Griechenland-Urlaub ist gefragt wie nie
Der derzeitige Reiseboom beschert der Wirtschaft einen kräftigen Wachstumsschub
Zimmer frei? Auf Mykonos muss man jetzt lange suchen, bis man ein Bett findet. „Wir sind bis Mitte September zu 100 Prozent ausgebucht“, berichtet Myrto Liaka, die auf der malerischen Kykladeninsel mit ihren weißen Würfelhäusern ein kleines Drei-Sterne-Hotel betreibt. „Diese wird unsere bisher beste Saison“, freut sich die 53jährige Hoteliersfrau.
Nicht nur auf der SchickeriaInsel Mykonos sind jetzt fast alle Betten belegt. Griechenland erlebt einen Touristenansturm wie nie zuvor. Das Land lässt die CoronaRezession hinter sich. An den Flughäfen der Region Südliche Ägäis, zu der neben Mykonos auch Inseln wie Paros, Santorin, Kos und Rhodos gehören, kamen im Juli 20 Prozent mehr Passagiere an als im bisher besten Reisejahr 2019, vor dem Beginn der Pandemie. Neben den traditionellen Inselzielen der Kykladen und des Dodekanes sind in diesem Sommer auch weniger bekannte Eilande wie Sifnos und Ios besonders gefragt.
Im Juni kamen auf den 14 größten griechischen Regionalflughäfen 4,6 Prozent mehr Passagiere an als im Rekordjahr 2019. Im Juli waren es nach vorläufigen Berechnungen sogar zehn Prozent mehr. Im August erwarte Griechenland jede Woche eine Million ausländische Urlauber, sagte jetzt Tourismusminister Vasilis Kikilias.
Das Ausbleiben der Touristen aus Russland und der Ukraine wird unter dem Strich durch andere Nationen mehr als ausgeglichen. Größter Markt für die griechische Tourismusindustrie bleibt Deutschland. Amerika wird aber immer wichtiger: Daten für den Monat Juni zeigen einen Anstieg der Besucher aus den USA um 50 Prozent gegenüber 2019 – eine Folge der zahlreichen neuen direkten Flugverbindungen zwischen Nordamerika und Athen. Die Österreicher liegen mit einem Plus von 32 Prozent auf Platz zwei, gefolgt von den Israelis, deren Zahl gegenüber 2019 um 24 Prozent anstieg. Die amerikanischen Touristen sind in
Griechenland besonders gern gesehen, weil sie deutlich mehr Geld ins Land bringen als andere Nationen. Die US-Urlauber geben, Hotel- und Flugkosten nicht gerechnet, pro Kopf 1 010 Euro aus, gegenüber 600 Euro im Durchschnitt der ausländischen Besucher. Generell ist bei den Tourismuseinnahmen ein Anstieg zu sehen. Die Urlauber geben in diesem Jahr etwa neun Prozent mehr aus als 2021. Griechische Tourismusexperten sehen einen Trend zu höherwertigen Reisen.
Nicht nur Pauschalurlauber strömen jetzt in immer größerer
Avis de sociétés
Zahl nach Griechenland. Auch Prominente entspannen an den griechischen Stränden. Die Liste der Stars, die in diesem Sommer in Griechenland gesichtet wurden, ist lang: Tom Hanks, Nicole Kidman und Sarah Jessica Parker, Monica Bellucci, Michael Jordan, Serena Williams und Roger Federer sind nur einige. Auch Elon Musk ließ jetzt auf der Mega-Jacht „Zeus“vor Mykonos etwas griechische Sonne auf seine blass-blanke Haut.
Wer sich keine Charterjacht leisten kann und erst jetzt bucht, darf zumindest an den griechischen Tourismus-Brennpunkten nicht mehr auf Last-MinuteSchnäppchen hoffen. Teuer wird es vor allem für Individualreisende. Auf Mykonos verlangen Dreiund Vier-Sterne-Hotels aktuell für die erste September-Woche für ein Doppelzimmer pro Nacht zwischen 250 und 600 Euro. Auf Santorin werden pro Nacht für Anfang September sogar 1 000 Euro und mehr pro Nacht aufgerufen.
Wachstum von vier Prozent
Der bisherige Reise-Rekord aus dem Jahr 2019 lag bei 31,3 Millionen Besuchern. Weitere 2,6 Millionen Besucher kamen als Kreuzfahrtpassagiere nach Griechenland. Unter dem Strich brachten die Reisenden 18,2 Milliarden Euro ins Land. Für dieses Jahr erwarten Branchenexperten Einnahmen von rund 20 Milliarden Euro. Der Tourismus trägt in guten Jahren mehr als Fünftel zur Wirtschaftsleistung bei. Die EU-Kommission erwartet für Griechenland in diesem Jahr ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um vier Prozent. Deutlich optimistischer ist die Ratingagentur Moody’s mit einer Prognose von 5,7 Prozent – vor allem infolge des Tourismusbooms. Der Wachstumsschub könnte Griechenland helfen, seine Schuldenlast weiter zu senken. 2020 erreichte Griechenlands Staatsschuldenquote mit 206,3 Prozent vom BIP den bisher höchsten Stand. Nach Berechnungen der Ratingagentur Scope wird die Quote bis Ende dieses Jahres auf 171,3 Prozent zurückgehen.