Bereit für den Abflug
Im Naturreservat Schlammwiss bereiten sich die Zugvögel auf ihre Reise vor
Übersyren. Die ersten Zugvögel sind schon längst in ihren Überwinterungsgebieten angekommen. „Die Herbstmigration beginnt, wenn die Frühjahresmigration aufgehört hat“, sagt Jim Schmitz, der Vizepräsident von natur&ëmwelt, bei einem Besuch im Naturreservat Schlammwiss. Die Sumpfrohrsänger brechen als Erste auf. Bereits Anfang Juli fliegen die Männchen in Richtung Süden.
„Die Schwalben sind wohl als Nächste dran“, meint der Ornithologe. Sie seien bereit für den Abflug. 15 000 bis 20 000 Schwalben warten derzeit in Niederanven auf den richtigen Moment, um aufzubrechen. Darunter befinden sich auch Schwalben aus dem norddeutschen Helgoland, wie die Studenten der Beringungsstation herausgefunden haben.
Die ersten kleineren Gruppen seien bereits aufgebrochen. Lange wird es nicht mehr dauern, bis auch die restlichen Schwalben das Naturschutzgebiet verlassen werden. Das ist wohl auch der Grund, weshalb Jim Schmitz einen nervösen Eindruck macht. Großherzog Henri habe sich für einen Besuch später am Tag angemeldet. „Er interessiert sich für die Schwalben“, so Schmitz.
Eine Nummer ans Bein und ein Eintrag in die Datenbank
200 bis 300 Vögel fangen die Studenten in der Bedienungsstation pro Tag ein. „Während der Migrationszeit“, betont die Studentin. Die meisten davon tragen keinen Ring. Das wird schnell geändert. Der Vogel erhält eine Nummer an sein Bein und einen Eintrag in die Datenbank. Es komme aber auch vor, dass der eingefangene Vogel bereits bekannt ist.
„Alleine heute Morgen haben wir drei Eisvögel eingefangen“, sagt ein Student. Darunter war auch ein bereits bekanntes Exemplar, das eigentlich im Schifflinger Brill zu Hause ist. Es gibt aber auch Besucher, die von deutlich weiter angereist sind. Jeder 500 bis 1 000 Vogel, den wir einfangen, trägt einen ausländischen Ring. „Heute waren schon drei Belgier und ein Vogel aus Hiddensee dabei.“
Die neuen Technologien eröffnen den Vogelforschern ganz neue Möglichkeiten. In Skandinavien wurden Blaukehlchen besendert. Als die Telemetriedaten ausgewertet und auf einer Landkarte eingezeichnet wurden, staunten die Ornithologen nicht schlecht. „Die Blaukehlchen sind bis nach Indien geflogen, das war bisher nicht bekannt“, so Schmitz.
Sieben Milliarden Vögel machen sich in Europa jeden Herbst auf den Weg. „Manchmal fliegen die Ornithologen ihnen nach“, so Schmitz. Ein ehemaliger Mitarbeiter würde in Nigeria leben und dort in einer Beringungsstation an einem Vogelatlas Afrikas arbeiten. „In der Schlammwiss hat er gelernt, wie man einen Vogel beringt“, so Schmitz.
In Spanien sei eines Tages ein Vogel eingefangen worden, der einen südafrikanischen Ring trug. Exemplare aus dieser Population seien noch nie in Europa aufgetaucht. Die Aufregung unter den Ornithologen war also außergewöhnlich groß, als sie das Zeichen für den südafrikanischen Staat am Beinchen des Vogels entdeckten.
Die Vogelwelt musste dann doch auf eine Sensation verzichten. Nach einem Blick in die Datenbank kam die Ernüchterung. „Der nigerianischen Beringungsstation waren die Ringe ausgegangen und eine Universität aus Südafrika hatte ausgeholfen“, erklärt Schmitz.
Datensammeln im Dienst der Wissenschaft
In den Schlammwissen geht es nicht nur um das Datensammeln. „Neben der Wissenschaft geht es auch darum, den Leuten die Natur näherzubringen“, betont Schmitz. Als Beispiel gab er eine Frau an, die ihn kontaktierte und fragte, ob es Eisvögel in den Schlammwissen
Die Blaukehlchen sind bis nach Indien geflogen, das war bisher nicht bekannt. Ornithologe Jim Schmitz
geben würde. Diese Frage konnte Schmitz bejahen. „Der Eisvogel ist das inoffizielle Maskottchen des Reservates“, sagt Schmitz – mit einem frisch beringten Eisvogel in der Hand.
Die Frau wollte ihrem vogelbegeisterten Mann eine Freude bereiten. Er hatte wohl für längere Zeit auf eigene Faust nach dem schillernden Eisvogel Ausschau gehalten – doch er hatte kein Glück. „Als sie hier waren, hatten sie gleich mehrere Eisvögel gesehen“, so Schmitz. Endlich hatte der Mann die langersehnte Beobachtung machen können.
Dann entschuldigt er sich. Aus dem dichten Schilf taucht eine Besuchergruppe auf. „Eine Gruppe der Caritas“, sagt er. Im Gänsemarsch wandern sie in Richtung Beringungsstation. „Es waren auch schon Gruppen mit Asylbewerbern hier.“Als Jim Schmitz ihnen die Migrationswege der Zugvögel auf der Informationstafel erklärte,