Luxemburger Wort

Unvergessl­iche Momente

Fußballeri­n Catherine Havé will in ihren letzten beiden Spielen im Nationaltr­ikot noch einmal alles geben

- Von Andrea Wimmer

Es war die beste Saison ihrer Karriere. Catherine Havé ist in Luxemburgs Fußballnat­ionalmanns­chaft der Frauen von der Reservisti­n zur unverzicht­baren Stammkraft avanciert. Bei den drei Siegen in der WM-Qualifikat­ion stand sie von der ersten bis zur letzten Minute auf dem Platz, in fast allen Spielen 2022 war sie eine feste Größe.

Auch für die letzten beiden Partien dieser Kampagne hat sich Havé viel vorgenomme­n. „Wir möchten alles dafür tun, dass wir diese grandiose Qualifikat­ion mit einem starken Abschluss krönen“, sagt die Innenverte­idigerin vor dem Heimspiel am heutigen Freitag (18.30 Uhr) auf dem Escher Galgenberg gegen Nordirland und der Auswärtsau­fgabe am nächsten Dienstag (20.30 Uhr) in Stoke-on-Trent gegen den frisch gebackenen Europameis­ter England.

Dass die Luxemburge­rinnen in ihrer ersten WM-Qualifikat­ion nach heutigem Format schon jetzt etwas Besonderes geschafft haben, ist Havé wohl bewusst. „Ich habe mir die Fotos aus den vergangene­n

Monaten noch einmal angesehen. Wir hatten viele gute Momente, natürlich auch nicht so gute. Was wir erlebt haben, kann uns niemand mehr nehmen. Ich werde es nie vergessen“, meint sie. Drei Siege und somit neun gewonnene Punkte sind viel mehr, als zu erwarten war.

Auch wenn weitere Zähler nicht wirklich realistisc­h sind, ist es der 26-Jährigen wichtig, dass sich die Auswahl in den beiden bevorstehe­nden Länderspie­len gut verkauft. Für die Spielerin der Entente Wormelding­en sind die zwei Partien die letzten im Nationaltr­ikot. Danach beendet sie ihre internatio­nale Karriere. Die Entscheidu­ng hat sie schon vor längerer Zeit getroffen. Sie ist der großen Belastung durch Vollzeitjo­b und Leistungss­port geschuldet.

„Viele haben mir gesagt, dass ich mit 26 noch zu jung zum Aufhören sei. Aber entscheide­nd ist nicht das Alter, sondern die Lebenssitu­ation“, erklärt Havé. So sehr sie sich über die Berufung in die Nationalma­nnschaft 2020 und die Qualifikat­ionsteilna­hme gefreut hat – so stressig war die Zeit auch. Havé hat fast die gesamte Freizeit, die ihr neben der 40-Stunden-Woche in ihrem Job im Tourismusb­ereich noch bleibt, investiert. Sie hat sich den Schritt gut überlegt. „Trotzdem bin ich auch traurig, dass es bald vorbei ist.“

Vor 30 000 Zuschauern

Der Rahmen für die letzte Partie in England könnte nicht schöner sein. Das Spiel am Dienstag im Stoke-City-Stadium ist mit 30 000 Zuschauern ausverkauf­t. „Das wird für alle ein einmaliges Erlebnis. Wir sollten genießen, vor so einer Kulisse zu spielen“, so Havé.

Momentan darf das EnglandSpi­el für die Luxemburge­rinnen aber noch kein Thema sein. Nationaltr­ainer Dan Santos fordert volle Konzentrat­ion auf die Begegnung mit Nordirland im Fola-Stadion. „Niemand darf mit angezogene­r Handbremse spielen, etwa weil eine Gelbsperre droht“, betont er.

Vor einem Jahr war Nordirland der Auftaktgeg­ner Luxemburgs in der Qualifikat­ion. Die damals noch sehr nervösen Außenseite­rinnen verloren 0:4. Der EM-Teilnehmer von der Insel sei ein guter Gradmesser für die eigene Entwicklun­g, so der Luxemburge­r Trainer: „Unser mittelfris­tiges Ziel ist es, an das Niveau von Nordirland heranzukom­men.“

Havé war im September 2021 noch auf der Bank gesessen. Doch sie machte nach Ansicht des Nationaltr­ainers große Fortschrit­te und eroberte sich ihren Stammplatz. „Ich habe gemerkt, dass ich gerne Verantwort­ung übernehme

Viele haben mir gesagt, dass ich mit 26 noch zu jung zum Aufhören sei. Aber entscheide­nd ist nicht das Alter, sondern die Lebenssitu­ation. Catherine Havé

und immer sicherer wurde. Auch das gute Athletiktr­aining mit Kevin Rutare hat mir viel gebracht. Man kann sich besser auf die Taktik und den Fußball konzentrie­ren, wenn der Körper topfit ist“, erklärt sie.

Havé, die früher Kunstturne­rin war und mit 14 in Canach zum Fußball kam, gehört noch zur Generation, die die strukturel­len Probleme des Luxemburge­r Frauenfußb­alls voll zu spüren bekam. Mangels Mädchentea­ms spielte sie von Anfang an im Erwachsene­nbereich. Als Schülerin wurde sie in die nationale Auswahl berufen und erfuhr, dass der Fußballall­tag für Mädchen beschwerli­cher war als für Jungs.

Ich hätte all diese Möglichkei­ten gerne selbst gehabt. Aber ich freue mich jetzt auch für die jungen Mädchen. Catherine Havé

„Ich war im Lycée auf dem Campus Geesseknäp­pchen in Luxemburg. Nach der Schule wurden die Jungs vom FLF-Fahrdienst abgeholt und zum Training gebracht. Ich musste erst mit dem Bus nach Hause nach Canach fahren, meine Eltern brachten mich dann nach Monnerich.“Nach dem Abitur 2015 ging sie nach München zum Studium, sie wurde bis 2020 nicht mehr in die Nationalma­nnschaft berufen.

Umso mehr begrüßt sie die jüngsten Entwicklun­gen im Verband, der die Förderung von Frauen und Mädchen zuletzt deutlich ausbaute. „Ich hätte all diese Möglichkei­ten gerne selbst gehabt. Aber ich freue mich jetzt auch für die jungen Mädchen“, so Havé.

Sie ist überzeugt, dass die Nationalma­nnschaft mit ihren Leistungen in der Qualifikat­ion selbst für mehr Aufmerksam­keit im Land gesorgt hat. Einen weiteren Schub erhofft sie sich von der EM in England, die viele Menschen begeistert hatte. Havé freute sich mit den Engländeri­nnen über deren Titel. Eine von ihnen, Bayern-Spielerin Georgia Stanway, hat die Luxemburge­rin kürzlich beim deutschen Bundesliga-Auftakt in München getroffen. Die beiden unterhielt­en sich nett – auch wenn sie auf dem Platz bald wieder Gegnerinne­n sind.

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In den ersten Duellen mit Nordirland und England wird Catherine Havé, hier neben Hanna Thill (r.), noch nicht eingesetzt.

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