Luxemburger Wort

20 Tage Fröhlichke­it

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Wenn sich das Riesenrad gegen den von der untergehen­den Sonne gefärbten Himmel abhebt und wie eine ferne Weltraumst­ation langsam zu rotieren beginnt, dann geht der Sommer zu Ende. Pünktlich zu Beginn der Schobermes­se sind die meisten Urlauber wieder zu Hause und tragen ihre Sonnenbräu­ne aus Mallorca oder von den griechisch­en Inseln spazieren. 20 Tage Fröhlichke­it sind angesagt, mit der größten Geisterbah­n der Welt und dem Gravity, das mutige Menschen in luftige Höhen katapultie­rt. Und auch die Wilde

Maus ist wieder da.

Ich finde es wunderbar, dass man sich nach zwei Jahren Zwangspaus­e wieder dort bewegen kann, wo die Zeit offenbar festgemach­t hat: Am Stand mit den fettigen Grompereki­chelcher und dem Glas Riesling, bevor der Rundgang auf dem Festplatz beginnt. Vom Gyros-Stand bis zur Crêperie, von der Tapas-Bar bis zum Thailänder, deren exotische Leckerbiss­en besonders begehrt sind, niemand muss darben. Wieder wurden tonnenweis­e Grillwürst­e herangesch­leppt, das Sauerkraut und die gebratenen Fische von der Mosel.

Das Entenangel­n hat die Jahrzehnte überlebt. Erst haben mir die Töchter Miriam und Julia die Franken aus der Tasche gezogen, dann waren es die Enkel Max und Ferdinand, die auf einer leeren Bierkiste standen und Jagd auf diese merkwürdig­en Plastik-Vögel machten.

Zum 680. Mal wird die Messe vor den Toren der Stadt abgehalten, „Jang de Blannen“, König von Böhmen und Graf von Luxemburg, sei Dank. Natürlich konnte der Souverän beim Unterzeich­nen der Urkunde nicht ahnen, dass später elektronis­che Gondeln über das Gelände huschen würden, dass die Besucher in allerlei Fahrzeugen durcheinan­dergewirbe­lt werden und Waffeln kulinarisc­he Ansprüche erfüllten. Für viele ist die „Fouer“ein Platz, an dem man alte Bekannte treffen kann. Im „Schwarzwal­dhaus“sitzen immer ein paar von ihnen vor ihren Schmalzbro­ten und dem Weißherbst aus dem Badischen und reden von guten alten Zeiten.

20 Tage lang sind totales Amüsement auf Riesenrad und Autoscoote­rn, in Weinzelten und Biersalons angesagt. Wer Lust auf einen Ausflug in seine Vergangenh­eit hat, der setze sich auf die Bank vor dem Karussell mit dem Feuerwehra­uto und den weißen Schwänen, das in meiner böhmischen Kindheit „Ringelspie­l“hieß.

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von Rainer Holbe

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