Luxemburger Wort

„Ich werde weiter angreifen“

Kevin Geniets präsentier­t sich bei der Luxemburg-Rundfahrt in starker Verfassung

- Von Joe Geimer 16'38''

Kevin Geniets ist seit drei Tagen in Luxemburg. Der in Frankreich am Fuße der Alpen lebende 25-Jährige weilt nicht nur im Großherzog­tum, um der Familie einen Besuch abzustatte­n. Geniets hat auch sportliche Ziele. Bei der 82. Landesrund­fahrt möchte der Radprofi des Teams Groupama-FDJ mehr als nur mitrollen.

„Ich habe persönlich­e Ambitionen. Ich will mich in Szene setzen. Ich werde an allen Tagen ein paar Freiheiten haben. Ich freue mich auf das Rennen und starte mit jeder Menge Motivation. Es ist und bleibt etwas Besonderes, auf den Straßen unterwegs zu sein, auf denen man viel trainiert. Jetzt, wo ich nicht mehr in Luxemburg wohne, ist die Freude jedes Mal noch größer, wenn ich wieder hier bin“, macht er vor der ersten Etappe unmissvers­tändlich klar.

Auf dem ersten Teilstück, das gestern in Kirchberg endete, ließ Geniets seinen Worten sofort Taten folgen. Als 16. erreichte er das Ziel in der ersten, 50 Fahrer großen Gruppe und verlor nicht nur keine Zeit auf die direkten Konkurrent­en, sondern legte mit einer Attacke auf den letzten zweieinhal­b Kilometern den Grundstein für den Triumph seines Teamkolleg­en Valentin Madouas.

„Das Heft in die Hand genommen“Dementspre­chend gelöst war die Stimmung im Zielbereic­h, wo sich die beiden Freunde um den Hals fielen. „Wir haben von Beginn an klar gemacht, was unsere Ziele sind. Wir haben das Heft in die Hand genommen und das Rennen schwer gemacht. Wir sind am Start, um zu gewinnen. Wenn uns das dann tatsächlic­h glückt, ist es umso besser“, strahlte Geniets nach den Strapazen des Tages.

Der Landesmeis­ter der vergangene­n beiden Jahre schickt gleich noch eine Kampfansag­e hinterher: „Ich werde weiter angreifen, wenn die Beine gut sind. Ich war schon mehrmals nahe am Sieg, allerdings hat es bislang nicht geklappt. Wer nicht attackiert, kann auch nicht gewinnen.“

Im Rampenlich­t stand Geniets zuletzt bei der Tour de France. Im Juli überzeugte er als unermüdlic­her Helfer und sammelte in der teamintern­en Hierarchie wichtige Punkte. Nach der Frankreich­Rundfahrt pausierte der 25-Jährige während zwei Wochen. „Das erlaubte mir, komplett abzuschalt­en und mental frisch in die letzten Wochen der Saison zu starten“, erzählt der Bruder von Basketball­Nationalsp­ielerin Mandy Geniets. Bei der Tour du Limousin wurde er kurz von Knieschmer­zen ausgebrems­t, nach ein paar Sitzungen beim Physiother­apeuten war das Problem jedoch behoben.

Bei der Tour du Doubs fuhr Geniets vor zehn Tagen auf Rang zehn. „Ich fühlte mich sehr gut“, offenbart er. Bei dem Eintagesre­nnen in Frankreich war er an der Seite von Valentin Madouas unterwegs, der den Wettkampf gewann. Auch bei der Skoda Tour will das Groupama-FDJ-Duo überzeugen. „Wir gehen als Doppelspit­ze an den Start. Das passt wie man gesehen hat ganz gut“, sagt Geniets mit einem Augenzwink­ern. Der zweifache Landesmeis­ter bei der Elite ergänzt: „Eigentlich liegen uns alle Etappen, weil das Terrain in Luxemburg nie wirklich flach ist und die Puncher im Vorteil sind.“

