Noch sehr viel Luft nach oben
Weniger als drei Prozent der Fahrzeuge in Luxemburg sind rein elektrisch unterwegs
Wenn die Nutzung fossiler Brennstoffe und deren Folgen etwas befeuert haben, dann war das nicht nur die Erderwärmung, sondern auch das Formulieren von Zielen, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Solche Ziele gibt es auf allen Ebenen und für alle Bereiche. Für die Industrie, für den Wohnungsbau, für den Handel – und natürlich auch für den Verkehr. So sollen laut EU-Plan bis 2030 auf Europas Straßen 30 Millionen E-Autos unterwegs sein. Und noch ambitionierter ist das vor wenigen Jahren definierte Ziel Luxemburgs. Nach den Plänen der Regierung sollen 2030, also in acht Jahren, 49 Prozent der im Land zugelassenen Fahrzeuge elektrisch unterwegs sein. Bei aktuell 448 000 angemeldeten Fahrzeugen wären das 220 000.
Wie weit das Land von diesem Ziel noch entfernt ist, hat dieser Tage eine parlamentarische Anfrage der PiratenFraktion mit Verweis auf aktuelle Daten (data.public.lu) gezeigt. Demnach macht der Anteil der Elektrofahrzeuge am in Luxemburg zugelassenen Fuhrpark aktuell weit weniger als drei Prozent aus.
Nun muss man zur Ehrenrettung der Regierung sagen, dass es sich bei dieser Quote nur um rein elektrisch betriebene Fahrzeuge handelt. Autos, die mit hybriden Antriebsformen unterwegs sind, wurden also nicht mitgezählt. Und das betont dann auch das Mobilitätsministerium in seiner Antwort auf die Anfrage und stellt klar, dass sowohl die EU als auch die luxemburgische Regierung bei der Definition der Zielvorgaben eben auch Hybrid-Fahrzeuge einbezogen habe.
Das Ministerium verweist in diesem Zusammenhang auf Zahlen von Ende Juli, nach denen 11 720 Fahrzeuge rein elektrisch und weitere 10 801 mit hybridem System angemeldet waren. Rechnet man das zusammen, kommt man auf einen Anteil von knapp über fünf Prozent. Das ist schon etwas besser, bis zum Ziel fehlen aber noch weitere 44 Prozent. Es bleibt also noch viel von Abgasen geschwängerte Luft nach oben.
Was aber in den vergangenen Jahren durchaus ordentlich zugenommen hat, ist der Anteil der E-Autos (inklusive Hybrid) bei den Neuzulassungen. Waren es 2017 mit insgesamt 1 073 Elektrofahrzeugen noch weniger als drei Prozent aller Neuzulassungen, so hat sich der Anteil in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöht auf über 20 Prozent im vergangenen Jahr und mehr als 23 Prozent (5 987 Fahrzeuge) im ersten Halbjahr 2022.
Kein anderer wechselt so oft
Verglichen mit anderen EU-Ländern steht Luxemburg auch sehr gut da. So wurden nach Angaben des europäischen Herstellerverbandes ACEA im vergangenen Jahr zwar die meisten E-Fahrzeuge in Deutschland verkauft, doch sind dort batteriebetriebene Autos im Straßenverkehr noch vergleichsweise selten. Im Frühjahr lag der Anteil im Nachbarland mit gut 687 000 Autos bei 1,3 Prozent. Bis 2030 sollen es nach dem Willen der Bundesregierung 15 Millionen sein. Deutschlands Ziele sind also noch ambitionierter als die in Luxemburg.
Dass das Großherzogtum im EUVergleich beim Anteil der zugelassenen E-Fahrzeuge besser abschneidet als die meisten anderen Länder, könnte nicht zuletzt auch damit zusammenhängen, dass die Luxemburger zu ihrem Auto zwar oft ein sehr inniges, aber eben kein langlebiges Verhältnis haben. 22 Prozent der Fahrzeuge sind höchstens zwei Jahre alt, die Hälfte aller Autos maximal fünf Jahre alt.
