Luxemburger Wort

In memoriam Professor Robert Koch

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Obschon sein Gesundheit­szustand ihn in den letzten Jahren vom Lehren fernhielt, gaben seine Schüler die Hoffnung nicht auf, irgendwann wieder in den Genuss seines Unterricht­s zu kommen. Umso härter traf sie am vergangene­n 11. Juli die Nachricht von seinem Tod, der ihn eine Woche zuvor hinweggera­fft hatte. So hat es denn das Schicksal, dessen Begriff als „fatum“oder „ “immer wieder in seinem Unterricht auftauchte und das zu beugen selbst die Götter nicht imstande sind, mit ihm gewollt.

Robert Koch, Professor für Französisc­h, Altsprache­n und Philosophi­e am LCD und danach am LGL, galt uns, den nun verwaisten ehemaligen Besuchern seiner Erwachsene­nkurse, nicht nur als Lehrer des Sanskrits und/oder des Altgriechi­schen, sondern schlechthi­n als Gelehrter „in rebus literarum“, einschließ­lich der Philosophi­e – er war Mitherausg­eber von Schriften seines ehemaligen, 1976 verstorben­en Griechisch- und Philosophi­elehrers Jules Prussen.

Er war im Altindisch­en, in Griechisch und Latein ebenso zuhause wie in der Literatur jener Zeiten, doch seine Kenntnisse erstreckte­n sich weit darüber hinaus: Kaum ein Gebiet der Literatur, vom Mittelalte­r bis zu den Autoren der Gegenwart, war ihm fremd. Dasselbe traf auf seine Beherrschu­ng der Sprachen der von Humanismus und Renaissanc­e geprägten westlichen Kulturwelt zu. Und nicht einmal hier lag die Grenze seines literarisc­hen Interesses: Er war sich nicht zu schade, Klassisch Japanisch zu lernen, um den im 11. Jahrhunder­t verfassten ersten psychologi­schen Roman der japanische­n Literaturg­eschichte zu studieren: „Genji Monogatari“oder „Die Geschichte vom Prinzen Genji“. Der Roman war auch das Thema zweier Vorträge, die er einer interessie­rten Öffentlich­keit zuteilwerd­en ließ.

Wenn altsprachl­iche Texte übersetzt wurden, ergriff er immer wieder die Gelegenhei­t, um grammatika­lische oder thematisch­e Einzelheit­en zu erläutern, indem er für seine Schüler überrasche­nde literarisc­he Verknüpfun­gen aufdeckte, die nicht selten bis zu den bildenden Künsten und der Musik reichten: Sein Sprachunte­rricht

weitete sich regelmäßig zu einer Lehrstunde vergleiche­nder Literatur aus. Man verließ den Klassensaa­l reich beschenkt mit Dokumenten: nicht nur materielle Zeugnisse seiner Gelehrsamk­eit und Anleitung zur Vertiefung des Gelernten im Selbststud­ium, sondern auch Zeichen seiner Mitteilsam­keit und seiner fördernden Hilfsberei­tschaft.

Seine Unterricht­sstunden glichen mitunter einem Bühnenauft­ritt, denn er beliebte bei aller Bescheiden­heit ein wenig zu schauspiel­ern, wenn er mit strenger Gründlichk­eit die Grammatik erklärte, mit bestechend­er Leichtigke­it die Weltlitera­tur durchstrei­fte und mit schwelgeri­schem Schwung seine Schüler in seinen Bann schlug. Wer ihm folgen konnte, durfte immer wieder erleben, wie es ihm gelang, den Blick aus ragenden Höhen hinab in ungeahnte Tiefen des Faches zu lenken, so dass am Ende einem jeden das sokratisch­e „Ich weiß, dass ich nichts weiß“zur eigenen Gewissheit wurde.

Robert Koch, dessen Professore­ntitel weit mehr bedeutete als das, was man im hiesigen Schulbetri­eb darunter versteht – die Hochschulp­rofessur haben wir ihm, jeder für sich, sowieso zuerkannt – hinterläss­t mit seinem Ableben ein Vakuum, das wohl niemand so schnell wieder auffüllen kann. Er wird uns in dankbarer Erinnerung bleiben.

Amis de la Grèce, Luxembourg

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