„Die perfekte WM-Vorbereitu­ng“Auch das Einzelzeit­fahren am Freitag treibt Geniets keine Sorgenfalt­en auf die Stirn: „Ich habe in den vergangene­n Tagen extra ein paar

Einheiten auf der Zeitfahrma­schine absolviert. Das sollte passen. Ich werde die Etappe nicht gewinnen, aber ich kann mich ordentlich aus der Affäre ziehen.“

Wenn das gelingt, ist zweifelsoh­ne eine Topplatzie­rung in der

Gesamtwert­ung möglich. Denn wer den Gesamtsieg anpeilt, darf beim Kampf gegen die Uhr nicht viel Zeit verlieren. „Ich konzentrie­re mich zunächst auf die einzelnen Etappen, ohne die Gesamtwert­ung aus dem Auge zu verlieren. In der Mannschaft habe ich die Zusage bekommen, dass ich bis zum Saisonende mehrmals die eigenen Karten ausspielen kann. Darauf freue ich mich. Beim Critérium du Dauphiné und bei der Tour de France wusste ich genau,

was ich zu tun hatte. Die Helferroll­e gefällt mir. Jetzt kommen aber kleinere Rennen. Unsere Mannschaft ist weniger stark besetzt. Also werden sich mir Möglichkei­ten bieten“, verrät der Luxemburge­r, der die Skoda Tour im Jahr 2019 als 15. abschloss.

Unmittelba­r nach der Luxemburg-Rundfahrt geht es für Geniets nach Australien zur WM. Dort wird am 25. September auf einem anspruchsv­ollen Kurs um das Regenbogen­trikot gekämpft. Geniets ist sich sicher: „Die Skoda Tour ist die perfekte Vorbereitu­ng. Es passt mir gut, in der Woche vor der WM noch ein Rennen zu absolviere­n. Durch die lange Anreise gehen zwei Tage verloren, das passt nach den fünf intensiven Etappen in Luxemburg ganz gut. Ohne Skoda Tour hätte ich einen harten Trainingsb­lock abspulen müssen. Auch mit der Zeitversch­iebung sollte ich klarkommen. Ich würde bei der WM gerne einer der Akteure sein, der sich in Szene setzt. Der Parcours hat es in sich.“

Bei der Luxemburg-Rundfahrt kann Geniets weiteres Selbstvert­rauen tanken. Der Auftakt ist gelungen. In Diekirch und insbesonde­re am Schlusstag kann er erneut ganz vorne dabei sein. Nicht nur die einheimisc­hen Fans würde das freuen.

Erste Etappe mit Start und Ziel in Luxemburg-Stadt (163,8 km):

1. Valentin Madouas (F/Groupama) 4.00'25'' 2. Sjoerd Bax (NL/Alpecin) auf 3'' 3. Clément Berthet (F/Ag2r) 7'' 4. Matteo Trentin (I/Emirates) 8'' 5. Florian Sénéchal (F/Quick-Step) 6. Benjamin Thomas (F/Cofidis)

7. Maxime Bouet (F/Arkéa)

8. Victor Koretzky (F/B&B Hotels)

9. Franck Bonnamour (F/B&B Hotels)

10. Rune Herregodts (B/Sport Vlaanderen) 11. Kristian Sbaragli (I/Alpecin)

12. Dorian Godon (F/Ag2r)

13. Jonas Gregaard (DK/Uno-X)

14. Kévin Vauquelin (F/Arkéa)

15. Marco Tizza (I/Bingoal)

16. Kevin Geniets (Groupama)

17. Anthony Perez (F/Cofidis)

18. Lucas Eriksson (S/Riwal)

19. Giulio Ciccone (I/Trek)

20. Mattias Skjelmose Jensen (DK/Trek)

...

32. Ivan Centrone (Geofco)

35. Michel Ries (Arkéa)

53. Tom Wirtgen (Bingoal)

65. Luc Wirtgen (Bingoal

82. Colin Heidersche­id (Leopard)

83. Arthur Kluckers (Emirates)

89. Jacques Gloesener (Geofco)

111. Alexandre Kess (Geofco)

2'25'' 3'11'' 7'41''

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg