Selbstbedienung
An vier Tagen darf in der Hauptstadt in zwei Bongerten kostenlos Obst gepflückt werden
Luxemburg. Aufmerksamen Passanten wird es bereits aufgefallen sein: Überall in Luxemburg-Stadt verteilt stehen Obstbäume entlang von Straßen oder in größeren Bongerten. Nicht alle sind in Privatbesitz, viele gehören zum Bestand der Gemeinde.
So gibt es in der Hauptstadt verteilt 13 Obstbaumwiesen mit insgesamt 361 unterschiedlichen Arten an Bäumen. Und gerade um diese Jahreszeit hängen diese voll mit Äpfeln, Kirschen oder Zwetschgen – auch wenn diese noch nicht reif sind.
Damit das Obst nicht einfach herunterfällt und fault, nimmt die Zentrumsgemeinde in diesem Jahr zum ersten Mal an der Aktion „Gielt Band: pléckt dëst Uebst!“teil. Während vier Tagen im September ist es dann erlaubt, in den Bongerten in den Vierteln Grund und Belair kostenlos Früchte zu pflücken (siehe Kasten unten).
„Bei anderen Gemeinden geht die Aktion über mehrere Wochen.
Marc Goedert ist Chef des Sektors Altstadt und Hauptbahnhof beim Service Parcs.
Doch auf vielen unserer Obstwiesen weiden meistens Schaffe oder Esel“, erklärt die hauptstädtische Umweltbeauftragte, Manon Bosch. Aus diesem Grund würden die Wiesen nur an zwei Wochenenden geöffnet werden.
Lebensmittel nicht verschwenden Das „Gielt Band“wurde einst vom Ministerium für Landwirtschaft und dem Dachverband der Gemeinden (Syvicol) ins Leben gerufen, um gegen Lebensmittelverschwendung im Großherzogtum vorzugehen. So dürfen Einwohner das Obst von allen Bäumen pflücken, die mit einem gelben Bändchen markiert sind. Kiloweise Obst könnten somit für Säfte, Marmeladen oder Torten genutzt werden, schreibt das Ministerium. Das gelbe Band soll zudem verhindern, dass nicht ungewollt Obst von Bäumen geerntet wird, welche sich in Privatbesitz befinden.
Für die Stadtverantwortlichen ist die Aktion an den beiden Standorten erst einmal als Test gedacht. „Mitarbeiter des Service Parcs sind an den Terminen vor Ort, um bei Fragen helfen zu können.“Auch soll so vermieden werden, dass die Bäume beschädigt werden oder jemand zu viel von dem Obst einpackt. „Es ist eine solidarische Aktion für jeden“, sagt Bosch, wenn auch hauptsächlich für die Einwohner der Hauptstadt gedacht.
Die Obstbäume sind historische Sorten aus der Großregion. Alleine
unter den 233 Apfelbäumen gibt es unter anderem die Arten Ramborn, Renette oder Goldparmäne. Wie viel es von jeder Sorte allerdings genau gibt, darüber gibt es keine genauen Daten.
„In einem Projekt wurden seit 2021 alle Bäume in der Hauptstadt katalogisiert und in einer digitalen Karte aufgenommen“, sagt Manon Bosch. In den kommenden Jahren werde nun jeder Obstbaum einzeln auf seine Sorte hin überprüft und die unterschiedlichen Merkmale wie zum Beispiel die Schnittphase
vermerkt, so die Umweltbeauftragte.
An Bedeutsamkeit verloren
Zuständig für die Obstwiesen im Herzen von Luxemburg-Stadt ist Marc Goedert, Chef des Sektors Altstadt und Hauptbahnhof beim Service Parcs. „Leider haben Bongerten heutzutage nicht mehr den gleichen Stellenwert wie früher.“Neue Obstbäume werden fast nicht mehr gepflanzt. „Gerade bei Schulen oder Wohnvierteln, wollen die Menschen wegen der Hornissen keine Obstbäume“, sagt Goedert.
Umso wichtiger sei der Unterhalt der existierenden Bestände. „Wir setzen auf Biodiversität und versuchen so wenig wie nötig Einfluss auf die Bäume zu nehmen.“Nur ein- bis zweimal im Jahr wird der Rasen gemäht. „Einige Bäume müssen jetzt allerdings im Herbst gestutzt werden, um diese zu retten“, fügt Goedert hinzu.
Auf vielen Obstwiesen weiden normalerweise Schafe und Esel. Manon Bosch, Umweltbeauftragte VdL