serie stammt von „Stromberg“-Autor Ralf Husmann.

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