Hohe Energiepreise treffen Geringverdiener
Gewerkschaftsbund warnt vor unbezahlbaren Ausgaben – Luxemburg hat vergleichsweise wenig Grund zum Jammern
Das, was Geringverdiener in der EU jährlich für ihre Energiekosten ausgeben müssen, ist in den meisten Mitgliedsstaaten der Europäischen Union inzwischen höher als ihr Monatseinkommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine in Auftrag gegebene Studie des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB).
Demnach hatten bereits 9,5 Millionen Erwerbstätige vor Beginn des extremen Anstiegs der Lebenshaltungskosten Schwierigkeiten, ihre Energierechnungen zu bezahlen. Allein bis Juli dieses Jahres sind die Kosten für Gas und Strom in ganz Europa im Vergleich zum Vorjahr um 38 Prozent gestiegen – Tendenz weiter steigend.
Luxemburger erwirtschaften Energiekosten in 14 Tagen
Unterschieden wird in der Studie zwischen Mindestlohnempfängern und Durchschnittsverdienern. Dass auch Letztere in einigen Ländern zu kämpfen haben, zeigt Griechenland. Dort benötigen Arbeitnehmer mit einem Durchschnittseinkommen 36 Tage, um die Energiekosten (Stand Juli) abzudecken, gefolgt von Tschechien (33), Italien (30) und Slowenien (30).
Weitaus weniger hart trifft es die Durchschnittsverdiener in Luxemburg. Dort sind lediglich 14 Tage zum Erwirtschaften der jährlichen Energiekosten erforderlich, womit das Großherzogtum nach Litauen (11) den zweitbesten Wert der EU erzielt.
Bei Litauen liegt es an den extrem niedrigen Energiekosten, bei Luxemburg am vergleichsweise hohen Einkommen. Das Nachbarland Deutschland bewegt sich mit 21 Tagen im Mittelfeld, in Frankreich sind es 20, in Belgien 24 Tage.
Mindestlohnempfänger in Tschechien brauchen zwei Monate Deutlich dramatischer ist die Situation bei den Mindestlohnempfängern. Laut EGB hat die Entwicklung seit Anfang des Jahres dazu geführt, dass Arbeitnehmer, die in 16 EU-Mitgliedstaaten den Mindestlohn verdienen, den Gegenwert eines Monatslohns oder mehr beiseitelegen müssen, um zu Hause Licht und Heizung am Laufen zu halten. Vor einem Jahr galt das noch für „lediglich“acht Länder.
Die Zahl der Tage, die ein Mindestlohnempfänger aufbringen muss, um seine Energierechnung zu bezahlen, ist dabei in einigen Ländern drastisch gestiegen: in Estland beispielsweise um 26 auf nun 54 Tage, in den Niederlanden um 20 auf 48 Tage und in Tschechien um 17 auf nun 65 Tage. Niedriglohnempfänger in der Tschechischen Republik müssen also mehr als zwei Monatseinkommen für die jährlichen Energiekosten aufwenden.
Situation verschärft sich weiter
Französische Geringverdiener kommen auf 30 Tage, deutsche auf 33 und belgische auf 37 Tage. Explizite Angaben zu Mindestlohnempfängern in Luxemburg weisen die Zahlen des EGB nicht aus. Aktuell liegt der Mindestlohn laut Regierung
Avis de sociétés
bei 2 313 Euro. Mindestlohnempfänger in Luxemburg verdienen damit mehr als die Durchschnittsverdiener in zehn anderen EU-Ländern. Insofern ist davon auszugehen, dass die Zahl der Tage, die luxemburgische Niedriglohnempfänger zur Deckung der Energiekosten arbeiten müssen, im EU-Vergleich ebenfalls eher gering ist.
Der Gewerkschaftsbund weist allerdings darauf hin, dass sich die Zahlen auf die Energiekosten im Juli bezögen. Die Krise habe sich seitdem weiter verstärkt und verschärfe sich durch den weiteren Anstieg der Kosten für Energie und andere lebensnotwendige Güter. „Diese Preise sind einfach unbezahlbar für Millionen Menschen“, so die stellvertretende EGB-Generalsekretärin Esther Lynch.