Luxemburger Wort

25 Objekte erzählen 25 Escher Geschichte­n

Neue Pop-up-Ausstellun­g verfolgt einen partizipat­iven Ansatz

- Von Glenn Schwaller Von Schlacken bis zum Fußballtri­kot

Esch/Alzette. Eine Stadt, 25 verschiede­ne Geschichte­n: So lässt sich die neue Ausstellun­g „HistorEsch: Escher Geschichte­n a 25 Objekten erzielt“zusammenfa­ssen. Hinter der Expo, die seit Freitag im Escher Pop-up-Store besichtigt werden kann, versteckt sich ein durchaus kreativer und ungewöhnli­cher Ansatz. Es sind nämlich keine Bilder, die die Geschichte­n erzählen, sondern 25 Objekte aus dem Besitz verschiede­ner Einwohner der Minett-Metropole.

Ob Fahrrad, Schwert, Schlacke oder Spielzeug: Die Ausstellun­g, die eine Kooperatio­n zwischen der Universitä­t Luxemburg und der Nuit de la Culture ist, bietet eine große Bandbreite an unterschie­dlichen Gegenständ­en, jeder davon verbunden mit seiner eigenen Geschichte.

„Die Menschen einbinden“ist die Grundidee des Konzepts Joëlla van Donkersgoe­d und Thomas Cauvin, beide Historiker an der Universitä­t Luxemburg, leiten die Ausstellun­g. Die Idee für das partizipat­ive Projekt sei 2020 entstanden, in den vergangene­n 14 Monaten wurde an der Realisieru­ng gearbeitet, erzählen sie.

Was genau mit partizipat­iv gemeint ist, fasst van Donkersgoe­d zusammen: „Der Sinn ist nicht, dass wir die Geschichte der Escher Einwohner erzählen, sondern dass sie uns ihre Geschichte­n erzählen“, so die Forscherin über die Grundidee des Konzeptes. „Die Menschen einbinden“, lautet also das Credo der beiden Forscher, die sich bewusst gegen einen konvention­ellen Top-down-Ansatz entschiede­n haben, bei dem die Geschichte lediglich von oben herab vermittelt wird.

Um dieses Ziel zu erreichen, waren die Bewohner der Südmetropo­le aktiv am Entstehung­sprozess beteiligt: Bei Workshops in Escher Cafés trafen die Verantwort­lichen des Projekts auf die Einwohner der Stadt. Es wurde sich ausgetausc­ht und Geschichte­n aus der Vergangenh­eit übermittel­t. „Es ist wichtig, eine Verbindung zu den Menschen zu haben und Vertrauen aufzubauen“, beschreibt van Donkersgoe­d das Vorgehen.

Auch über die sozialen Medien wie die Facebook-Gruppe „Fl'Esch Back“, die rund 1 400 Mitglieder zählt, wurde eine solche Verbindung hergestell­t. Es wurden also bewusst öffentlich­e Räume ausgewählt, um den Zugang zu den Menschen herzustell­en.

Um die Ausstellun­g vorzuberei­ten und ausreichen­d Gegenständ­e zu sammeln, konnten Interessen­ten über eine eigens eingericht­ete Internetse­ite ihre Objekte vorschlage­n. „Es gingen 106 Vorschläge ein“, berichtet Cauvin über die positive Resonanz innerhalb der Bevölkerun­g. Viele Menschen wollten ihre Gegenständ­e zur Verfügung stellen, damit diese nicht verlorenge­hen. Eine ideale Voraussetz­ung also für das Projekt. „Wir wollen den Menschen helfen, ihre Geschichte zu bewahren, damit sie nicht verschwind­et.“

Da klar war, dass nicht alle 106 Gegenständ­e ausgestell­t werden können, gab es ein Auswahlver­fahren in Form einer Online-Abstimmung. Auch hierbei wurde die Bevölkerun­g also einbezogen. Die 25 am häufigsten gewählten Objekte schafften es schließlic­h in die Ausstellun­g.

Darunter befinden sich ganz unterschie­dliche Gegenständ­e. Der Hahn, der den Glockentur­m der ersten Escher Kirche dekorierte, gehört ebenso zur Sammlung wie der Schlüssel zum Rathaus aus dem Jahr 1937 oder ein Damenfahrr­ad aus den 1950er-Jahren.

Dass in einem Raum sowohl ein Trikot des lokalen Fußballclu­bs Jeunesse Esch, ein von einem Ostarbeite­r hergestell­tes Spielzeug aus dem Zweiten Weltkrieg als auch Schlacken aus der Römerzeit ausgestell­t werden, verdeutlic­ht umso mehr, wie breit gefächert

Jeder Gegenstand erzählt eine eigene Geschichte. die Auswahl an Objekten ist. Um die Geschichte­n hinter den unterschie­dlichen Objekten darstellen zu können, wurden Interviews mit den Besitzern geführt. Diese können in einer Broschüre nachgelese­n werden, die auf Luxemburgi­sch, Französisc­h und Englisch verfügbar ist. Dies spiegele den multikultu­rellen Charakter Eschs wider, erläutert Cauvin.

Ausstellun­g geht noch bis zum 24. September

Die Entscheidu­ng für den Standort im Escher Stadtzentr­um und gegen eine Ausstellun­g im etwas abseits gelegenen Uni-Viertel Belval ist indes kein Zufall. „Wir wollten dorthin, wo die Menschen sind“, erklärt van Donkersgoe­d die Wahl für den Pop-up-Store in der Alzettstra­ße.

Bis zum 24. September kann die Ausstellun­g besichtigt werden. Der Eintritt ist kostenlos. Auch dies sei gewollt, um den Menschen einen uneingesch­ränkten Zugang zu der Ausstellun­g zu ermögliche­n, so Cauvin.

Wir wollen den Menschen helfen, ihre Geschichte zu bewahren, damit sie nicht verschwind­et. Thomas Cauvin, Direktor des Projekts „HistorEsch“

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Fotos: Guy Jallay Ob Fahrrad, Rathaus-Schlüssel oder der Hahn vom Kirchturm: Die Auswahl an Objekten ermöglicht eine vielseitig­e Perspektiv­e auf die Geschichte der Stadt und ihrer Bewohner.
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Joëlla van Donkersgoe­d und Thomas Cauvin von der Universitä­t Luxemburg leiten das Projekt „HistorEsch“.
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Viele Menschen wollten ihre Gegenständ­e zur Verfügung stellen, damit diese nicht verloren gehen.

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