Seelentrost, Liebe und Hoffnung
Den Wahrsagerinnen der Fouer in die Karten geschaut
Luxemburg. Ihr antiker Holzwohnwagen sticht auf dem Glacisfeld gleich ins Auge. Unweit des Friedhofs an der Allee Scheffer vermittelt er der Schueberfouer einen Hauch von Nomadenromantik und Nostalgie. Das Holz ist liebevoll und detailreich verziert. Die Fenster sind mit ausgeschnittenen Zeitungsartikeln über Anika Theunisz beklebt. Bekannt aus Fernsehen, Radio und Social Media, ist zu lesen. Sie ist Hellseherin, Wahrsagerin, Medium. Das weckt Neugier.
Anika bittet herein in ihren Wohnwagen – scheinbar bereits seit mehr als hundert Jahren in Familienbesitz, eigenständig von ihr und ihrer Tochter und mit viel Liebe zum Detail restauriert. Im Innern ist erstaunlich viel Platz und dennoch vermittelt der Holzwagen Intimität. Weiße Rüschenvorhänge schützen vor aufdringlichen Blicken von außen. Große gemütliche, weinrote, edel verzierte Sessel laden zum Verweilen ein. Ein Perserteppich erstreckt sich längs durch den Innenraum. Dazu kommen antike Bilder. Hier bleibt man sicher gerne, für eine Tasse Kaffee oder Tee.
Eine feminine Gabe
Doch das ist es nicht, was Besucher bei Anika und Michele suchen. Während alles an Vergangenheit und Tradition erinnert, ist das Geschäft des Mutter-TochterGespanns die Zukunft. Beide sind mit Tarot-Karten vertraut und mit Handlesen. Eine Gabe, nennen sie es.
„Seit 500 Jahren liegt diese Gabe bereits in unserer Familie“, führt Tochter Michele aus. Es ist eine weibliche Gabe. „Sie wird von der Mutter an die Tochter weitergegeben“, fährt sie fort. Dazu gehört sicher auch ein gutes Gespür, das sie für Menschen haben. Das hilft den Kunden, sich bei ihnen wohl und geborgen zu fühlen. „Im Gesicht sieht man alles“, verrät Anika und blickt unter ihrem weißblonden Pony hervor. Ihre von Kajal betonten Augen untermauern das Geheimnisvolle ihrer Worte. Schon ein Anblick genüge, und man wisse, warum der Kunde komme. „Die Karten bestätigen unsere Vermutungen dann“, ergänzt die Tochter, die den mystischen Blick ihrer Mutter ganz sicher geerbt hat.
Luxemburg als „spirituelle Idylle“Zur Luxemburger Schueberfouer kommen sie seit 2009. Wenn sie nicht gerade in Luxemburg oder ihrem Heimatland Holland sind, reisen sie mit ihrem Wohnwagen quer durch Europa oder gar durch Amerika. Das Großherzogtum sei aber ganz besonders: „Ich freue mich immer, wenn ich nach Luxemburg komme“. Der Grund: „Die Menschen hier sind sehr offen, lieb und spirituell.“Das liege sicher auch am internationalen Flair des Landes, der der Spiritualität guttue.
„Die Menschen, die zu uns kommen, sind zumeist bereits spirituell angehaucht“, fährt Michele fort. „Und sie kommen aus allen Gesellschaftsschichten und Alterskategorien.“Viele Bankangestellte seien auf der Schueberfouer darunter auch Geschäftsleute.
Besonders am Herzen liegen Michele aber Jugendliche, die ihren Weg suchen oder in Lebensfragen nicht mehr weiterwissen. Denen gibt sie Halt und Motivation. Hier verschwimmen sicher auch die Grenzen zwischen der Seelentrösterin und der Wahrsagerin.
In Luxemburg haben Mutter und Tochter längst eine Stammkundschaft aufgebaut, die jedes Jahr in den alten Holzwohnwagen auf der Schueberfouer zurückkehrt. Manche
Kunden halten auch darüber hinaus Kontakt zu den Wahrsagerinnen – per Mail oder Telefon. Regelmäßig bekommen Mutter und Tochter Mails und Anrufe von luxemburgischen Kunden. Jeder sei willkommen, selbst Kritiker. „Jeder darf kritisch sein“, so Michele.
Die Liebe ist es, was die meisten ihrer Kunden umtreibt. Doch nicht nur ihren Kunden ist die Liebe wichtig, sondern auch Anika und Michele. Denn die Gabe allein reiche nicht aus. „Als Wahrsagerin braucht es viel Liebe zum Beruf“, bekräftigt Michele. „Ich gebe sehr viel Liebe, dafür bekomme ich aber auch Liebe und Dankbarkeit zurück“, fügt sie hinzu und ihr Lächeln spricht Bände.
Dankbarkeit bekomme sie viel, eben weil sie nicht nur die Zukunft vorhersage, sondern den Menschen Orientierung gebe. „Ich zeige ihnen einen Weg, wie sie das Beste aus sich machen können“, verspricht Michele. „Durch meine Hilfe sollen sie ihr Glück umsetzen können.“Menschen Selbstbewusstsein zurückzugeben, sei ein entscheidender Teil.
Aber: „Die Menschen in Luxemburg sind eigentlich schon positiv eingestellt“, merkt Mutter Anika, die ihrer Tochter bisher aufmerksam zugehört hat, an. Ohnehin ist für Drama und negative Energien in ihrem alten Familienwohnwagen kein Platz.
Durch meine Hilfe sollen meine Kunden ihr Glück umsetzen können. Michele Theunisz, Wahrsagerin