„Ich werde weiter angreifen“
Kevin Geniets präsentiert sich bei der Luxemburg-Rundfahrt in starker Verfassung
Kevin Geniets ist seit drei Tagen in Luxemburg. Der in Frankreich am Fuße der Alpen lebende 25-Jährige weilt nicht nur im Großherzogtum, um der Familie einen Besuch abzustatten. Geniets hat auch sportliche Ziele. Bei der 82. Landesrundfahrt möchte der Radprofi des Teams Groupama-FDJ mehr als nur mitrollen.
„Ich habe persönliche Ambitionen. Ich will mich in Szene setzen. Ich werde an allen Tagen ein paar Freiheiten haben. Ich freue mich auf das Rennen und starte mit jeder Menge Motivation. Es ist und bleibt etwas Besonderes, auf den Straßen unterwegs zu sein, auf denen man viel trainiert. Jetzt, wo ich nicht mehr in Luxemburg wohne, ist die Freude jedes Mal noch größer, wenn ich wieder hier bin“, macht er vor der ersten Etappe unmissverständlich klar.
Auf dem ersten Teilstück, das gestern in Kirchberg endete, ließ Geniets seinen Worten sofort Taten folgen. Als 16. erreichte er das Ziel in der ersten, 50 Fahrer großen Gruppe und verlor nicht nur keine Zeit auf die direkten Konkurrenten, sondern legte mit einer Attacke auf den letzten zweieinhalb Kilometern den Grundstein für den Triumph seines Teamkollegen Valentin Madouas.
„Das Heft in die Hand genommen“Dementsprechend gelöst war die Stimmung im Zielbereich, wo sich die beiden Freunde um den Hals fielen. „Wir haben von Beginn an klar gemacht, was unsere Ziele sind. Wir haben das Heft in die Hand genommen und das Rennen schwer gemacht. Wir sind am Start, um zu gewinnen. Wenn uns das dann tatsächlich glückt, ist es umso besser“, strahlte Geniets nach den Strapazen des Tages.
Der Landesmeister der vergangenen beiden Jahre schickt gleich noch eine Kampfansage hinterher: „Ich werde weiter angreifen, wenn die Beine gut sind. Ich war schon mehrmals nahe am Sieg, allerdings hat es bislang nicht geklappt. Wer nicht attackiert, kann auch nicht gewinnen.“
Im Rampenlicht stand Geniets zuletzt bei der Tour de France. Im Juli überzeugte er als unermüdlicher Helfer und sammelte in der teaminternen Hierarchie wichtige Punkte. Nach der FrankreichRundfahrt pausierte der 25-Jährige während zwei Wochen. „Das erlaubte mir, komplett abzuschalten und mental frisch in die letzten Wochen der Saison zu starten“, erzählt der Bruder von BasketballNationalspielerin Mandy Geniets. Bei der Tour du Limousin wurde er kurz von Knieschmerzen ausgebremst, nach ein paar Sitzungen beim Physiotherapeuten war das Problem jedoch behoben.
