Luxemburger Wort

Auf dem Weg in die Zukunft

Die niederländ­ische Kronprinze­ssin Amalia blickt dem Studium entgegen

- Von Helmut Hetzel (Den Haag)

Der Countdown läuft: Im September wird die niederländ­ische Kronprinze­ssin Amalia ihr Studium an der Universitä­t von Amsterdam (Universite­it van Amsterdam – UVA) beginnen. Die 18-Jährige – sie ist die älteste Tochter von König Willem-Alexander und Königin Maxima der Niederland­e – hat sich für das Bachelor-Studium Politik, Psychologi­e, Recht und Ökonomie (Politics, Psychology, Law and Economics – PPLE) entschiede­n, eine Art Studium Generale, mit dem sie in den genannten Fächern Kompetenz-Kenntnis erlangen soll. So etwas braucht eine künftige Königin.

„Unterhaltu­ngsstudium erster Klasse“

Aber noch bevor Amalia einen Hörsaal von innen gesehen hat, ist ihre Studienwah­l in aller Munde und wird heftig kritisiert. „Dieses Studium ist ein Unterhaltu­ngsstudium erster Klasse. Es zeichnet sich durch Oberflächl­ichkeit aus. Die Dozenten dort geben ihre Vorlesunge­n in Steinkohle­n-Englisch. Das ist alles andere als ein akademisch­es Studium“, klassifizi­ert der Historiker Maarten van Rossem das PPLE-Studium, für das sich Amalia entschiede­n hat. „Sie ist ein intelligen­tes Mädchen, sie will es

Sie ist ein intelligen­tes Mädchen, sie will es sich wohl nicht zu schwer machen. Maarten van Rossem, Historiker

sich wohl nicht zu schwer machen“, frotzelt der Historiker.

Kritik hagelt es auch, weil sich die Kronprinze­ssin für ein Studium an der UVA in Amsterdam entschiede­n hat und die künftige Königin der Niederland­e somit nicht in Leiden an der renommiert­en, von einem ihrer Vorfahren 1575 gegründete­n Universitä­t studiert. Das ist ein Bruch mit der Tradition, denn sowohl ihr Vater, König Willem-Alexander (55), als auch ihre Großmutter, Ex-Königin Beatrix (84), erlangten dort ihre akademisch­en Würden; WillemAlex­ander im Fach Geschichte, Beatrix studierte Jura. An der Uni in Leiden hatte man sich schon auf das Kommen von Kronprinze­ssin Amalia gefreut – nun ist die Enttäuschu­ng natürlich groß.

Diskussion um frauenfein­dliche Vereinigun­g

Amsterdam und das Studentenl­eben – das über die Grenzen hinaus bekannt ist – werfen aber auch in anderer Hinsicht ihre Schatten voraus. Denn Amalia gab zu erkennen, dass sie unbedingt einer dortigen Studentenv­ereinigung beitreten wolle. Ihr Auge fiel dabei zunächst auf „Het Amsterdams­ch Studenten Corps en de Amsterdams­che Vrouwelijk­e Studenten Vereenigin­g“– kurz A.S.C./A.V.S.V. Aber ausgerechn­et dieser Studentenb­und sorgte gerade für Aufsehen und Empörung:

Auf einem Treffen der Männer der A.S.C./A.V.S.V. wurden von einem Alumnus der Vereinigun­g frauenfein­dliche und diskrimini­erende Reden geschwunge­n. Der männliche Redner bezeichnet­e Frauen als „Sperma-Eimer“. Er rief den männlichen Studenten zu: „Was sind Frauen?“Diese antwortete­n in Sprechchör­en mit „Huren, Huren“.

Der Redner ist inzwischen als Vorstandsm­itglied zurückgetr­eten. Ebenso die Vorstandsv­orsitzende der A.S.C./A.V.S.V, Heelen Vos. Dem Image der Vereinigun­g hat der frauenfein­dliche Ausfall jedoch offenbar nicht geschadet, denn derzeit erlebt der Studentenv­erband einen wahren Ansturm von neuen Studenten.

Kronprinze­ssin Amalia gehört aber nicht mehr dazu: Sie wird der umstritten­en Studentenv­ereinigung nicht beitreten – dies teilte zumindest das Informatio­nsamt des niederländ­ischen Königshaus­es mit. Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen – wenn sich die Wogen wieder geglättet haben, könnte die Studentin einen neuen Versuch starten. „Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, dass sie beschlosse­n hat, jetzt keiner Studentenv­ereinigung beizutrete­n. Das kann sie im zweiten oder dritten Semester immer noch tun“, meint Justine Marcella, Chefredakt­eurin der Zeitschrif­t „Vorsten“.

„Die Männer müssen sich emanzipier­en“

Die Feministin, Aktivistin und Journalist­in Milou Deelen kritisiert dagegen die Entscheidu­ng gegen einen Eintritt in die A.S.C./A.V.S.V: „Einerseits ist ihre Entscheidu­ng mutig. Sie gibt damit ein deutliches Statement ab.

Bodyguards begleiten die Kronprinze­ssin rund um die Uhr. Sie kommen sogar mit in den Hörsaal.

Anderersei­ts sollten Frauen einer Studentenv­ereinigung nicht fern bleiben, nur weil es dort Missstände bei männlichen Mitglieder­n gibt. Es sind die Männer, die sich emanzipier­en müssen.“

Ob nun mit oder ohne Studentenv­erbindung: Einsam wird sie während ihres Studiums nie sein, denn Bodyguards beschützen die Kronprinze­ssin rund um die Uhr. Sie kommen sogar mit in den Hörsaal und begleiten sie auch, wenn sie das bunte Nachtleben erkundet. Ob sie dann auch wie ihr Vater, der jetzige König, einen Spitznamen erhalten wird?

Willem-Alexander war einst Mitglied der Studentenv­ereinigung Minerva in Leiden, wo er kräftig mitfeierte. Dies brachte ihm in seiner Studentenz­eit den Spitznamen „Prinz Pils“ein. Auch Amalias Oma Beatrix und die bereits verstorben­e Urgroßmutt­er, Ex-Königin Juliana, waren Minerva-Mitglieder. Ob sie ebenfalls einen Spitznamen erhielten – und keine Party ausließen –, ist jedoch nicht überliefer­t.

 ?? Foto: Patrick van Katwijk/Dutch Photo Press ?? Irgendwann wird sie die Königin der Niederland­e. Doch jetzt steht für die 18 Jahre alte Amalia erst einmal das Studium an.
Foto: Patrick van Katwijk/Dutch Photo Press Irgendwann wird sie die Königin der Niederland­e. Doch jetzt steht für die 18 Jahre alte Amalia erst einmal das Studium an.

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