Das heißt: Mit der Kaufentscheidung und der damit verbundenen Wahl zwischen Verbrenner oder Elektro werden Autofahrer hierzulande statistisch gesehen häufiger und auch deutlich früher konfrontiert als in anderen Ländern. Was die Kaufentscheidung oft zugunsten des Elektroautos ausfällen lässt, ist der staatliche Zuschuss. Zwar wurde die Förderung von Hybrid-Fahrzeugen vergangenes Jahr eingestellt, für reine Elektroautos gibt es aber nach wie vor bis zu 8 000 Euro Zuschuss. Die Höhe der Summe ist dabei abhängig vom Energiebedarf und der Leistung. Ist beides niedrig, ist die Förderung höher.
Wer also beispielsweise einen 560kW-starken Porsche Tycan Turbo S anschafft, bekommt von den knapp 190 000 Euro Kaufpreis nur 3 000 Euro als Klimabonus erstattet. Das ist natürlich bitter. Dafür aber kann der Käufer froh sein, dass es er sich für ein EAuto und nicht für ein E-Fahrrad entschieden hat. Denn dafür bekäme er maximal 600 Euro als Zuschuss. Der Vorteil des E-Bikes ist allerdings der, dass man sich das Fahrzeug anschaffen kann, ohne sich Gedanken über das Aufladen machen zu müssen: einfach den Akku mit in die Wohnung nehmen und aufladen. Beim E-Auto ist die Sache schon etwas komplizierter – und auch von der Wohnsituation abhängig.
So gibt es derzeit – wie ebenfalls aus der Antwort der parlamentarischen Anfrage hervorgeht – aktuell im Land knapp 1 350 öffentliche Ladestationen. Hinzu kommen noch Stationen von Gemeinden und privaten Anbietern. Und auch das Förderprogramm für die Anschaffung von häuslichen Ladestationen werde gut genutzt.
Das Problem ist aber die Verfügbarkeit der dafür erforderlichen Leistung. Was auf dem eigenen Grundstück womöglich kein Problem ist, stößt bei einer Miet- oder Eigentumswohnung inmitten der Stadt schnell an seine Grenzen.
Blockierende Miteigentümer
Wie Minister François Bausch erklärt, hätten die Netzbetreiber auf Anfrage seines Ministeriums mitgeteilt, dass prinzipiell dennoch keine Anfrage zur Installation einer Ladebox abgewiesen werde. „Das bedeutet aber nicht, dass jeder Kunde auch die Leistung erhält, die er anfragt“, stellt Bausch klar. In Fällen, in denen also nicht die gewünschte Leistung – von der die Geschwindigkeit des Ladens abhängt – möglich ist, muss der Nutzer dann also mit weniger auskommen. Die reduzierte Leistung erlaube es aber in der
Regel, intelligente Ladestationen zu installieren, so der Minister. So wirklich zufriedenstellend ist die Situation aber auch aus Sicht der Regierung nicht. Zumal das für 2030 angepeilte Ziel auch nur dann erreicht werden kann, wenn die Ladeinfrastruktur den Bedarf abdeckt. Mit einer Förderung der Ladestationen allein ist es also nicht getan. Das Stromnetz muss es auch hergeben. Bei Eigentumswohnungen gibt es darüber hinaus auch noch ein weiteres Problem.
Nicht selten nämlich scheitert das Vorhaben auch daran, dass andere Miteigentümer der Wohnanlage nicht mitspielen. Wie Bausch erklärt, sei dafür kürzlich das Miteigentümerrecht entsprechend angepasst worden, um genau das zu vermeiden. So sei inzwischen für technische Maßnahmen wie etwa die Installation einer Wallbox nur noch die Zustimmung von der Mehrheit der Miteigentümer erforderlich. Es müssen also nicht alle im Haus damit einverstanden sein, wenn man eine Wallbox installieren möchte.
Nicht jeder Kunde erhält auch die Leistung, die er anfragt. Mobilitätsminister François Bausch