Bei der Tour du Doubs fuhr Geniets vor zehn Tagen auf Rang zehn. „Ich fühlte mich sehr gut“, offenbart er. Bei dem Eintagesrennen in Frankreich war er an der Seite von Valentin Madouas unterwegs, der den Wettkampf gewann. Auch bei der Skoda Tour will das Groupama-FDJ-Duo überzeugen. „Wir gehen als Doppelspitze an den Start. Das passt wie man gesehen hat ganz gut“, sagt Geniets mit einem Augenzwinkern. Der zweifache Landesmeister bei der Elite ergänzt: „Eigentlich liegen uns alle Etappen, weil das Terrain in Luxemburg nie wirklich flach ist und die Puncher im Vorteil sind.“
„Die perfekte WM-Vorbereitung“Auch das Einzelzeitfahren am Freitag treibt Geniets keine Sorgenfalten auf die Stirn: „Ich habe in den vergangenen Tagen extra ein paar
Einheiten auf der Zeitfahrmaschine absolviert. Das sollte passen. Ich werde die Etappe nicht gewinnen, aber ich kann mich ordentlich aus der Affäre ziehen.“
Wenn das gelingt, ist zweifelsohne eine Topplatzierung in der
Gesamtwertung möglich. Denn wer den Gesamtsieg anpeilt, darf beim Kampf gegen die Uhr nicht viel Zeit verlieren. „Ich konzentriere mich zunächst auf die einzelnen Etappen, ohne die Gesamtwertung aus dem Auge zu verlieren. In der Mannschaft habe ich die Zusage bekommen, dass ich bis zum Saisonende mehrmals die eigenen Karten ausspielen kann. Darauf freue ich mich. Beim Critérium du Dauphiné und bei der Tour de France wusste ich genau,
was ich zu tun hatte. Die Helferrolle gefällt mir. Jetzt kommen aber kleinere Rennen. Unsere Mannschaft ist weniger stark besetzt. Also werden sich mir Möglichkeiten bieten“, verrät der Luxemburger, der die Skoda Tour im Jahr 2019 als 15. abschloss.
Unmittelbar nach der Luxemburg-Rundfahrt geht es für Geniets nach Australien zur WM. Dort wird am 25. September auf einem anspruchsvollen Kurs um das Regenbogentrikot gekämpft. Geniets ist sich sicher: „Die Skoda Tour ist die perfekte Vorbereitung. Es passt mir gut, in der Woche vor der WM noch ein Rennen zu absolvieren. Durch die lange Anreise gehen zwei Tage verloren, das passt nach den fünf intensiven Etappen in Luxemburg ganz gut. Ohne Skoda Tour hätte ich einen harten Trainingsblock abspulen müssen. Auch mit der Zeitverschiebung sollte ich klarkommen. Ich würde bei der WM gerne einer der Akteure sein, der sich in Szene setzt. Der Parcours hat es in sich.“
Bei der Luxemburg-Rundfahrt kann Geniets weiteres Selbstvertrauen tanken. Der Auftakt ist gelungen. In Diekirch und insbesondere am Schlusstag kann er erneut ganz vorne dabei sein. Nicht nur die einheimischen Fans würde das freuen.
Erste Etappe mit Start und Ziel in Luxemburg-Stadt (163,8 km):
1. Valentin Madouas (F/Groupama) 4.00'25'' 2. Sjoerd Bax (NL/Alpecin) auf 3'' 3. Clément Berthet (F/Ag2r) 7'' 4. Matteo Trentin (I/Emirates) 8'' 5. Florian Sénéchal (F/Quick-Step) 6. Benjamin Thomas (F/Cofidis)
7. Maxime Bouet (F/Arkéa)
8. Victor Koretzky (F/B&B Hotels)
9. Franck Bonnamour (F/B&B Hotels)
10. Rune Herregodts (B/Sport Vlaanderen) 11. Kristian Sbaragli (I/Alpecin)
12. Dorian Godon (F/Ag2r)
13. Jonas Gregaard (DK/Uno-X)
14. Kévin Vauquelin (F/Arkéa)
15. Marco Tizza (I/Bingoal)
16. Kevin Geniets (Groupama)
17. Anthony Perez (F/Cofidis)
18. Lucas Eriksson (S/Riwal)
19. Giulio Ciccone (I/Trek)
20. Mattias Skjelmose Jensen (DK/Trek)
...
32. Ivan Centrone (Geofco)
35. Michel Ries (Arkéa)
53. Tom Wirtgen (Bingoal)
65. Luc Wirtgen (Bingoal
82. Colin Heiderscheid (Leopard)
83. Arthur Kluckers (Emirates)
89. Jacques Gloesener (Geofco)
111. Alexandre Kess (Geofco)
2'25'' 3'11'' 7'41''